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Nur Der Tod Kann Dich Retten

Titel: Nur Der Tod Kann Dich Retten
Autoren: Joy Fielding
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Crosbie.«
    Nickend resignierte Sandy. »Okay, Tanya. Du kannst dich setzen.«
    Das Mädchen gehorchte eilig.
    »Also gut. Sieht so aus, als hättet ihr alle einen anstrengenden Abend vor euch«, erklärte Sandy. »Zusätzlich zu den beiden Tagebucheinträgen, die morgen vor Unterrichtsbeginn schriftlich eingereicht werden müssen, schreiben wir einen Test über das erste Kapitel von Cry, the Beloved Country . Wer seine Hausaufgabe nicht abgibt oder den Test versäumt, bekommt eine Sechs.«
    Sandy schlug ein allgemeines Stöhnen entgegen. »Und was ist, wenn wir krank sind?«, fragte irgendjemand von hinten.
    »Werdet eben nicht krank.«
    »Und wenn wir ein Attest von Dr. Crosbie bekommen?«, fragte Joey Balfour. Wieder klang das folgende Gelächter ein wenig erschrocken.
    Zum Glück klingelte es in diesem Moment, und die Schüler sprangen unverzüglich auf und drängten zur Tür. Sandy blieb, wo sie war, und hoffte, dass ihre Füße sie tragen würden, bis alle den Raum verlassen hatten. »Tanya«, stieß sie hervor, als das Mädchen an ihr vorbeihastete.
    »Ja, Mrs. Crosbie?«
    »Kannst du vielleicht Liana wegen der Hausaufgabe für morgen Bescheid sagen?«
    »Klar doch, Mrs. Crosbie.«
    »Und Greg«, fügte Sandy hinzu, bevor er aus der Tür geschlüpft war. »Könnte ich dich bitte einen Moment sprechen?«

    Greg wandte sich von der Tür ab und kam langsam zurück.
    »Bis später, Alter«, sagte Joey Balfour auf dem Weg nach draußen und zwinkerte Sandy zu. »Seien Sie nicht zu streng mit ihm.«
    »Das mit den Zeichnungen tut mir leid«, begann Greg. »Ich wollte ganz bestimmt nicht, dass Sie sie zu sehen bekommen.«
    »Dann lässt du sie vielleicht einfach zu Hause, wenn du das nächste Mal zur Schule kommst.«
    »Jawohl, Ma’am.«
    »Außerdem solltest du darüber nachdenken, dich an einem Kunst-College zu bewerben«, fuhr sie fort, und spürte, wie Greg sie anstarrte. »Du hast Talent. Echtes Talent. Das solltest du weiterentwickeln.«
    »Wir sind eine Familie von Gemüsebauern, Mrs. Crosbie«, sagte Greg, der rot geworden war und seine Verlegenheit jetzt zu überspielen suchte. »Ich glaube nicht, dass mein Vater besonders begeistert wäre, wenn sein Sohn seinen Lebensunterhalt mit Comics zeichnen verdienen will.«
    »Nun... du solltest trotzdem mal drüber nachdenken.«
    »Wir sind auch nicht gerade große Denker«, sagte Greg zwinkernd und wandte sich zur Tür.
    »Greg...?«
    Er blieb erneut stehen und machte auf den abgetretenen Absätzen seiner Lederstiefel kehrt.
    »Sei nicht so gemein zu Delilah, ja?«
    Ein spitzbübisches Grinsen breitete sich über sein von Natur aus attraktives Gesicht, als Greg Watt die Tür des Containers öffnete und im grellen Morgenlicht verschwand.

3
    D eputy Sheriff John Weber saß hinter dem massiven Eichenschreibtisch in seinem kleinen Büro und lehnte sich auf seinem unbequemen jagdgrünen Lederstuhl zurück. Der Stuhl war aus zwei Gründen unbequem: Erstens war das zarte italienische Design, das seine Frau womöglich nach einem Glas Wein zu viel ausgesucht hatte, inkompatibel mit seinem massigen amerikanischen Körperbau. (Er war 1,92 Meter groß und wog weit über 90 Kilo, und auch wenn er früher gern behauptet hatte, dass es 90 Kilo purer Muskeln waren, lag das inzwischen auch schon drei Jahre und gut zwanzig Pfund zurück.) Zweitens klebte das Leder immer irgendwie an seinem Rücken, trotz der brandneuen Klimaanlage, die die Temperatur in seinem Büro knapp über dem Gefrierpunkt hielt. Jedes Mal, wenn er seine Position veränderte, riss das Leder von seinem Hemd wie ein hartnäckig klebendes Pflaster und hinterließ Falten in dem vormals glatten beigefarbenen Stoff. Deshalb sah John Weber immer leicht ungepflegt aus, weshalb seine Frau Pauline sich beschwerte, dass die Leute seine schlampige Erscheinung bestimmt ihrer mangelnden Bügelkunst zuschreiben würden. »Sie denken garantiert, dass ich den ganzen Tag vor dem Fernseher liegen und trinken würde«, hatte sie einmal geklagt, was möglicherweise witzig hätte sein können, wenn es der Wahrheit nicht gefährlich nahegekommen wäre. Denn soweit John Weber das beurteilen konnte, verbrachte seine Frau ihre Tage in der Tat genau so: Sie lag im Bett, trank und sah fern.

    John starrte aus dem breiten Fenster in der Westwand seines Büros und fragte sich, wie lange er es noch aufschieben konnte, nach Hause zu gehen. Fast alle anderen waren schon gegangen. Nur eine Notbesetzung blieb zurück, weil in Torrance nach
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