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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden
Autoren: Claire Seeber
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aufgesprungen, und ich konnte kaum noch sprechen. Seb gab keine Antwort, sondern starrte mich nur wortlos an. Dann drehte er das Radio ab und ging weg, als müsse er etwas holen.
    Er kehrte mit dem Benzinkanister aus dem Kofferraum zurück. Dann durchsuchte er meine Jeans. Ich schauderte vor seiner Berührung zurück.
    »Schlechte Angewohnheit, das Rauchen«, sagte er, als er schließlich das Feuerzeug gefunden hatte. »Du hättest wissen sollen, dass es dich noch umbringen wird.«
    Entsetzt sah ich zu, wie er das Benzin über den Wagen goss.
    »Alle werden denken, du hättest einen schrecklichen Unfall gehabt«, sagte er. »Die arme Maggie. So eine Tragödie. So ein vielversprechendes Talent, bla, bla, bla. Und dabei war sie eine Schlampe, die sich nur überall eingemischt hat. Du warst wirklich ein Königskind, nicht wahr? Und Lilien sind für Königskinder.« Er lachte über seinen Witz.
    »Bitte, Seb.« Ich flehte ihn an. »Bitte, tu das nicht.«
    »Halt’s Maul«, schnappte er wieder und konzentrierte sich auf das, was er im Schilde führte. »Es ist zu spät, Maggie. Für dich ist es sowieso zu spät.«
    »Bitte, tu’s nicht«, jammerte ich erneut. »Was habe ich dir denn getan, Seb? Ich verstehe es einfach nicht.«
    »Du hättest uns in Ruhe lassen sollen. Wir waren glücklich, weißt du. Bis du daherkamst.«
    »Wer?«, krächzte ich. »Wen meinst du denn mit ›wir‹?«
    »Das einzig Gute, das ich über dich sagen kann, ist …« Er sah mich an und wischte sich mit einer Bewegung des Unterarms die Haare aus dem Gesicht. »… dass du wenigstens ein guter Fick warst. Wenn du nicht zu besoffen warst, jedenfalls. ›Maggie, darf ich das. Maggie, ja du darfst. Maggie, ich rolle dich jetzt auf den Bauch und lasse dich tun, was du willst.‹« Er schleuderte den leeren Benzinkanister weg. Dann riss er das Feuerzeug an. Ich starrte wie hypnotisiert in die Stichflamme. »Schön, deine Bekanntschaft gemacht zu haben, du Schlampe«, sagte er. »Und jetzt: Bye, bye.«
    Und dann blies jemand die Flamme aus.
    »Nicht sehr originell, mein Guter«, hörte ich eine vertraute Stimme aus der Dunkelheit. »Ich glaube fast, das Zitat stammt von Hannibal Lecter.« Im nächsten Augenblick lag der erschrockene Seb am Boden, und Alex kam aus dem Schatten. Er sah ein wenig erstaunt aus und hielt den Schürhaken in der Hand.
    »Verdammt noch mal, das war ein Schlag.« Er schob Seb mit dem Stiefel beiseite. »Ich hoffe, das Arschloch lebt noch. Ich möchte jedenfalls nicht seinetwegen sitzen.«
    »Was tust du denn hier?«, fragte ich verwirrt. »Bist du auch gekommen, um mich zu bestrafen?«, krächzte ich. Dann verlor ich das Bewusstsein.
    Der Sanitätshubschrauber landete auf Peter Trevennas Feld. Er brachte mich ins Krankenhaus von Truro. Aber daran konnte ich mich kaum erinnern. Ich wusste nur, dass mir übel war. Später sagte man mir, dass dies von der Gehirnerschütterung gekommen sei, die ich erlitten hatte, als das Auto gegen den Baum gefahren war. Vage war mir bewusst, dass Alex mich im Hubschrauber begleitet hatte. Mir kam es so vor, als habe er sogar mein Haar gestreichelt, aber als ich am nächsten Morgen im Krankenhaus aufwachte, waren nur Jenny und mein Vater da.
    »Maggie …« Mein Vater beugte sich vor, um mich auf die bandagierte Stirn zu küssen. »Dem Himmel sei Dank.«
    »Hallo, Liebes«, sagte die strahlende Jenny, die ihre normalerweise perfekte Frisur dieses Mal unter einem Schal versteckt hatte. »Ich hole uns mal ein bisschen Kaffee.« Mit einem eleganten Schwung ihres ponchoähnlichen Umhangs verschwand sie im Flur.
    »Wir sollten aufhören, uns immer im Krankenhaus zu treffen«, scherzte ich matt, und mein Vater drückte mir innig die Hand. Er sah grau und alt und müde aus, und ich spürte wieder das schlechte Gewissen, das ich so gut kannte.
    »Ich würde gerne wissen, was da draußen passiert ist«, meinte er, und seine Stimme zitterte so sehr, als müsse er gegen die Tränen ankämpfen.
    Mir fiel der blanke Hass in Sebs Augen ein, die Bösartigkeit, mit der er meinen Namen zischte. Mich überkam der Ekel, als ich daran dachte, dass ich mit ihm geschlafen hatte, als wir das erste Mal in Pendarlin waren. Und dann sah ich Digbys kleinen Körper vor mir, als Seb ihn gegen den Baum schleuderte, und meine Augen füllten sich mit Tränen.
    »Ich nehme nicht an, dass …« Ich schluckte. »Digby …«
    Mein Vater drückte mir erneut die Hand. »Es tut mir so leid, Mag. Er ist … Alex hat ihn gefunden, als
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