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Nullpunkt

Nullpunkt

Titel: Nullpunkt
Autoren: Lincoln Child
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Ebene, die sich vom Mount Fear aus endlos nach Süden erstreckte. Es war ein perfekter Morgen, der Himmel eine Kuppel aus arktischem Blau ohne jede Wolke. Der Permafrost unter ihren Füßen war so hart wie Beton. Die Temperaturen bewegten sich im Bereich um zehn Grad unter null, und zumindest vorläufig war die knallende, stöhnende, knackende Zerstörung des Gletschers aufgehalten.
    Plötzlich ertönte ein dumpfes Dröhnen, das in der arktischen Kälte rasch lauter wurde. Am Horizont im Süden erschien ein dunkler Punkt. Langsam wuchs er zu einem Helikopter, der in geringer Höhe direkt auf sie zukam.
    Faraday schniefte missvergnügt. «Ich denke immer noch, wir hätten ein paar Tage abwarten sollen. Warum mussten wir so schnell anrufen?»
    «Weil das die Abmachung war», entgegnete Sully und beobachteteden sich nähernden Helikopter aus zusammengekniffenen Augen. «Sie hätten schnell herausgefunden, wenn wir die Sache verzögert hätten.»
    Faraday murmelte etwas Unverständliches. Er war eindeutig immer noch nicht überzeugt.
    Sully sah den Biologen stirnrunzelnd an. «Wie ich schon sagte – wenn du einen Handel mit dem Teufel machst, darfst du dich nicht über die Konsequenzen wundern.»
    Niemand antwortete. Es war auch nicht nötig.
    Die Northern Massachusetts University versuchte nicht, so zu tun, als gehörte sie zur ersten Liga der Forschungs- und Bildungseinrichtungen des Landes. Weil Forschungsmittel knapp waren, hatte sie sich eine relativ neue Masche einfallen lassen: die Finanzierung ihrer Feldforschung durch Mediengesellschaften. Als Gegenleistung dafür bot sie ihnen exklusive Rechte und Zugang zu ihren Ergebnissen. Die globale Erwärmung war zwar kein besonders aufregendes Thema, doch sie war aktuell. Terra Prime hatte das Team finanziert, genau wie ein halbes Dutzend andere zuvor – eine Gruppe, die Eingeborenenmedizin im Amazonasdschungel studierte, eine weitere Gruppe, die das potenzielle Grab von König Arthur ausgegraben hatte –, alles in der Hoffnung, dass sich daraus wenigstens
eine
Wissenschaftsdokumentation ergab, die das Drehen wert war. Wochenlang hatte Marshall die Daumen gedrückt und gehofft, sie könnten ihre Arbeiten abschließen und verschwinden, ohne Terra Primes Aufmerksamkeit zu erregen. Diese Hoffnungen waren nun schlagartig zunichte gemacht.
    Die Wissenschaftler drängten sich zusammen, als der Helikopter näher kam, das Lager einmal umrundete und schließlich mit laut schlagenden Rotoren auf einem relativ ebenenAbschnitt nur fünfzig Meter entfernt landete. Die Passagiertür öffnete sich, und eine Frau sprang heraus. Sie trug eine Lederjacke und Jeans. Langes schwarzes Haar floss über ihre Schultern und tanzte leicht im Luftzug der Rotoren. Sie war schlank, vermutlich etwa dreißig. Als sie sich umwandte und nach ihrem Gepäck griff, bemerkte Marshall eine ausgesprochen wohlgeformte Rückansicht.
    «Was für ein hübscher kleiner Teufel», murmelte er.
    Die Frau schulterte ihr Gepäck, duckte sich unter den Rotoren hinweg und kam ihnen entgegen. Sie drehte sich ein letztes Mal um und winkte dem Piloten. Er antwortete mit in die Höhe gerecktem Daumen, die Turbinen heulten auf, und der Helikopter stieg rasch in die Höhe. Er legte sich in eine scharfe Kurve und jagte auf dem gleichen Weg davon, auf dem er hergekommen war.
    Die Wissenschaftler traten vor, um den Neuankömmling zu begrüßen. Sully zog den Handschuh aus und streckte ihr die Hand entgegen. «Ich bin Gerard Sully», sagte er. «Klimatologe und Leiter des Teams. Das dort sind Evan Marshall und Wright Faraday.»
    Die Frau schüttelte jedem die Hand. Sie hatte einen professionellen, festen Händedruck. «Mein Name ist Kari Ekberg. Ich arbeite als Field Producer für Terra Prime TV. Meinen Glückwunsch zu Ihrer erstaunlichen Entdeckung.»
    Sully nahm eine Tasche, Marshall die andere. «Producer?», fragte Sully. «Dann haben Sie das Kommando?»
    Ekberg lachte. «Wohl kaum. Sie werden bald feststellen, dass auf einem Set wie diesem jeder mit einem Klemmbrett unter dem Arm ein Producer ist.»
    «Set?», wiederholte Marshall.
    «Das ist es für uns, ganz recht.» Sie blieb stehen, um sichaufmerksam umzusehen, als würde sie die Landschaft auf ihre Tauglichkeit für die Dramaturgie hin untersuchen.
    «Sie sind ein wenig zu dünn angezogen für die Federal Wilderness Zone», wandte Marshall ein.
    «Das merke ich auch gerade. Ich habe den größten Teil meines Lebens in Savannah verbracht. Der kälteste Ort, an dem ich
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