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Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)

Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Marlies Ferber
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vor, als wäre es gestern gewesen.«
    »Ja, so ist das«, mischte sich die alte Frau am anderen Ende der Tafel ein. »Die Äpfel sind schon reif, und man denkt immer noch, das Jahr hat gerade erst begonnen.«
    »Sehr schön gesagt, Rosie«, lobte Phyllis. »Und ich muss zugeben, es stimmt. Ich fühle mich innerlich immer noch wie dreißig. Ich kann nicht glauben, dass aus mir eine alte Frau geworden ist. Nun ja, der Rollstuhl erinnert mich allerdings ständig daran.«
    »Und der Spiegel«, bemerkte Sheila. Der Kellner schenkte ihr zum dritten Mal nach.
    »Sheila, Kind, schaust du etwa noch in den Spiegel?« Phyllis lächelte milde. »Das habe ich mir schon vor fünfzig Jahren abgewöhnt!«
    »Lesen Sie vor, was auf Ihrem Zettel steht!«, forderte Jeremy Monty Miller auf.
    »Oh«, bemerkte Monty. »Hier steht: ›Memento mori – genieße jeden Tag, als sei es der letzte.‹ – Also wirklich, Phyllis, wo hast du diese Glückskekse gekauft? Ich dachte, da steht immer etwas Nettes.«
    »Wahrscheinlich hatte der Glückskeks-Sprücheklopfer gerade einen schlechten Tag«, warf Jeremy ein.
    Phyllis griff in ihre Handtasche und warf Monty einen neuen Glückskeks zu. »Probier einen anderen!«
    Monty zerbrach den neuen Keks und las vor: »›Wenn du an der Küste bleibst, wirst du keine neuen Ozeane entdecken.‹ – Na ja, das passt schon besser!«
    Die Tischgesellschaft wirkte inzwischen dank des Alkohols recht gelöst. Als zwei Kellner einen Servierwagen in den Raum schoben und in einer Ecke des Raums unauffällig mit den Vorbereitungen für den ersten Gang begannen, atmete James erleichtert auf. Er brach seinen Keks auf und las den Spruch.
    »James«, sagte Phyllis mit gespielter Empörung, »Sie haben Ihren Keks schon geöffnet. Na los, dann lesen Sie auch vor!«
    »Ihnen entgeht nichts.«
    »Ich weiß.«
    »Nein, das steht auf meinem Zettel: ›Ihnen entgeht nichts – Ihre Widersacher haben keine Chance.‹«
    »Was denn, das steht auf Ihrem Zettel?« Phyllis klatschte begeistert in die Hände. »Das passt doch genau!« Sie wandte sich an die anderen. »Darf ich vorstellen: James Gerald, Agent des Secret Intelligence Service im Ruhestand und ein guter Freund meiner Tochter.« Sie zwinkerte James zu. »Oder sollte ich sagen, ihr persönlicher Leibwächter? Ich nehme an, Sie haben Ihre Waffe dabei?«
    James bemerkte, wie Sheila zur Decke sah. »Selbstverständlich, geladen und entsichert«, sagte er lächelnd und prostete Phyllis zu.
    Während der Kellner die nächste Champagnerflascheentkorkte, fühlte James die neugierigen Blicke der anderen auf sich gerichtet. Sogar das Personal musterte ihn verstohlen. Alle Menschen reagierten so, wenn sie von seinem Beruf erfuhren. Es wäre James lieber gewesen, Phyllis hätte sich diese Enthüllung verkniffen. Aber damit war kaum zu rechnen gewesen, denn nach allem, was Sheila ihm über ihre Mutter berichtet hatte, gehörte Taktgefühl nicht unbedingt zu ihren hervorstechenden Merkmalen.
    Phyllis setzte die Vorstellungsrunde fort. »Ivy und Richard, ihr repräsentiert die Jugend hier am Tisch, und ich freue mich, dass unser Durchschnittsalter dadurch erheblich sinkt – zumal ihr euren süßen kleinen Goldschatz mitgebracht habt.«
    Jeremy erläuterte der Runde die Details: »Richard ist mein Enkel, und die bezaubernde junge Dame an seiner Seite ist seine Frau Ivy. Die beiden haben ein Kind, den zweijährigen Jamie, und ich freue mich sehr, dass der kleine Kerl auch mit an Bord gekommen ist. Er schläft schon, nehme ich an?«
    Die junge Frau nickte nur lächelnd und deutete auf das Babyfon, das vor ihr auf dem Tisch stand. James musterte das Paar. Sie mochten beide Anfang dreißig sein, und er fragte sich, warum sie dieser Einladung gefolgt waren. In diesem Alter verbrachte doch niemand freiwillig seinen Urlaub auf einem Schiff, noch dazu mit einer Horde von Menschen, die aus ihrer Sicht schon mit einem Bein im Grab standen. Aber vielleicht hatten sie die Einladung des Großvaters nicht ausschlagen wollen. Oder kein Geld, um sich einen anderen Urlaub zu leisten.
    »Reisen veredelt den Geist und räumt mit unseren Vorurteilen auf«, las Ivy vor.
    Automatisch hob James sein Glas an die Lippen, während Phyllis einen Toast aussprach.
    Ivys Mann knackte seinen Keks auf, fischte den Zettel heraus und fing laut an zu lachen: »Großvater, der Zettel hier ist etwas für dich, du liebst doch solche Sprüche: ›Irrtum ist das notwendige Instrument der Wahrheit!‹«
    »Novalis«, sagte
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