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Notaufnahme

Notaufnahme

Titel: Notaufnahme
Autoren: Linda Fairstein
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»Scheiße, ist mir doch egal, wie viele Leute von anderen Fällen abgezogen werden oder Überstunden schieben müssen. Wir brauchen sie hier. Sie müssen den Müll durchsuchen. Ja, genau das meine ich. Müll durchsuchen. Wer auch immer das getan hat, er muss diesen Raum über und über mit dem Blut der Toten bespritzt verlassen haben. Nicht ein einziger Mülleimer verlässt dieses Gebäude, ohne nach Kleidung, Waffen oder ähnlichem durchsucht worden zu sein.«
    Chapman schüttelte den Kopf. »In jedem Müllbehälter hier wimmelt’s nur so vor blutigem Zeug. Das hier ist ein Krankenhaus, keine Schwesternschule. So klären wir den Fall in hundert Jahren nicht auf.«
    »Wir müssen es tun«, erwiderte Mercer. »Kann sein, dass es eine riesige Zeitverschwendung ist, aber wir haben keine Wahl.«
    »Morgen, Loo«, begrüßte ich Peterson mit dem Spitznamen, mit dem in der Abteilung alle Lieutenants bezeichnet wurden. »Danke, dass ich dabei bin.«
    Peterson beendete das Gespräch, drehte sich um und warf ein Lächeln in meine Richtung. »Schön, dass Sie da sind, Alex. Die Komiker hier glauben, Sie könnten Licht in die Angelegenheit bringen.«
    Ich freute mich, dass Peterson mich akzeptierte. Er und McGraw hatten zur selben Zeit die Ausbildung beim NYPD absolviert – es war eine Zeit, zu der Frauen in Mordfällen weder auf der Seite der Polizei noch auf der der Staatsanwaltschaft zugelassen waren. Beide hatten 1965 die Polizeiakademie besucht – in einer Ära, als die Aufklärung von Morden noch reine Männersache war. Ein Jahrzehnt später hatte Paul Battaglia das Gesicht seiner Behörde verändert; als immer mehr junge Juristinnen von den Unis ins Berufsleben drängten, hatte er die Ränge der Staatanwaltschaft auch für Frauen geöffnet. Die Bezirksstaatsanwaltschaft des New York County war in den Neunzigern auf sechshundert Anwälte angewachsen, und heute war jeder zweite Staatsanwalt, der in einer Straftat ermittelte – ganz gleich, ob es sich um Taschendiebstahl oder Mord handelte –, eine Frau.
    »Ich hab’ Alex die Sache schon in groben Zügen verklickert, Boss. Haben Sie irgendwelche Fragen an sie, solange sie noch hier ist?«
    »Nach der Autopsie habe ich sicher eine Menge mehr Fragen an Sie, Alex. Es scheint ein Sexualdelikt zu sein. Wertsachen gab’s hier jedenfalls nicht zu holen. Ihre Brieftasche liegt noch in der Schreibtischschublade. Im Augenblick gehen wir davon aus, dass sie vergewaltigt wurde. Der Kerl hat ihr einen Knebel in den Mund gesteckt, um sie ruhig zu halten – das Ding ist bereits im Labor. Rock, Strumpfhose und Unterwäsche waren ausgezogen. Der Zeitraum, den sie hier gelegen hat – spielt der Ihrer Meinung nach eine Rolle dafür, ob wir … ähm … ob wir irgendwas finden, anhand dessen wir den Mörder eindeutig identifizieren können?«
    »Sie meinen einen genetischen Fingerabdruck?« fragte ich.
    Jetzt schaltete sich Chapman ein. »Die Tatsache, dass er sich entschieden hat, Bulle zu werden und nicht Priester, macht es ihm auch nicht einfacher, über bestimmte Körperflüssigkeiten und Geschlechtsorgane zu reden. Du musst wissen, Cooper, dass er vor allem anderen ein irischer Katholik ist. Also im Klartext: Wie stehen die Chancen, dass sich in der Vagina der Toten noch Sperma befindet, und falls ja, nützt es uns etwas? Ich glaube, das wollte er wissen.«
    » Das kann man nicht pauschal beantworten. Falls der Mörder tatsächlich ejakuliert hat, und zwar in ihre Vagina oder auf ihren Körper, dann können wir davon ausgehen, Samenflüssigkeit zu finden«, begann ich. »Vorausgesetzt, der Mörder benutzte kein Kondom. Ob ihr es glaubt oder nicht – in letzter Zeit benutzen immer mehr Vergewaltiger ein Kondom.«
    Chapman schüttelte ungläubig den Kopf, während ich fortfuhr. »Ich denke, die Ärzte haben in erster Linie um ihr Leben gekämpft und weniger an das Sammeln von Beweisstücken gedacht, deshalb liegen wohl noch keine Untersuchungsberichte vor. Die Gerichtsmedizin wird diese Punkte im Rahmen der Autopsie klären. Lag die Tote auf dem Bauch oder auf dem Rücken?«
    »Als der Wachmann sie fand, lag sie auf dem Bauch«, antwortete Mercer.
    »Wenn sie mehrere Stunden hier gelegen hat, ist die Bauchlage besser für uns.«
    »Warum das denn?« wollte Peterson wissen.
    »Wegen der Schwerkraft, Loo. Auf diese Weise fließt das Sperma nicht so leicht aus dem Körper heraus. Und je schneller sie nach dem Überfall gestorben ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass
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