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Notaufnahme

Notaufnahme

Titel: Notaufnahme
Autoren: Linda Fairstein
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mitbekommen hat, wie Peterson den Streifenwagen anforderte, der dich nach Hause brachte; dabei hat der Lieutenant auch deine Adresse genannt. Als Harper von der Freilassung des Penners erfuhr, rastete er einfach aus. Ich glaube nicht, dass er damals schon einen festen Plan hatte; er war einfach nur verzweifelt.«
    Wir schwiegen einen Moment, während sich die anderen um uns herum amüsierten.
    »Weißt du, was mich am meisten ärgert?« fragte Mike. »Dass diese Idioten sich zuerst weigern, der Polizei bei der Aufklärung eines Mordes zu helfen, aber hinterher jedem dahergelaufenen Reporter erklären, sie hätten von Anfang an gewusst, wer der Täter ist. Hast du die Zeitungsartikel gesehen?«
    »Mir hat niemand etwas gezeigt. Hast du vergessen, dass ich Zeugin bin?«
    »Harpers geschiedene Frau hat irgendeinem Käseblatt erzählt, dass Harper der festen Überzeugung war, Gemma Dogen sei der einzige Grund gewesen, weshalb er an keinem Krankenhaus des Landes zur neurochirurgischen Facharztausbildung zugelassen worden ist«, klärte mich Mercer auf. »Und ein Arztkollege, mit dem er vor zwei Jahren zusammengearbeitet hat, ließ verlauten, dass Harper Gemma Dogen gegenüber geradezu paranoid war und sie für alles verantwortlich machte, was ihm seit der ersten Ablehnung zehn Jahre zuvor widerfahren war.«
    »Das scheint unser Schickal zu sein, Mercer. Wir Cops können diesen Idioten eben nicht so viel Kohle bieten wie die Regenbogenpresse. Uns gegenüber machen die den Mund nicht auf, aber kaum sehen sie ein Mikrophon oder jemanden, der mit ein paar Hundertern winkt, wissen sie ganz genau, wer der Mörder ist.«
    »Ich hab’ ein paar Zitate von Spector in der Post gelesen. Er kann nicht glauben, was sein Schützling getan haben soll. ›Harper ist ein brillanter Wissenschaftler. Er hat hervorragende Studien für mich durchgeführt‹ – Originalton Spetor.«
    »Ja, und vielleicht kann er demnächst die Auswirkungen von lebenslänglicher Haft auf das Zentrale Nervensystem erforschen. Okay, Blondie, genug jetzt. Wir sind schließlich nicht im Dienst.«
    »Komm, mach dein erstes Geschenk auf.« Mike griff nach einem Päckchen; es war ein Schmuckkästchen aus rotem Leder, auf dem eine große weiße Schleife prangte. Ich knüpfte sie auf, öffnete die Schließe des Kästchens, hob den Deckel und erblickte ein funkelndes Diadem. Nina nahm es mir aus der Hand und setzte es mir auf, während Mike mir versicherte, dass es sich um eine Kopie handelte und das Schmuckkästchen teurer als der Inhalt gewesen sei.
    »Alle mal herhören«, meldete sich Mike zu Wort. »Joanie und ich haben eine gastronomische Geburtstagstour durch die Insel organisiert. Die erste Station ist das Outermost Inn, wo besonders die Krabbenpasteten, der Hummer und das hausgemachte Pfefferminzeis zu empfehlen sind. Das morgige Frühstück findet bei Primo statt – Kaffee und frische Bagels auf der Veranda des Chilmark Store. Zum Lunch werden uns die wunderbaren Flynn-Schwestern im Bite mit der besten Muschelsuppe der Welt verwöhnen. Das Dinner findet bei Tony und David im The Feast statt – die Pasta Fra Diavolo sollte man sich nicht entgehen lassen.«
    Ich schlüpfte aus meinen Pumps und lief zum Rasen, der sich bis hinunter zum Vineyard Sound erstreckte.
    Mike verkündete gerade, dass das sonntägliche Frühstück in unserem Hotel, der Lunch bei Primo und das Abschiedsdinner im Red Cat stattfinden würde. Tatsache war, dass er sich wirklich mit der Gastronomie der Insel vertraut gemacht hatte.
    Hughies Bruder James sang im Hintergrund, während Mike die anderen mit seinen Erzählungen unterhielt und verkündete, dass sie die höchste Treppe der Insel ausfindig machen mussten, wenn sie mich als Tina Turner bewundern wollten.
    Dort, wo Rasen und Meer aufeinandertrafen, umspülte kühles, klares Wasser meine bloßen Füße. Ich hatte den Blick auf den Punkt gerichtet, an dem Vineyard Sound und Atlantik miteinander verschmolzen. Ich sog den salzigen Geruch des Meeres ein, während das blinkende Feuer des Leuchtturms wie seit zweihundert Jahren die Schiffe vor den gefährlichen Klippen der Devil’s Bridge warnte. Der Geräusch der sanft ausrollenden Wellen wirkte ebenso beruhigend wie das entfernte Lachen der Menschen, die ich liebte. Nachdem es mir später, zum Abschluss des Abends, glückte, alle Kerzen auf der Geburtstagstorte auf einmal auszublasen, wollten die anderen wissen, was ich mir wünschte. Doch in dem Augenblick, als ich hier allein zu den
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