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Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nordwind: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Håkan Östlundh
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hatten, klafften nun Löcher, durch die das Licht der Nachttischlampe leuchtete.
    Diesmal schrie Malin hemmungslos.

3
     
    Als Fredrik Broman seinen Schrank im Keller des Polizeigebäudes öffnete, schlug der Teleskopschlagstock scheppernd gegen die Tür. Die Umkleidekabinen glichen denen in einem besseren Fitnessclub, der Boden war gefliest, und die Schrankfronten waren aus Birkenfurnier gefertigt. An der ordentlich aufgehängten Uniform in Fredriks Spind blitzte das Reichswappen. Im Fach darüber lag die dazugehörige Schirmmütze, rechts hingen dicht gedrängt Jacken für verschiedene Witterungen.
    Er schloss den Schrank ab, ging hinauf zur Waffenkammer und nahm seine Dienstwaffe aus dem Waffenschrank mit der Nummer 63. Er überprüfte die Waffe, schob das Magazin hinein und steckte die Pistole in den Gurt. Seine Schießübungen hatte er gewissenhaft absolviert, aber abgesehen davon hatte er seit der Krankschreibung keine Waffe mehr getragen.
    Von der Waffenkammer trat Fredrik direkt auf den Hof hinter dem Polizeigebäude. Die Sonne beschien ihm das Gesicht. In der Krone der großen Ulme raschelten Zugvögel, die Jagd auf spätsommerlich müde Insekten machten.
    Fredrik ging an zwei Dienstwagen vorbei, die im Schatten des Baumes standen, setzte seinen Weg durch das Tor fort und betrat den Gehsteig rechts von der Einfahrt. Nun befand er sich definitiv außerhalb des Hoheitsgebiets der Polizeibehörde. Er war im öffentlichen Raum. Mit der Dienstwaffe im Pistolengurt. Falls es zufällig jemanden interessierte, konnte er nicht nur sagen, dass er bei der Polizeidirektion Visby angestellt war, sondern auch, dass er genau hier und jetzt, auf der Avagatan mitten in Visby, einen Katzensprung sowohl von der Fußgängerzone Östercentrum wie von der zum Weltkulturerbe gehörenden mittelalterlichen Hansestadt Visby entfernt, im Dienst war. Er hatte zwar momentan keine sinnvolle Aufgabe zu erledigen, es hatte ihn auch niemand aufgefordert, nach draußen zu gehen und die Avagatan anzustarren, aber er war im Dienst. Im Außendienst.
    Fredrik stemmte die Hände in die Seiten und holte ein paarmal tief Luft. Er war wieder Polizist.
    Er empfand Erleichterung, Gelassenheit und eine leichte Nostalgie. Sogar ein bisschen Stolz. Möglicherweise wirkte sein kleines Ritual in den Augen Außenstehender ein wenig lächerlich, aber ihm war es wichtig. Zu dem, was er in diesem Moment tat, wäre er gestern nicht in der Lage gewesen. Aber der heutige Tag, ein Montag, war für ihn Alltag. Zum ersten Mal seit fast zwei Jahren war er wieder durch und durch Polizist.
    Sein Ausflug in den Außendienst dauerte genau fünfzehn Sekunden, aber Fredrik war überzeugt, dass er diesen kurzen Augenblick nie vergessen würde. Er ging wieder ins Haus. Auf dem Weg zurück in sein Büro begegnete er auf der Treppe zwei Kollegen. Sie grüßten hastig und setzten ihr Gespräch fort. Er verspürte eine gewisse Enttäuschung und schmunzelte über sich selbst. Was hatte er denn erwartet? Dass die anderen ihm unter einer Banderole mit der Aufschrift »Willkommen zurück, Fredrik!« zujubeln und Beifall klatschen würden? Die Kollegen im Treppenhaus wussten wahrscheinlich nicht einmal, dass dies nach langer Zeit sein erster Tag im Außendienst war. Im Dienst war er nun schon wieder seit einem halben Jahr. Und natürlich achteten die anderen nicht so genau darauf, was er Tag für Tag trieb.
    Er gelangte in den langen Korridor der Kriminalabteilung, weiße Wände, Türen aus Birkenholz und ein trostloser Linoleumboden. Anstatt rechts in sein eigenes Büro zu gehen, bog er links ab. Es war bestimmt keine schlechte Idee, Göran Eide einen kurzen Besuch abzustatten und ihn daran zu erinnern, dass er ab heute wieder im Außendienst war. Sicherheitshalber.
    Unterwegs blieb Fredrik vor der offenen Tür von Gustav Wallin stehen. Sein Kollege, der einen Anzug in diskretem Glencheck und ein hellblaues Hemd trug, stand gebeugt vor seinem Schreibtisch und blätterte in einem dicken Papierstapel. Er bemerkte ihn nicht. Fredrik ging ein paar Schritte auf ihn zu und grüßte.
    Gustav blickte vom Schreibtisch auf. Der schmale Bartstreifen am Kinn entlang war mit äußerster Präzision rasiert.
    »Hallo«, erwiderte er geistesabwesend.
    Zwischen Daumen und Zeigefinger hielt er noch immer einige Blätter.
    Fredrik wechselte einige Worte mit Gustav und dachte, er würde vielleicht auf die Waffe reagieren, aber nein, der verzog keine Miene. Kein Wunder, sie waren schließlich von
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