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Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nordwind: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Håkan Östlundh
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einmal angerufen und eine Nachricht auf meiner Mailbox hinterlassen. Aber ich habe nie darauf reagiert.«
    »Aber im St. Petri ist sie nicht wieder aufgetaucht?«
    »Nein.«
    »Und das, was sie sagte oder schrieb, hatte nichts Bedrohliches an sich? Oder wirkte auf eine andere Weise seltsam?«
    »Nein«, sagte Henrik, »überhaupt nicht.«
    Das Telefon im Verhörraum klingelte. Fredrik entschuldigte sich und ging ran.
    »Ja?«
    Es war Sara.
    »Ich glaube, Ellen möchte jetzt zu ihrem Papa.«
    »Okay«, sagte Fredrik, »dann komme ich hier zum Schluss.«
    Henrik fasste das als ein Zeichen auf, dass die letzte Frage bereits gestellt worden war, und erhob sich, noch bevor Fredrik den Hörer aufgelegt hatte. Er schien es eilig zu haben.
    Fredrik reichte ihm die Hand. »Danke, dass Sie gekommen sind.«
    »Ich danke Ihnen.«
    Nachdem sie Ellen bei Sara abgeholt hatten, begleitete Fredrik Vater und Tochter zum Ausgang. Er hatte ihn gelöst, seinen ersten Fall nach dem Unfall. Was als einfacher Ein-Mann-Einsatz begonnen hatte, war eine große Sache geworden.
    Fredrik hatte das starke Gefühl, dass er sich noch lange an diese Menschen erinnern würde. An die Toten und an diejenigen, die übriggeblieben waren.

94
     
    Es war ein milder, bewölkter und windiger Tag. Das Meer wirkte weder bedrohlich noch schön, sondern nur grau und etwas trist. Malin hatte oft davon gesprochen, dass die Natur auf Fårö zwei Seiten hat. Heute, am Freitag, dem 16. Oktober, schien sie überhaupt keine Eigenschaften zu haben.
    Axel, das war das Erste, was Henrik dachte, als er mit Ellen die helle und offene Kirche betrat.
    Die beiden Särge standen ganz vorn vorm Altar. Der größere Sarg, in dem Malin lag, links und der kleinere, mit Axel darin, rechts. Henrik wusste, dass sie dort stehen und wie sie aussehen würden. Er hatte sie ausgesucht. Zwei schlichte Särge mit Kränzen aus Fichtenzweigen. Keine Fotos. Das hatte er abgelehnt, als die Frau im Bestattungsunternehmen ihn gefragt hatte, ob er Porträts auf den Särgen wünschte. Unter diesen Umständen zog er sein eigenes inneres Bild, ein lebendiges Bild, jedem festgehaltenen Augenblick vor. Und alle anderen, die zur Beerdigung kamen, sollten ihre inneren Bilder ebenfalls behalten dürfen.
    Er ging mit Ellen durch den Mittelgang und spürte, wie sich ihre kleinen Finger bewegten. In der anderen Hand fühlte er, ohne sich anstrengen oder überhaupt darüber nachdenken zu müssen, Axels noch kleineres Händchen. Hunderte von Malen hatte sich Axels kleine Hand in seine geschmiegt, hundert, vielleicht tausend Mal, um Unterstützung, Kraft, Trost oder auch einfach nur Nähe bei ihm zu suchen.
    Mit jedem Schritt schien die Trauer Henrik ein Schwert immer tiefer in die Brust zu stoßen, mit jedem Schritt kam der Tod ihm näher und wisperte schließlich direkt in sein Ohr. Mit einer kalten Stimme, die sich bis in seine Seele bohrte. Das hier bist du. Hier sind alle, die du liebst. Malin, Axel, Ellen. Du.
    Auf dem Altar und neben den Särgen brannten Kerzen. Darüber hing kein leidender Jesus, sondern nur Gottes Auge, das alles sah, in Form einer schlichten Sonne. Ohne den Blick von den beiden Särgen abwenden zu können, ging Henrik die letzten Schritte bis nach vorn und setzte sich zitternd mit Ellen in die erste Reihe.
    Den Zeitungen war keine Einzelheit entgangen. Alles musste in fetten Lettern ans Licht. Namen, Fotos und Orte. Das Hotel. »Hier lernte er die Mörderin kennen.« Die Reporter hatten auch Thomas und Agnes ausfindig gemacht. Die beiden hatten jede Auskunft verweigert, wofür Henrik ihnen dankbar war. Nicht, dass es einen großen Unterschied gemacht hätte. Alles wurde ausgegraben, jedes kümmerliche Detail. Trotzdem bedeutete es ihm viel, dass die beiden getan hatten, was in ihrer Macht stand, um ihn zu schützen.
    Jedoch keine einzige Zeile über Maria. Dieses Detail war ihnen entgangen. Oder vielleicht wollte niemand die Verantwortung für die Veröffentlichung übernehmen. Maria blieb ein Geheimnis.
    Ewy und Staffan saßen hinter Henrik. Sie sprachen so wenig wie möglich mit ihm. Er machte ihnen deswegen keinen Vorwurf. In ihren Augen war alles seine Schuld, und vielleicht hatten sie damit recht. Hätte er Malin nicht so hintergangen, wäre Axel noch am Leben. Hintergangen. Was war das für eine freundliche Umschreibung dafür, dass er in einem Kopenhagener Hotel mit einer wildfremden Frau ins Bett gegangen war. Einer Fremden, die später seine Frau und sein Kind umbrachte.
    Als
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