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Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nordwind: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Håkan Östlundh
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holen.
    Als sie schließlich mit den Tüten in die Waschküche kam, stand Henrik am Spülbecken und schrubbte den Spielzeugkorb aus. Er blickte kurz auf.
    »Vielleicht haben die ja auch in die Teetassen gewichst«, sagte er mit einem schiefen Grinsen.
    »Du bist widerlich. Solche Kommentare kann ich jetzt überhaupt nicht gebrauchen.«
    »Aber …«
    Als sie wieder in die Küche kam, sank sie auf einen Stuhl und blieb dort stocksteif sitzen. Sie wollte sich nicht anlehnen, wollte die Ellbogen nicht aufstützen und musste sich zusammenreißen, um Ellen nicht anzufahren, weil sie den Kopf auf die Tischplatte gelegt hatte.
    Erst wenn sie jeden Winkel des Hauses gründlich geputzt haben würde, würde sie sich hier wieder wohl fühlen. Sie unterdrückte ein Seufzen und streckte die Hand nach Ellen aus.
    »Komm, ich bring dich ins Bett.«
    Malin bezog Ellens Bett frisch und deckte sie zu. Das Fenster ließ sie offen stehen, damit frische Spätsommerluft hereinkam und alles Fremde, was sich in ihren Räumen aufgehalten und ihre Sachen berührt hatte, und jede fremde Stimme, die hier geredet, gelacht und geflucht hatte, wegfegte.
    Sie hatten das Geld gebraucht, und das Haus zu vermieten war ihnen als eine so einfache Möglichkeit erschienen. Im Nachhinein konnte sie überhaupt nicht mehr verstehen, wie sie auf eine so hirnrissige Idee gekommen waren.
    Auch in ihrem und Henriks Schlafzimmer öffnete sie die beiden Fenster und suchte saubere Bettwäsche heraus. Bevor sie die Decken bezog, hielt sie sie aus dem Fenster und schüttelte sie kräftig durch. Nur mit Mühe schob sie das Gefühl beiseite, dass die Decken und Matratzen verbrannt werden müssten und dass sie heute Nacht kein Auge zutun würde, wenn sie nicht ein neues Bett aus den renovierten Apartments holten.
    Sie legte die Decken weg und schüttelte auch die Kopfkissen aus. Als sie Henrik unten rufen hörte, hielt sie inne.
    »Was? Ich habe dich nicht verstanden«, rief sie zurück.
    Sie nahm den gereizten Unterton in ihrer Stimme selbst wahr, aber sie konnte sich nicht beherrschen.
    Anstatt noch lauter zu brüllen, kam Henrik nach oben. Auf der Türschwelle blieb er stehen.
    »Hast du die Bilder im Arbeitszimmer abgehängt?«
    »Welche Bilder?«
    Mit einem Kissen im Arm sah sie ihn an.
    »Die Fotos von uns. Im Arbeitszimmer. Hast du sie vor unserer Abreise abgehängt?«
    »Nein.«
    »Bist du sicher?«
    Malin dachte einen Augenblick nach. Eigentlich wäre das nicht nötig gewesen, aber Henriks ernste Miene machte sie unsicher. Sie hatte tatsächlich einige Dinge weggeräumt und im Gästehaus eingeschlossen, bevor sie das Haus den Mietern überlassen hatten, aber die Familienfotos im Arbeitszimmer hatte sie nicht abgehängt.
    Sie nickte.
    Zwischen Henriks Augenbrauen zeichnete sich wieder die tiefe Furche ab.
    »Wo sind sie denn?«, fragte sie.
    »Sie sind weg.«
    »Weg?«
    »An der Wand hängen sie jedenfalls nicht mehr.«
    »Was?«
    Sie sah ihn skeptisch an.
    »Irgendjemand muss sie heruntergenommen haben. Ich verstehe das nicht.«
    Malin schleuderte das Kissen aufs Bett. »Was waren hier bloß für Idioten? Scheiße und Glasscherben und … Wer macht denn so was? Vielleicht entdecken wir immer noch mehr. Wer weiß, was denen sonst so eingefallen ist!«
    Ein kaltes dunkles Gefühl durchfuhr sie. Ihre Familienfotos zu stehlen, das war so persönlich, so brutal.
    Henrik seufzte tief. »Morgen früh rufe ich gleich bei der Vermittlung an. Die Schränke hier unten sehe ich auch durch. Vielleicht haben sie die Bilder weggeräumt, um sie vor ihren Kleinkindern in Sicherheit zu bringen, und anschließend vergessen, sie wieder aufzuhängen.«
    »Ich bezweifle …«
    Malin bremste sich, als sie merkte, dass sie viel zu laut sprach, beinahe schrie. Sie senkte die Stimme. »Ich bezweifle, dass Menschen, die in die Spielzeugkörbe von anderen Leuten scheißen, so rücksichtsvoll sind.«
    Henriks Blick bedeutete vermutlich, dass er ihr zustimmte. Trotzdem ging er wieder nach unten, um die Schränke zu durchsuchen, während Malin die Betten fertig bezog.
    Als sie die Kopfkissenbezüge aus dem Schrank nehmen wollte, segelte ihr ein Blatt Papier entgegen. Malin beugte sich hinunter und hob es auf. Als sie es umdrehte, sah sie sofort, dass es eines der Fotos aus dem Arbeitszimmer war. Die ganze Familie am Strand Norsta Auren. Ein alter Freund von Henrik hatte es aufgenommen, als er im vorigen Sommer zu Besuch war. Aber dort, wo einst ihre vier Augenpaare in die Kamera geguckt
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