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Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)

Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)

Titel: Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)
Autoren: Eric T. Hansen
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er sagte: »Im Grunde schon.« Es heißt Serotonin und funktioniert vor allem durch seine Abwesenheit: Je weniger Serotonin durch unsere Adern fließt, desto mehr nörgeln wir.
    »Serotonin wird durch Sonnenlicht freigesetzt«, erklärte er. »Deswegen werden wir im Sommer in der Sonne glücklich. In normaler Konzentration führt es dazu, dass wir rundum zufrieden sind. Wenn man Nörgeln als eine Folge von Unzufriedenheit begreift, dann kann man sagen, dass Nörgeln mit einem Serotoninmangel zusammenhängt. Wenn man gestresst oder genervt ist, sinkt das Serotonin, man wird unausgeglichen, und das kann dazu führen, dass man nörgelt.«
    Auch andere Hormone spielen eine Rolle. Adrenalin und Noradrenalin durchfluten uns in akuten Gefahrensituationen und versetzen den Körper in Millisekunden in Alarmzustand. Für langfristige Konflikte gibt es Cortisol. Während es bei Adrenalin rein darum geht, den Moment zu überleben, hilft uns Cortisol, längere Krisen durchzustehen, zum Beispiel die Doktorarbeit in Quantenphysik endlich zu beenden oder gar den Dauerstreit mit dem Idioten von Nachbarn endlich zu gewinnen, der immer auf meinem Parkplatz parkt. »Wenn man vier Wochen Stress vor der Abgabe eines Manuskriptes hat«, sagte Rauland, der gerade an seinem neuen Buch arbeitete, »ist das Cortisol. Wenn dann aber das Telefon klingelt und der Redakteur will die ersten Kapitel, die noch gar nicht fertig sind, schon in vier Stunden, dann kommt Adrenalin hinzu.«
    »Was haben denn Cortisol und Adrenalin mit Nörgeln zu tun?«
    »Es ist immer ein Zusammenspiel. Die Glückshormone sind an die Stresshormone gekoppelt. Steigen die einen, fallen die anderen.«
    Aus der Perspektive der Hormone hat die Beziehung zwischen Zufriedenheit und Stress eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Wippe: Solange wir verärgert sind, können wir nicht glücklich sein. Wieso war mir das nicht schon früher aufgefallen?
    Schlimm genug, dass es in unserem Hormonhaushalt zugeht wie auf einem Kinderspielplatz. Es ist noch nicht mal sicher, ob wir die ganze Sache überhaupt selbst in der Hand haben! Es bleibt die Frage: Ist man unzufrieden, weil der Serotoninspiegel sinkt, oder sinkt der Serotoninspiegel, weil wir unzufrieden sind?
    »Man weiß nicht, was zuerst da ist: der Hormonspiegel oder der Ärger«, bestätigte Marco Rauland. »Wenn ein Auto auf uns zurast, kann man schon sagen, da kommt erst die Situation und dann die Stresshormone. Aber wenn jemand schlechte Laune hat, entstand diese aufgrund von Hormonmangel, oder war die schlechte Laune zuerst da? Bei Depressiven zum Beispiel kann durch bestimmte Lebenserfahrungen der Glückshormonspiegel sinken. Also scheint die schlechte Erfahrung die Hormone zu beeinflussen. Andererseits wird beileibe nicht jeder depressiv, nur weil er schlechte Erfahrungen macht.«
    Interessanterweise ist auch die Liebe eine dieser schlechten Erfahrungen, die unseren Hormonspiegel beeinflusst und zu erhöhtem Nörgeln führt.
    Bei frisch Verliebten sinkt der Serotoninspiegel, so die Feststellung von Rauland. »Deswegen verhalten sich Verliebte manchmal verrückt. Verliebt sein ist ein derart hormoneller Ausnahmezustand, dass man es fast nicht glauben mag. Vor allem zu Beginn verhalten sich Verliebte so zwanghaft wie Menschen mit Zwangsstörungen, die sich fünfzigmal am Tag die Hände waschen müssen. Verliebte denken die ganze Zeit an ihren Schwarm und rufen ständig an. Auch die Angst, den Partner zu verlieren, ist eine Art von Neurose. Am Anfang einer Beziehung ist man sehr eifersüchtig und will ständig wissen, wo der andere war. Diese Zwanghaftigkeit schreibt man dem Serotoninmangel zu.«
    Für besondere Glücksmomente dagegen ist Dopamin zuständig: Es besorgt uns die schnelle, heftige Belohnung und macht uns beim Drogenrausch, beim Orgasmus und bei jeder Art von Erfolg vorübergehend high.
    »Dopamin wird immer dann ausgeschüttet, wenn man ein Erfolgserlebnis hatte, beim Sport gewonnen hat oder bei einem Streit den anderen überzeugen konnte«, erläuterte Rauland (dessen neues Buch, Orgasmen stärken die Abwehr: Die kuriose Welt der Sexperimente und ihre Erkenntnisse , übrigens inzwischen erschienen ist). »Wir streben ja immer nach Glück, nach einem Erfolg, der uns glücklich macht. Dopamin ist das, was das Leben lebenswert macht. Es ist ein Kick, und den wollen wir immer wieder.«
    Und Dopamin macht keinen Unterschied zwischen lächerlichen und großartigen Erfolgen. So ist es nur logisch, dass es auch dann
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