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39 - Satan und Ischariot III

39 - Satan und Ischariot III

Titel: 39 - Satan und Ischariot III
Autoren: Karl May
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ERSTES KAPITEL
    Wieder im Westen
    Seit dem bisher Erzählten waren vier Monate vergangen, in denen die ersten zwölf Wochen lang ein mir unendlich teures Leben mit sehr abwechselndem Erfolg mit dem Tod gerungen hatte. Ich meine dasjenige meines Freundes Winnetou.
    Seine sonst so widerstandsfähige Natur hatte doch unter dem Aufenthalt in Afrika, so kurz derselbe war, gelitten. Wir bekamen in Marseille schnelle Gelegenheit nur nach Southampton. Kaum hatte sich das Schiff in Bewegung gesetzt, so mußte er sich legen. Wir hielten die Übelkeit, welche ihn befiel, zunächst für eine Folge der Seekrankheit; aber als dieselbe sich nicht hob, zogen wir den Schiffsarzt zu Rate, und dieser konstatierte ein schweres Gallen- und Leberleiden, welches eine gefährliche Wendung zu nehmen drohte. In Southampton angekommen, war er so schwach, daß er von Bord getragen werden mußte; an eine Weiterreise war nicht zu denken. Emery, welcher hier bekannt war, mietete in der Umgegend der Seestadt, die der ‚Garten Englands‘ genannt wird, eine der vielen hier befindlichen Villen, welche wir mit dem Patienten bezogen. Zwei der tüchtigsten Ärzte, welche es gab, teilten sich in seine Behandlung.
    Er, der dem Tod hundertmal offen in das Auge geschaut hatte, mußte hier nun mit einem versteckten, heimtückischen Feind kämpfen, den er nicht zu fassen vermochte. Bald schien er zu unterliegen, bald trat wieder eine Besserung ein, die uns Hoffnung gab, aber nicht lange anhielt. Es verstand sich ganz von selbst, daß wir an nichts anderes als an die Pflege des teuren Freundes denken konnten. Wir saßen, uns ablösend, Tag und Nacht an seinem Bett und taten alles, was geeignet war, den tückischen Feind in die Flucht zu schlagen. Aber erst in der dreizehnten Woche erklärten uns die Ärzte, daß das Schlimmste vorüber sei und der Kranke nur noch der Schonung und der Erholung bedürfe.
    Schonung und Erholung! Der Apache lächelte, als er die beiden Worte hörte, obgleich er zum Skelett abgemagert war, so daß dieses Lächeln weit eher wie unterdrücktes Weinen aussah.
    „Schonung?“ fragte er. „Ich habe keine Zeit dazu. Und Erholung? Kann Winnetou sich auf diesem Lager und in diesem Land erholen? Gebt ihm seine Prärie, seinen Urwald wieder, dann wird er seine Kräfte schnell zurückbekommen! Wir müssen fort. Meine Brüder wissen, welche eilige Angelegenheit uns hinüberruft.“
    Wohl wußten wir das, sie war auch wirklich eilig; aber einer, der soeben einer so schweren, lebensgefährlichen Krankheit entronnen ist, muß sich vor jeder Eile hüten.
    Es versteht sich von selbst, daß wir nichts versäumt hatten, was wir in unserer Lage tun konnten, um den Plan der beiden Meltons, sich in den Besitz eines Vermögens von Millionen zu setzen, zu Schanden zu machen. Die beiden Schufte hatten in Afrika den jungen Hunter ermordet und waren nun nach Amerika abgesegelt, um mittels der Ähnlichkeit, welche der junge Melton mit dem Ermordeten hatte, und mittels der ihm gestohlenen Papiere sich in Besitz eines Erbes zu setzen, welches ihm zufallen sollte. Ich hatte sofort nach unserer Ankunft in Southampton, als es sich herausstellte, daß wir hier bleiben mußten, dem jungen Advokaten Fred Murphy in New Orleans telegraphiert. Da die Depesche nicht als unbestellbar zurückkam, nahm ich an, daß er sie erhalten hatte. Gleich nach Absendung derselben schrieb ich ihm einen langen Brief, in welchem ich ihm unsere Erlebnisse mitteilte, ihn von allem, was wir erfahren hatten, genau unterrichtete und ihn ersuchte, die Meltons, sobald sie sich in New Orleans zeigen würden, festnehmen zu lassen und bis zu unserer Ankunft in sicherem Gewahrsam zu halten.
    Ungefähr drei Wochen später antwortete er mir. Er dankte mir für meine Mitteilungen und benachrichtigte mich, daß sie bereits die von mir erwarteten Folgen gehabt hätten. Als Freund von Small Hunter hatte er sich so sehr um dessen Auffindung und um die ganze Angelegenheit bemüht, daß er vom Gericht aus als Erbschaftsverweser eingesetzt worden war. Er hatte die Behörde sofort über mein Telegramm und dann auch über meinen Brief verständigt, und beide waren zu den Akten genommen worden. Kurze Zeit später hatte sich der falsche Hunter auch wirklich gemeldet und war mit seinem Vater festgenommen worden. Er hatte dem echten Hunter so ähnlich gesehen und war selbst in dessen kleinste und intimste Angelegenheiten so eingeweiht gewesen, daß man ihn ohne mein Schreiben ganz gewiß für denselben gehalten
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