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39 - Satan und Ischariot III

39 - Satan und Ischariot III

Titel: 39 - Satan und Ischariot III
Autoren: Karl May
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dann noch einmal, wenn ich Euch sage, daß der echte, der wirkliche Small Hunter mit seinen zwölf Zehen im Gebiet der tunesischen Beduinen vom Stamm der Uled Ayar begraben liegt!“
    „Begra – –“
    Er sprach das Wort nicht aus, trat zwei Schritte zurück und starrte mich mit großen Augen an.
    „Ja, begraben“, fuhr ich fort. „Small Hunter ist ermordet worden, und Ihr habt sein Erbe einem Betrüger verabfolgt.“
    „Einem Betrüger? Seid Ihr bei Sinnen, Sir? Ihr habt gehört, daß ich vorhin sagte, Small Hunter sei mein bester Freund, und doch sollte ich einen Betrüger mit ihm verwechselt haben?“
    „Allerdings.“
    „Ihr irrt; Ihr müßt irren, unbedingt irren. Ich bin mit Small Hunter so befreundet, war mit ihm so intim, und wir kannten und kennen uns gegenseitig so genau, daß ein Betrüger selbst bei der größten Ähnlichkeit schon in der ersten Stunde unsers Verkehrs Gefahr laufen würde, von mir durchschaut zu werden.“
    „Gefahr laufen? Ja, das gebe ich zu; aber die Gefahr ist für ihn sehr glücklich vorübergegangen.“
    „Bedenkt, was Ihr sagt! Ihr seid Old Shatterhand. Ich muß annehmen, daß Ihr gekommen seid, mir nicht nur eine so unbegreifliche Mitteilung zu machen, sondern auch nach derselben zu handeln.“
    „Das ist allerdings meine Absicht. Übrigens habe ich bereits gehandelt, auch in bezug auf Euch, indem ich Euch von Southampton aus die beiden Briefe schrieb.“
    „Ich weiß von keinem Brief!“
    „Dann gestattet mir, Euch Eure beiden Antworten vorzulegen.“
    Ich nahm die Briefe aus meiner Tasche und legte sie ihm auf den Tisch. Er ergriff und las den einen und dann den anderen. Ich beobachtete ihn dabei. Welch eine Veränderung ging da in seinen Zügen vor! Als er den zweiten gelesen hatte, langte er wieder nach dem ersten, dann abermals nach dem zweiten; er las jeden dreimal, viermal, ohne ein Wort zu sagen. Die Röte wich aus seinem Gesicht; er wurde leichenblaß und fuhr sich mit der Hand über die Stirn, auf welcher sich Tropfen bildeten.
    „Nun?“ fragte ich, als er dann immer noch schwieg und lautlos in die Papiere starrte. „Kennt Ihr die Briefe nicht?“
    „Nein“, antwortete er mit einem tiefen, tiefen Atemzug, indem er sich mir wieder zuwendete.
    Seine sonst bleichen Wangen röteten sich unter den Augen stark. Das war der Schreck, die Aufregung.
    „Aber seht die Kuverts! Die Briefe sind aus Eurem Office, wie Euer Stempel beweist.“
    „Ja.“
    „Und von Euch unterschrieben!“
    „Nein!“
    „Nicht? Wir haben da zweierlei Handschrift. Der Brief ist von einem Eurer Leute geschrieben und dann von Euch unterzeichnet worden.“
    „Das erstere ist richtig, das letztere aber nicht.“
    „Also ein Schreiber von Euch hat ihn doch verfaßt?“
    „Ja; es ist Hudsons Hand. Es ist mehr als gewiß, daß er ihn geschrieben hat.“
    „Und Eure Unterschrift –?“
    „Ist – gefälscht, so genau nachgeahmt, daß nur ich selbst imstande bin, zu sehen, daß es Fälschung ist. Mein Gott! Ich habe Eure Fragen und Reden für inhaltslos gehalten; hier aber sehe ich eine Fälschung meiner Unterschrift vor Augen; es muß also etwas vorliegen, was Euch die Berechtigung gibt, so unbegreifliche Dinge vorzubringen!“
    „Es ist allerdings so. Der kurze Inhalt alles dessen, was ich Euch zu sagen habe, ist in den Worten ausgedrückt, welche Ihr schon vorhin gehört habt: Der echte Small Hunter ist ermordet worden, und Ihr habt sein Vermögen nicht nur einem Betrüger, sondern sogar seinem Mörder übergeben.“
    „Seinem – Mörder –?“ wiederholte er wie abwesend.
    „Ja, wenn dieses Wort auch nicht so ganz genau wörtlich zu nehmen ist. Er selbst hat ihn nicht ermordet, ist aber mit im Komplott gewesen und hat moralisch die gleiche Schuld, als wenn er die tödliche Waffe geführt hätte.“
    „Sir, ich befinde mich wie im Traum! Aber es ist ein böser, ein schrecklicher Traum. Was werde ich hören müssen!“
    „Habt Ihr Zeit, eine ziemlich lange Geschichte anzuhören?“
    „Zeit – Zeit! Was fragt Ihr da erst! Hier habe ich die Fälschung in den Händen; sie sagt mir, daß mein Office zu einem Betrug benutzt worden ist. Da muß ich Zeit haben, selbst wenn Eure Erzählung Wochen in Anspruch nehmen sollte. Setzt Euch, und gestattet mir einen Augenblick, meinen Leuten zu sagen, daß ich jetzt für keinen Menschen mehr zu sprechen bin!“
    Wir hatten in der Erregung beide unsere Plätze verlassen; nun setzte ich mich wieder nieder. Ja, auch ich war erregt. Ich
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