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Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Titel: Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit
Autoren: Britta Strauss
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Zustand, einem schwarzen Hemd und Jeans. Er trug schmutzige braune Schuhe, deren Sohle sich zu lösen begann, und ein Lederband mit einem Tierzahn um den Hals. Offen bar ein Lebenskünstler. In G e genden wie diesen gab es viele davon.
    Sara versuchte, ihre Lähmung abzuschütteln. Vergeblich. Wie eine St a tue stand sie vor ihm. Warum blieb ihr jedes Wort im Hals stecken? Sie war doch sonst nicht auf den Mund gefallen.
    Beweg dich! , schimpfte sie innerlich. Sag was. Mach was, Teufel noch eins!
    „Entschuldigen Sie bitte.“ Seine Stimme war angenehm. Dunkel und weich und ein wenig verwirrt. Endlich wagte sie es, zu ihm aufzublicken. Mein Gott, der Mann hatte die schönsten Augen, die sie je erblickt hatte. „Ich heiße Makah. Darf ich fragen, wer Sie sind?“
    „Ich?“ Ihr Herz raste. Irgendetwas stimmte hier nicht. Sie fühlte sich hilflos und der Selbstsicherheit beraubt. Als hätte sie jemand in kaltes Wasser getaucht oder ihr mitten ins Gesicht geschlagen. „Warum wollen Sie das wissen?“
    „Weil ich das Gefühl habe, dass … ach egal. Ich muss mich irren.“
    Im fahlen Schein der Lampen schimmerte seine Haut wie bronzefa r bene Seide und versetzte die Fotografin in ihr in Entzückung. Dieses Gesicht schrie danach, verewigt zu werden.
    „Tut mir leid, dass ich Sie gestört habe.“
    „Wie bitte?“, kam es flüsternd über ihre Lippen. „Was meinen Sie?“
    „Nichts“, brummte er. „Auf Wiedersehen.“
    Sara öffnete den Mund und wollte eine höfliche Floskel hervorbringen, irgendetwas, das diesen Mann zurückhielt, doch ehe es ihr gelang, hatte er den Raum mit hastigen Schritten verlassen. Verdammt. Sie war eine solche Idiotin. Sie eilte ihm hinterher, bahnte sich den Weg durch ga f fende Menschengruppen und rammte fast eine Vitrine – doch Makah war nirgendwo zu entdecken. Das hatte sie nun davon. Er war freundlich auf sie zugegangen, und sie blaffte ihm ein unhöfliches „W a rum wollen Sie das wissen?“ entgegen.
    Die Lust am Begutachten weiterer Artefakte war verloren. Sie verließ das Museum und lieferte sich dem Schneesturm aus, der mit wildem Heulen ihren Mantel und ihr Haar erfasste. Jeder freiliegende Quadra t zentimeter Haut wurde betäubt. Als gebürtige Kanadierin hatte sie viele Kältewellen erlebt, aber diese brachte selbst ihre Zähne zum Klappern .
    „Passen Sie auf, bei dem Wetter kann man sich schnell erkälten.“
    Sie fuhr herum. Eiskristalle rieselten von ihren Wimpern. Vor ihr stand Makah. Schief lächelnd, schneeüberzuckert und atemberaubend. Schwin del übermannte Sara aus dem Nichts. Sie glaubte, vor seinen Augen ohn mächtig zu werden, doch kaum griff sie H alt suchend nach dem Zaun, normalisierte sich ihr Zustand.
    „Wollen Sie mir wirklich nicht ihren Namen verraten?“ Seine Stimme und sein Blick waren unverändert freundlich.
    „Sara Merger.“ War das ihre Stimme? Dieses piepsende Mäuscheng e flüster? „Ich bin hier wegen eines Berichts.“
    „Eines Berichts?“
    „Eher ein Bildband. Das Leben in den Reservaten. Die Träume, Hof f nungen und Ängste der Bewohner. Der Weg zwischen Vergangenheit und Moderne in poetischen Bildern, aber ohne Beschönigung.“ Oh Gott, sie begann zu plappern. „So was eben.“
    „Sind S ie Reporterin?“
    „Nein. Ethnologin. Ich arbeite als Fotografin und Lektorin für einen Verlag, der sich auf Bildbände spezialisiert hat.“
    So, das war ’s . Spätestens jetzt musste seine Freundlichkeit in Emp ö rung umschlagen. Umso konfuser war sie, als die erwartete Abneigung ausblieb. In den letzten Wochen war ihr gesamter Charme gefordert gewesen, um respektiert zu werden. Insbesondere, wenn sie ihren Fot o apparat zückte und die Sache mit dem Bildband erwähnte. Aber dieser Mann schien ihr Neugier de entgegenzubringen . Er kam noch ein wenig näher. Seine Kleidung ließ zu wünschen übrig, doch seine Haut roch angenehm nach Seife. Nicht viele Gesichter konnten es mit seinem au f nehmen. Nein, korrigierte sie sich, die allerwenigsten reichten ihm das Wasser. Seine Züge waren weder weich noch kantig. Sie waren irgende t was dazwischen und von begnadeter Harmonie. Zu gern wollte sie diese Harmonie festhalten. Sie verewigen. Der Drang war so stark, dass sie ihre Kamera über Gebühr quetschte.
    „Wohnen Sie hier in der Stadt?“ , fragte Makah.
    Sie nickte. „Im Best Western. Leider muss ich schon morgen zurück nach New York.“
    Er zog eine Grimasse. „Das wäre kein Ort für mich. Soll ich Sie ins Hotel fahren? Oder
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