Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut
Autoren: Merle Robert
Vom Netzwerk:
ewigen Regen, dann wieder beklagte er, daß es noch immer nicht heller werde, »dies sei der trübste, dunkelste und finsterste Tag, den er je gesehen«.
    Was mich angeht, so muß ich sagen, daß ich mich sehr verwundert fragte, was ich bei alledem zu suchen hätte, und nicht einsah, weshalb Seine Majestät wohl verlangt haben mochte, daß ich bei Du Halde schliefe und Ihn nicht verlassen solle. Und obwohl er mich im selben Moment zu sich rief und mir im Flüsterton eine Botschaft auftrug, war dies doch keine, die einen Mann meines Schlages erfordert hätte. Im Gegenteil. Jedenfalls war ich etwas gereizt, daß ich, der ich Katholik nur mit den Lippen war, in die Neue Kapelle gehen und im Auftrag des Königs mit seinem Kaplan und seinem Almosenier sprechen sollte.
    Der Kaplan war Etienne Dorguyn und der Almosenier Claude de Bulles, doch kann ich sie in meiner Erinnerung kaum auseinanderhalten, weil beide, von ihren Seelen abgesehen, sich allzu ähnlich sahen, runde Schultern, runder Schmerbauch und runde rötliche Mondgesichter, mit schütterem weißen Haar auf dem Kopf.
    »Meine Herren«, sagte ich, »Seine Majestät läßt Euch durch meinen Mund vermelden, daß Ihr nicht länger auf ihn warten sollt, sondern unverzüglich mit der Gnadenmesse beginnt und zu Gott für das glückliche Gelingen eines Unterfangens betet, welches der König für die Ruhe seines Reiches in Angriff nimmt.«
    Über diese Rede staunten die beiden Priester ein wenig, sie fragten sich offenbar, welches dieses Unterfangen denn sein mochte, für das man ihre Gebete sozusagen blindlings erheischte, jedoch hatte meine Botschaft hiermit ihr Ende.
    |523| »Monsieur«, sagte einer der beiden, ich glaube, es war der Almosenier, der bereits Albe und Stola angelegt hatte, »beliebt Seine Majestät zu versichern, daß wir den Befehl ausführen und aus ganzem Herzen und mit aller Glaubenstiefe für sein Unterfangen beten werden.«
    Als ich ins königliche Gemach zurückkam, hörte ich, wie Seine Majestät dem Hofmeister, Herrn von Merle, befahl, zum Kardinal von Guise zu eilen und ihn zu erinnern, daß der König ihn, gemäß seiner bereits brieflich geäußerten Bitte, unfehlbar im Rat erwarte. Im nächsten Augenblick, da er mich eben erblickte, hieß mich der König, vom Fenster des Alten Betsaals in den Schloßhof zu spähen und ihm das Erscheinen des Herzogs sofort zu melden, mußte dieser doch besagten Hof überqueren, um von dem Flügel Ludwigs XII., wo er logierte und wo auch Madame de Sauves ihr Zimmer hatte, zur Ehrentreppe zu gelangen.
    Im Alten Kabinett fand ich jene zwölf von den »Fünfund vierzig «, die der König dorthin beordert hatte, stumm wie die Karpfen, aber durchaus nicht so friedvoll, weil sie ständig ihre Degengriffe befingerten, wie wenn diese sie juckten. Und obwohl ihnen der König – anders als den acht Mann in seinem Gemach – den Namen des Verräters nicht genannt hatte, dem sie gegebenenfalls den Rückzug abschneiden sollten, sah ich ihren wilden Blicken an, daß sie über seine Person ebensowenig Zweifel hegten, wie sie ihn dafür liebten, daß er sie abschaffen und in ihre Gascogner Armutei zurückstoßen wollte.
    Der Tag, den ich aufgehen sah, während ich meine Stirn an die Scheiben drückte, war eher dumpf und fahl als hell, der schräge sintflutliche Regen und der Morgendunst trübten alle Dinge derart ein, daß man eine graue Katze nicht von einer weißen unterschieden hätte. Freilich war im Hof einiges Hin und Her der Würdenträger, die sich zum Königlichen Rat begaben, doch mußte ich lange warten, bis ich den Herzog auftauchen sah, begleitet nur von seinem Sekretär Péricard, einem Diener, der einen
ombrello
über ihn hielt, und einem anderen, der ihm mit einer Laterne voranging. Ich erkannte den Herzog zuerst an seinem hohen Wuchs, durch den er alle anderen Herren des Hofes überragte, und dann an seinem lichtgrauen Wams und Mantel, denn Guise, der Erzengel, liebte helle Farben.
    |524| Ich konnte ihn sehr gut sehen, weil sein Laternenträger fast im Trippelschritt ging, um ihm gut zu leuchten, damit er auf dem nassen Pflaster nicht rutschte. Da der Turm der Ehrentreppe aus der Fassade hervorspringt, sah ich auch, daß an ihrem Fuß Larchants Garden warteten, unter dem Vorwand, ihren Sold einzufordern, die aber die Treppe bis zum zweiten Stock hinauf besetzen sollten, wie man sich erinnern wird, sobald der Herzog hindurch wäre, so daß sich die Falle hinter ihm schloß, wurden doch die Treppen e und e',
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher