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Noch einmal leben

Noch einmal leben

Titel: Noch einmal leben
Autoren: Robert Silverberg
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Risa. „Wenn es euch recht ist. Ich dränge mich nur ungern zwischen euch, aber …“
    Mark zuckte bedauernd die Achseln, und Elena schnaubte so heftig, daß das üppige Fleisch in ihrem Ausschnitt wackelte und tanzte. Mit wogenden Hüften schaukelte sie aus der Wohnung.
    „Willst du dir jetzt etwas anziehen?“, fragte Mark.
    „Macht dir denn mein Körper so viel aus, Mark?“
    „Risa, der Morgen war sehr hart, und …“
    „Ja, ist ja schon gut.“ Risa wußte, wann der Zeitpunkt gekommen war, den Gewinn einzustreichen und sich damit – vorläufig – zufriedenzugeben. Sie nahm eine Robe, wickelte sich darin ein und bot ihrem Vater höflich ein Getränketablett an. Er nahm eine Kapsel und preßte sie an seinen Arm. Risa zögerte nicht, sich auch eine Kapsel mit einer goldfarbenen Flüssigkeit zu nehmen. Sie setzte sie geübt an und erschauderte ein wenig, als der Ultraschall-Spray die köstliche Flüssigkeit direkt in ihren Blutkreislauf spritzte. Sie beobachtete ihren Vater aufmerksam. Er wirkte verkrampft und unruhig. Dieser Roditis machte ihm zweifellos Sorgen. Vielleicht lag seine Erregung auch nur an den Schwierigkeiten, Onkel Pauls letzten Willen auszuführen.
    Sie sagte: „Ich glaube, du weißt, worum ich dich bitten will.“
    „Ein Sommerurlaub auf dem Mars?“
    „Nein.“
    „Du brauchst Geld?“
    „Natürlich nicht.“
    „Ja, dann …“
    „Du weißt es.“
    Er zog die Augenbrauen zusammen. „Deine Transplantation?“
    „Meine Transplantation“, gab sie ihm recht. „Ich bin längst sechzehn, und Onkel Pauls Beerdigung liegt schon ein ganzes Stück zurück. Ich möchte einen Antrag stellen. Kann ich dazu deine Zustimmung bekommen?“
    „Warum hast du es so eilig, Risa? Du hast dein ganzes Leben vor dir und kannst dir noch unzählige Identitäten einverleiben lassen.“
    „Ich möchte aber jetzt schon damit anfangen. Wie alt warst du, als du deine erste bekamst?“
    „Zwanzig“, erklärte ihr Mark, „und es war ein Fehler. Ich mußte sie wieder löschen lassen. Wir paßten einfach nicht zusammen. Kannst du dir vorstellen, Risa, daß ich trotz all der Tests und Proben das Bewußtsein eines durch und durch verbohrten Antisemiten erwischte? Als er dann in mir erwachte und sich im Körper eines Beschnittenen wiederfand, wurde er natürlich fast wahnsinnig.“
    „Wie bist du denn an ihn geraten?“
    „Er war ein Mann, den ich bewunderte; ein Architekt, einer dieser begnadeten Baumeister. Ich wollte sein planerisches Genie. Aber neben dem Genie mußte ich auch seine Verrücktheiten in Kauf nehmen, verstehst du. Nach drei Monaten der Hölle auf Erden für uns beide mußte ich ihn löschen lassen. Erst Jahre später wagte ich mich an eine zweite Transplantation.“
    „Das muß ja wirklich furchtbar für dich gewesen sein“, sagte Risa. „Aber wir kommen vom Thema ab. Ich bin alt genug für eine Transplantation, und es wäre irrational von dir, die Einwilligung zu verweigern. Es ist ja nicht so, daß wir es uns nicht leisten könnten, oder daß ich eine zu instabile Persönlichkeit wäre oder sonst etwas in der Art. Du willst es mir bloß nicht erlauben, und ich kann mir das nicht erklären.“
    „Weil du noch so jung bist, Risa! Sieh mal, sechzehn ist auch das Mindestalter zum Heiraten. Aber wenn du jetzt zu mir kämst und sagtest, du wolltest …“
    „Aber das tue ich nicht. Eine Transplantation ist keine Heirat.“
    „Sie ist bei weitem intimer als eine Ehe“, sagte Mark. „Glaube es mir, du teilst nicht nur mit jemandem das Bett. Du teilst auch deinen Kopf mit jemandem, Risa, und du kannst dir gar nicht vorstellen, wie intim das sein kann.“
    „Ich will aber eine Vorstellung davon bekommen“, sagte sie, „nicht mehr und nicht weniger. Ich bin ganz wild darauf, Mark. Die Zeit ist reif, es herauszufinden, mein Leben mit jemandem zu teilen, diese Erfahrung selbst zu machen. Und du stehst da wie Moses und sagst nein.“
    „Ich bin wirklich davon überzeugt, daß du noch zu jung bist.“
    Ihre Augen blitzten auf. „Du erlaubst, daß ich deinen Satz in Klartext übertrage, mein Lieber. Du willst, daß ich jung bleibe, weil du auf diese Weise auch jung bleibst. Solange ich in deinen Augen ein kleines Mädchen bleibe, bleibt auch dein Zeitschema in Ordnung. Ware ich acht Jahre alt, wärst du zweiunddreißig. Dieses Alter würde dir gefallen. Aber ich bin vor einiger Zeit sechzehn geworden, Mark. Und du hast die Vierzig überschritten. Ich kann dich nicht dazu bringen, letzteres zu
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