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Noahs Kuss - - ...Und plötzlich ist alles anders

Titel: Noahs Kuss - - ...Und plötzlich ist alles anders
Autoren: PeP eBooks
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Architektur ‹ , bis er dich plötzlich gesehen hat. Der war nicht auf der Suche nach einem Lebenshilfebuch.«
    Ich schaue auf die Uhr. » Gleich wird Cinderellas Kutsche wieder in einen Kürbis verwandelt. Wo steckt Tony?«
    Wir finden ihn ein Stück weiter, er liegt in der Mitte der Straße auf einer kleinen Verkehrsinsel, die vom Kiwanis-Klub unserer kleinen Stadt liebevoll bepflanzt worden ist.
    Seine Augen sind geschlossen. Er lauscht der Musik des vorbeirauschenden Verkehrs.
    Ich steige über die Absperrung und sage ihm, dass die Bibelstunde für heute vorbei ist.
    » Ich weiß«, sagt er zum Himmel. Und dann, während er aufsteht: » Mir gefällt es hier.«
    Ich will fragen Was meinst du mit hier? Ist hier diese Verkehrsinsel oder diese Stadt oder diese Welt? Mehr als alles andere in diesem seltsamen Leben will ich, dass Tony glücklich wird. In den Sternen steht nicht geschrieben, dass wir beide uns ineinander verlieben sollen, das haben wir vor langer Zeit herausgefunden. Aber das hindert mich nicht daran, ihm alles Glück der Erde zu wünschen. Ich will, dass es hier in dieser Welt gerecht zugeht. Und in einer gerechten Welt würde Tony strahlen und funkeln.
    Ich könnte ihm das jetzt sagen, aber er würde es nicht annehmen. Er würde meinen Wunsch auf dieser Insel mitten im Verkehr lassen, anstatt ihn zusammenzufalten und immer mit sich zu tragen, um zu wissen: Es gibt ihn, diesen Wunsch.
    Wir brauchen alle einen Platz. Ich habe meinen– diese kunterbunte, chaotische Mischung aus Freunden, Melodien, Nachmittagsaktivitäten und Träumen. Ich will, dass er auch einen Platz hat. Wenn er sagt Mir gefällt es hier, will ich, dass dabei kein trauriger Unterton mitschwingt. Ich will dann zu ihm sagen können: Bleib!
    Aber ich bin still, weil auch die Nacht jetzt still wird und Tony bereits auf dem Weg zurück zum Parkplatz ist.
    » Was hat das eigentlich mit diesem Kiwanis auf sich?«, ruft er über die Schulter.
    Ich antworte, dass es nach einem Vogel klingt. Einem Vogel von weit, weit her.
    » Hi, Gay Boy. Hi, Tony. Hi, Chica.«
    Ich brauche nicht mal vom Asphalt hochzusehen. » Hallo, Ted«, sage ich.
    Er taucht in dem Moment vor uns auf, als wir losfahren wollen. Ich kann Tonys Eltern hören, wie sie gerade ihr Abendgebet beenden, obwohl sie meilenweit entfernt sind. Sie erwarten uns bald. Ted versperrt uns mit seinem Auto den Weg. Nicht aus Bosheit. Aus reiner Gedankenlosigkeit. Ted ist der Meister der Gedankenlosigkeit.
    » Du bist uns im Weg«, erklärt ihm Joni vom Fahrersitz aus. Ihre Verärgerung hält sich trotzdem in Grenzen. Ich würde mal sagen, sie ist bestenfalls viertelherzig.
    » Du siehst hübsch aus heute Abend«, antwortet er.
    Ted und Joni haben in den vergangenen beiden Jahren zwölfmal miteinander Schluss gemacht. Was auch heißt, dass sie elfmal wieder zusammengekommen sind. Ich habe schwer das Gefühl, dass wir auf den Abgrund der Wiedervereinigung Nummer zwölf zutaumeln.
    Ted ist intelligent und sieht gut aus, aber er nutzt diese Gaben nicht sinnvoll. Wie ein Millionär, der niemals für einen guten Zweck spendet. Seine Welt reicht kaum weiter als bis zum nächsten Spiegel. Sogar jetzt, in der Zehnten, hält er sich noch für den König unserer Schule. Er hat noch nicht mitgekriegt, dass wir in einer Demokratie leben.
    Das Problem ist nur, dass Ted trotzdem kein Total-Ausfall ist. Manchmal gibt er nämlich trotz der Nebelschwaden seines Narzissmus einen kristallklaren Kommentar ab, der von so tiefer Einsicht zeugt, dass man wünscht, man hätte ihn selbst gemacht. Ein wenig von diesem plötzlichen Charme kann lange vorhalten. Vor allem bei Joni.
    » Wirklich«, sagt sie jetzt und klingt eine Spur entspannter, » wir müssen los.«
    » Sind eurem Bibel-Kränzchen die Psalmen und Verse ausgegangen? ›Oh Herr, der ich durch die tiefen Täler des Zweifels wandle, gewähre mir die Gnade, einen Walkman tragen zu dürfen…‹«
    »› Der Herr ist mein DJ‹«, sagt Tony feierlich. »› Mir wird an nichts mangeln‹.«
    » Eines Tages, Tony– befreien wir dich, das schwöre ich.« Ted schlägt mit der Faust auf die Kühlerhaube, um seiner Aussage Nachdruck zu verleihen, und Tony salutiert. Dann bewegt Ted sein Auto weg, und fort sind wir.
    Die Uhr auf Jonis Armaturenbrett zeigt 12 : 48 , aber das ist vollkommen in Ordnung, weil wir mit dem Ende der Sommerzeit eine Stunde gewonnen haben. Wir fahren in die blauschwarze Nacht, aus dem Radio tönt eine sanfte, weiche Melodie, langsam
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