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Nixenfluch

Nixenfluch

Titel: Nixenfluch
Autoren: H Dunmore
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Augen, nehmen mir kurz jede Sicht. Und wenn ich mit den Haaren hängen bleibe und mich nicht mehr befreien kann?
    Ich schiebe alle Bedenken beiseite, fasse mit den Händen um die Öffnung und ziehe mich hindurch.
    *
    Ich kann nichts sehen. Mein Körper blockiert das Licht von hinten, während Faro vermutlich das Licht von vorn abschirmt.
    »Faro?«, flüstere ich. Zu rufen traue ich mich nicht. Wer weiß, wer das hören könnte. Im Tunnel herrschen bestimmt ideale Jagdbedingungen für Seeaale. Vielleicht gibt es ein Labyrinth von Tunneln, das mit diesem in Verbindung steht. Tunnel voll verborgener Kreaturen. Kraken, riesige Tintenfische, Krebse und Aale …
    Faro!
    Ich mache kein Geräusch. Ich versuche allein durch meine Gedanken Kontakt mit ihm aufzunehmen.
    Beeil dich lieber, Sapphire. Menschenzehen sind für Seeaale eine Delikatesse.
    Er hat meine Gedanken gehört. Nie zuvor war ich so froh, von jemand aufgezogen zu werden. Faro verwandelt die Seeaale in Comicfiguren. Doch hinter seiner spöttischen Bemerkung spüre ich, dass auch er Angst hat. Nicht vor Aalen oder Kraken, sondern vor etwas anderem, das tiefer reicht und schwer zu benennen ist. Ich fröstele bei diesem Gedanken.
    Doch ich werde die Angst nicht gewinnen lassen. Ich werde sie bekämpfen, so wie Faro.
    Die Seeaale haben kein Interesse an Zehen, dafür umso mehr an deiner Schwanzflosse , antworte ich ihm in Gedanken. Ich weiß, wie stolz Faro auf seinen starken geschmeidigen Fischschwanz ist.
    Das sollen sie nur probieren. Ein Schlag mit meiner Flosse, und die werden sich nie mehr rühren. Taste dich mit deinen Händen am Felsen entlang, Sapphire. Wenn du einen Halt findest, ziehst du dich einfach vorwärts.
    Ich empfange von ihm ein Bild, wie er das macht. Seine starken Hände nutzen jeden kleinen Felsvorsprung, um den Körper anzutreiben.
    Vorsichtig strecke ich meine Hände aus, doch die Tunnelwände sind nicht mit Schleim besetzt, wie ich befürchtet habe. Sie sind glatt und hart und bieten kaum einen Widerstand. Meine Nägel krallen sich in den Fels. Ich kann mich ein wenig vorwärtsziehen, ehe ich wieder den Halt verliere. Es ist gerade genug Platz, um die Arme am Körper entlangzuführen und die Hände auszustrecken. Auf diese Weise schiebe ich mich Stück für Stück voran.
    Doch der Tunnel wird immer enger. Wenn ich nicht aufpasse, bleibe ich mit angelegten Armen stecken und werde auch mein Gesicht nicht mehr schützen können.
    Bleib ruhig, Sapphire. Wenn du hier in Panik gerätst, hast du wirklich ein Problem.
    Als ich nicht weiterkomme, rolle ich mich vorsichtig auf die Seite und schiebe mich so weit zurück, bis ich meinen rechten Ellbogen anwinkeln und den Arm nach vorn strecken kann. Dann rolle ich herum und tue dasselbe mit dem linken Arm.
    Du hast es geschafft , sage ich mir. Du hast die Ruhe bewahrt und eine Lösung gefunden. So musst du weitermachen, bis der Tunnel ein Ende findet.
    Mit nach vorn gestreckten Händen fühle ich mich sicherer. Auf diese Weise komme ich zwar nicht so schnell voran, kann dafür aber mein Gesicht schützen. Faro ist ein ganzes Stück vor mir. Mit der Kraft seiner Schwanzflosse kommt er offenbar besser voran als ich. Mein Kopf stößt gegen die Decke. Langsam, Sapphire. Nimm dir Zeit. Faro ist größer als du und bleibt nicht stecken.
    Mein Fuß bleibt in einer Vertiefung hängen, die sich in der Decke befindet. Für einen kurzen Moment strampele ich verzweifelt, komme jedoch nicht frei. Das Gestein hält mich gefangen. Ich stecke fest.
    Denk nach, Sapphire. Je heftiger du strampelst, desto tiefer steckst du fest. Das ist wie bei einem Knoten, der sich weiter zuzieht. Vielleicht lässt der Druck auf meinen Fuß nach, wenn ich mich ein bisschen nach hinten schiebe.
    Behutsam lasse ich sie so weit zurückgleiten, bis sich der Griff um meinen Fuß lockert. Ich drehe ihn zur Seite und der Fels gibt mich frei.
    Das darf mir nicht noch einmal passieren. Ich rudere mit den Händen, um bis auf den Boden des Tunnels zu sinken. Dann gleite ich langsam weiter, während ich die Füße eng zusammenhalte, um nicht wieder mit ihnen stecken zu bleiben.
    Es funktioniert. Langsam, aber stetig komme ich voran. Doch für Erleichterung ist keine Zeit. Ich muss Faro einholen. Wenn ich ihn verliere …
    Was ist, wenn der Tunnel sich teilt und ich nicht weiß, welchen Weg ich einschlagen soll?
    Es ist ebenso kalt wie dunkel. Als würden die Tunnelwände einen tödlich-kalten Hauch verströmen. Je öfter ich sie berühre, desto
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