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Disziplinmanagement in der Schulklasse

Disziplinmanagement in der Schulklasse

Titel: Disziplinmanagement in der Schulklasse
Autoren: Gustav Keller
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Einleitung
    Der am häufigsten anzutreffende Faktor, der zum Versagen eines Lehrers führt, ist seine Schwäche oder sein Unvermögen, die Disziplin im Klassenzimmer aufrechtzuerhalten.
    Edwin M. Bridges
    Disziplin ist ein Begriff, der im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts eine Renaissance erfahren hat. Die Ursache liegt darin, dass es schwieriger geworden ist, ungestört zu unterrichten. Wo kleine Störungen sich häufen und große Störungen nicht mehr nur Ausnahme sind, werden Lehren und Lernen zum mühsamen, schlimmstenfalls sinnlosen Geschäft. Ohne das notwendige Maß an Disziplin kann es keinen wirksamen Unterricht geben.
    In einer Schulklasse Disziplin herzustellen oder wiederherzustellen ist die schwierigste pädagogische Aufgabe. Auf diese werden Lehrerinnen und Lehrer in ihrer Ausbildung am wenigsten vorbereitet. Der Löwenanteil der Lehrerausbildungsstunden erstreckt sich auf die Methodik und Didaktik, nicht auf die Aneignung erzieherischer Kompetenzen.
    Dieses Ausbildungsdefizit erstaunt, obwohl feststeht, dass Unterrichtsstörungen sich in allen bisherigen Lehrerbelastungsstudien als die gravierendsten Stressoren erwiesen haben. Ist eine Lehrperson ständig mit solchen Störungen konfrontiert, wird ihre Arbeit zur seelischen Schwerarbeit. Nach Studien des Arbeitsmediziners Müller-Limmroth (1993) ist der Stresshormonspiegel von Lehrerinnen und Lehrern besonders hoch.
    Zu bedenken ist, dass Unterrichtsstörungen nicht nur die Lehrergesundheit beeinträchtigen, sondern auch die Wirksamkeit des Unterrichts. Durch Unterrichtsstörungen geht täglich sehr viel Lernzeit verloren. Der störungsbedingte Ausfall von Lernzeit ist um ein Vielfaches größer als der krankheitsbedingte Unterrichtsausfall.
    Die Herstellung und Aufrechterhaltung von Unterrichtsdisziplin erfordert ein professionelles pädagogisches Handeln. Ich bezeichne es als Disziplinmanagement in der Schulklasse. Erstens versteht man darunter die Fähigkeit, Unterrichtsstörungen differenziert wahrzunehmen und vor dem Hintergrund eines fundierten Erklärungswissens zu analysieren. Zweitens gehört zum Disziplinmanagement die Befähigung zum angemessenen Reagieren in Störungssituationen. Drittens muss die Lehrperson wissen, wie durch systematische Prävention Unterrichtsstörungen wirksam vorgebeugt werden kann.
    Disziplinmanagement, dies sei am Beginn unmissverständlich verdeutlicht, ist keine Rückkehr zur Kasernenhofpädagogik. Es ist das engagierte Bemühen der Schule und der einzelnen Lehrperson, eine hilfreiche Ordnung und Atmosphäre zu schaffen, in der Lernen möglich ist.
    Mit dem vorliegenden Buch möchte ich Lehrerinnen und Lehrer dazu anleiten, wie sie Unterrichtsstörungen diagnostizieren, bewältigen und verhindern können. Es basiert auf jahrzehntelangen Schulerfahrungen und auf pädagogisch-psychologischen Erkenntnissen.
    Ich hoffe, liebe Leserinnen und Leser, dass ich Ihnen das tägliche Disziplin-management erleichtern helfen kann. Gehen Sie mit viel Mut und Geduld an diese schwierige pädagogische Kernaufgabe. Auch in diesem Bereich ist der Fortschritt kein Känguru, sondern eine zielorientierte Schnecke.

1 Das Klagelied vom undisziplinierten Schüler
    Die heutige Jugend ist von Grund auf verdorben, sie ist böse, gottlos und faul. Babylonische Tontafel (ca. 1000 vor Christus)
    Seit dem Beginn der Schulgeschichte vor 5000 Jahren steht die Disziplin der Schülerinnen und Schüler in der Kritik (Keller 2005 a). Es wird bemängelt, dass sie sich im Unterricht unmotiviert, unkonzentriert und störend verhalten. Im Folgenden wird Kulturepoche für Kulturepoche aufgezeigt, wie die Erwachsenen die Unterrichtsdisziplin jeweils wahrgenommen und erlebt haben. Die Recherchen beginnen in den ersten Schulhäusern der Menschheit und enden in der Jetztzeit.
    Mesopotamien
    Die Schule als gesellschaftliche Institution wurde um das Jahr 3000 v. Chr. in Sumer gegründet. Die Gründerväter waren Kaufleute, Baumeister und Landvermesser, die schlicht und einfach keine Zeit mehr hatten, ihren Kindern und Jugendlichen das nötige Kulturwissen zu vermitteln.
    Die Schüler schrieben mit keilförmigen Griffeln auf Tontafeln. Die ersten Schulhäuser hießen deshalb Tafelhäuser, die Lehrer Väter des Tafelhauses. Es handelte sich um eine Knabenschule, die vom 9. bis 14. Lebensjahr besucht wurde. Auf dem Lehrplan standen Lesen, Schreiben, Rechnen, Zeichnen und Religion. Die Tafelhausliteratur, auf circa 20 000 Tontäfelchen aufgezeichnet, enthält
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