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Disziplinmanagement in der Schulklasse

Disziplinmanagement in der Schulklasse

Titel: Disziplinmanagement in der Schulklasse
Autoren: Gustav Keller
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Bemühungen, die Einhaltung der Regeln durchzusetzen, treffen auf starken Widerstand der Schüler/innen. Diesen Widerstand zu überwinden wird immer schwieriger. In vielen Klassen ist das Verhalten im Unterricht geprägt durch totale Ablehnung des Unterrichtsstoffes und menschenverachtendes Auftreten. Lehrkräfte werden gar nicht wahrgenommen, Gegenstände fliegen zielgerichtet gegen Lehrkräfte durch die Klassen, Anweisungen werden ignoriert.»
    Der Rütli-Fall löste bundesweit Betroffenheit aus und stieß eine Diskussion über die Schuldisziplin an. Im selben Jahr erschien Bernhard Buebs Buch «Lob der Disziplin». Der langjährige Leiter der Internatsschule Salem zeichnete ein düsteres Verhaltensbild. Hauptursache der epidemischen Fehlentwicklung ist für ihn, dass die Kinder und Jugendlichen nicht mehr erzogen werden, sondern nur noch aufwachsen. Deshalb plädierte er vehement für «vorbehaltlose Anerkennung von Autorität und Disziplin» (Bueb 2006, S. 11).
    Am Ende dieser kurzen Reise durch die Schulgeschichte kann festgestellt werden, dass es ein Schulparadies nie gegeben hat. Die Schülerinnen und Schüler scheinen seit 5000 Jahren Probleme zu haben mit der Schuldisziplin, so wie sie jeweils von den Erwachsenen normativ festgelegt wird. Dies zu wissen kann durchaus tröstlich sein. Andererseits ist es aber auch nicht rich-tig, gelassen abzuwarten, ob aus Chaos irgendwann einmal Ordnung wird. Denn Kinder und Jugendliche haben ein Recht darauf, ungestört und wirksam zu lernen.
    Zum Nachdenken
    Ein Hirsch, der weit über hundert Jahre alt war, sagte zu einem seiner Enkel: «Ich kann mich noch sehr gut an die Zeit erinnern, als der Mensch das donnernde Feuerrohr noch nicht erfunden hatte.»
    «Was muss das für uns Hirsche eine glückliche Zeit gewesen sein!» seufzte der Enkel. «Das ist ein voreiliger Schluss», sagte der alte Hirsch. «Die Zeit war anders, aber nicht besser. Der Mensch hatte anstatt des Feuerrohrs Pfeile und Bogen. Und wir waren genauso schlimm dran wie heute auch!»
    Gotthold Ephraim Lessing

2 Die Notwendigkeit der Disziplin
    Ohne Regeln und Vorschriften gäbe es keine Sprache, keine Spiele, kein Gemeinwesen, keine Beziehungen.
    Rolf Werning
    Die Schule ist ein Ort gemeinsamen Lehrens und Lernens. Sie hat den gesellschaftlichen Auftrag, die Heranwachsenden zu qualifizieren und ihre Persönlichkeitsentwicklung zu fördern.
    Circa 15 000 Stunden dauert es durchschnittlich, bis Schülerinnen und Schüler den Lernort Schule verlassen. Die Erwartungsträger der Schule gehen davon aus, dass die erworbenen fachlichen und fachübergreifenden Qualifikationen eine erfolgreiche Aus- und Weiterbildung ermöglichen.
    Zentrum der Schule ist der Unterricht. Dort werden systematisch und zielgerichtet Wissen und Kompetenzen vermittelt. Ihre Aneignung ist ein komplizierter psychophysischer Prozess, der in hohem Maße störanfällig ist. Damit er Lernen bewirkt, sind viel Aufmerksamkeit, Motivation, positive Emotion und Denken vonnöten. Erläutert die Lehrperson einen Sachverhalt oder arbeitet eine Schülergruppe gerade an einer Problemlösung, genügt der Wutausbruch eines Störers, um in der Mehrzahl der Schülerhirne Lern- und Denkblockaden zu erzeugen. Unterrichtsstörungen können im Verlauf einer Unterrichtsstunde so stark akkumulieren, dass der Lernertrag gleich null ist. Schätzungsweise 35 % der schuljährlichen Unterrichtszeit werden in den Sand gesetzt, weil Störungen Lernen verhindern.
    Damit Lehren und Lernen stattfinden können, ist Disziplin notwendig. Diese Prämisse kann falsche Saiten anklingen lassen. Mit Disziplin kann assoziiert werden: Unterwerfung, Gehorsam, Gleichschritt, Drill, Zucht. Eine so verstandene Disziplin in der Schule zu verwirklichen, wäre eine Rückkehr zur Kasernenhofpädagogik, wie sie im ersten Kapitel beschrieben worden ist. Diese Disziplin meine ich nicht und erstrebe ich nicht. Unter Disziplin solleine hilfreiche Ordnung verstanden werden, die gemeinsames und wirksames Lernen ermöglicht. Konkret heißt dies, dass die Schülerinnen und Schüler aufmerksam sind, sich achtsam zueinander verhalten, zuhören, nicht dazwischen rufen, Lernwillige lernen lassen, mitarbeiten, das Recht auf seelische und körperliche Unversehrtheit respektieren und Kritik konstruktiv äußern. Eine so verstandene Disziplin ist kein Selbstzweck, sondern eine wohltuende lernförderliche Unterrichtsstruktur.
    Obwohl Schülerinnen und Schüler Unterrichtsstörungen phasenweise unterhaltsam
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