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Disziplinmanagement in der Schulklasse

Disziplinmanagement in der Schulklasse

Titel: Disziplinmanagement in der Schulklasse
Autoren: Gustav Keller
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finden oder in der aktiven Rolle des Störenden Lust empfinden, sind sie mehrheitlich an einer äußeren Ordnung interessiert. Dies geht aus Befragungsstudien und Klassengesprächen deutlich hervor. Nicht selten fordern sie von den Lehrpersonen mehr Grenzziehung, Steuerung und Konsequenz. Sie haben, wie es der Psychotherapeut Eric Berne (2001) einmal ausgedrückt hat, einen Strukturhunger. Konkret heißt dies, dass sie als neugiermotivierte Wesen etwas lernen möchten, und zwar in einer sicheren und geregelten Lernumwelt.
    Zum Nachdenken
    Ordnung führt zu innerer Sammlung. Sie stärkt die Person des Schülers und die des Lehrers: Klare Ordnung des täglichen Tuns im Unterricht, der Dinge im Klassenzimmer, der Tätigkeiten im Lauf des Schultags, des Wechsels zwischen Denken und Handeln, Schreiben, Sprechen, Zuhören, Lesen, Einzelarbeit, Partnerarbeit, Kreisgespräch, Freiarbeit. Besser als nur zur Ordnung zu ermahnen, ist es: Ordnungen einzuüben. Statt Kinder zu disziplinieren, ihnen zu Disziplin zu verhelfen. Es geht um Ordnungsformen unter moralischen Maximen: Aufeinander Rücksicht nehmen, einander helfen, sich selbst «zusammennehmen».
    Kurt Singer

3 Erscheinungsformen von Unterrichtsstörungen
    Mit Störungen in der Klasse kann vieles gemeint sein.
    Hans-Peter Nolting
    Unterrichtsstörungen sind unterschiedliche Formen abweichenden Verhal-tens, die das Lehren und Lernen mehr oder weniger stark beeinträchtigen.
    Eine objektive Definition dessen, was als Unterrichtsstörung bezeichnet werden kann, ist nicht immer möglich. Ob der Unterricht jetzt gerade gestört wird, hängt natürlich auch von der Situationsauffassung und Bewertung des Lehrers ab. Eine Äußerung wie zum Beispiel «Da blicke ich nicht durch», kann vom Lehrer X als dankbarer Hinweis zur Stoffwiederholung und vom Lehrer Y als unerlaubter Zwischenruf aufgefasst werden. Jenseits dieses subjektiven Ermessens- und Toleranzspielraumes gibt es jedoch Ereignisse wie das andauernde Schwätzen mit dem Banknachbarn, die den Unterrichtsprozess eindeutig stören und den Lernerfolg der Mitschüler gefährden.
    Wer sich mit Unterrichtsstörungen befasst, sollte auf eine differenzierende Beschreibung achten. Geht man von schulpsychologischen Erkenntnissen und Beobachtungen aus, lassen sich sechs typische Erscheinungsformen unterscheiden:
    Akustische Störungen
Schwätzen mit dem Banknachbarn
Zwischenrufe
Summen, Singen
Schreien, Grölen
Handy
Uhrenalarm
    Motorische Störungen
Schaukeln
Zappeln
mit Arbeitsmitteln spielen
mit dem Stuhl kippeln
Herumlaufen
    Aggressionen
Mitschüler verbal provozieren
Mitschüler körperlich angreifen
fremde Sachen wegnehmen
Sachen beschädigen, zerstören
Wutausbruch
Lehrer verbal angreifen
Lehrer körperlich angreifen
    geistige Abwesenheit
stofffremde Arbeiten erledigen
zum Fenster hinausschauen
Tagträumen
Schlafen
    Verweigerung
fehlende Unterrichtsmaterialien
Unerledigte Arbeitsaufträge
fehlende Hausaufgaben
Mitarbeitsverweigerung
Zuspätkommen
    Verstöße gegen die Hausordnung
Essen
Trinken
Beschmutzen
    Obwohl nicht von Schülerinnen und Schülern verursacht, können auch Ereignisse aus dem Außenbereich des Klassenzimmers sehr störend wirken. Beispiele für diese externen Störungen sind Baulärm, Fluglärm, Verkehrslärm, Lärm aus einem anderen Klassenzimmer, Sirenengeheul, Lautsprecherdurchsagen.
    Welche dieser unterschiedlichen Störformen als besonders störend erlebt werden, ist bisher erstaunlich selten empirisch untersucht worden. Ein paar Erkenntnisse findet man in Manfred Tückes (2005, S. 408 f.) «Psychologie in der Schule – Psychologie für die Schule». Danach fühlen sich Lehrpersonen besonders gestört, wenn Schülerinnen und Schüler miteinander streiten. Aus der Schülerperspektive werden akustische Störungen als besonders unangenehm empfunden.
    Fallbeispiele
    Sven, ein Drittklässler, ist schnell ablenkbar. Wenn er ein Geräusch hört, schaut er sofort hin. Er lenkt auch andere immer wieder ab und verwickelt sie in Gespräche. Er ist motorisch unruhig – er zappelt und schaukelt öfters auf dem Stuhl. Stellt die Lehrerin eine Frage, platzt er mit seiner Antwort heraus. Am Beginn von Stillarbeiten fragt er nach, was gemacht werden soll, weil er beim Arbeitsauftrag unaufmerksam war.
    Petra ist eine stille Fünftklässlerin. Sie wirkt zunächst ruhig und unauffällig. Dass ihr Verhalten dennoch ein Problem ist, erfährt man erst, wenn man sie aufruft. Sie war mit ihren Gedanken irgendwo anders. Sie
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