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Nimm Platz und stirb

Nimm Platz und stirb

Titel: Nimm Platz und stirb
Autoren: Hans Gruhl
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Aber
wie sollte man das beweisen? Und dann kam mir die gigantische Idee, dir von
dieser Frau zu erzählen und so zu tun, als wollte ich dich an der Sache
beteiligen — Trubo und Jüstel, Privatdetektive, Hier an diesem Tisch habe ich
die Geschichte erzählt, aber das Bildchen habe ich in der Tasche gelassen, weil
ich fürchtete, daß Elsie die Ähnlichkeit sieht. Sie bemerkt immer alles, was
sie nicht sehen soll. Es war ein Risiko, aber es war auch eine Gelegenheit zu
beobachten, ob du Fehler machst. Du hast welche gemacht. Wenn ich den Kommissar
gleich auf dich gehetzt hätte, wäre ich wahrscheinlich ausgelacht worden, und
dir hätten sie kaum etwas beweisen können. Aber jetzt ist allerhand
zusammengekommen.«
    Elsie tat etwas Unerwartetes. Sie trat
rasch und energisch zum Tisch, nahm das Bild auf. Ihre Augen gingen zwischen
Mutter und Sohn hin und her. Über ihrer Nase waren Falten. Jetzt stand sie von
Jühl und von mir gleich weit entfernt. Er rührte sich nicht. In seinem Gesicht
war ein Anflug von Trotz, der vorher nicht drin gewesen war. Ich mußte fertig
werden, solange meine Mutpillen noch vorhielten.
    »Nachdem ich soweit war, habe ich mir
überlegt, wie du dich von Anfang an benommen hast. Und da war manches komisch.
Als wir uns in der Kantine kennengelernt hatten, und du warst hinterher in
Stefans Büro, da hast du ihn so merkwürdig angesehen, als sähest du mitten im
Urwald ein unbekanntes Tier. Es war nicht die reine Verehrung. Dann kam die
Szene mit Gaby, in der du so auf deinen Filmvater schimpfen solltest. Du hast
zu schön geschimpft und zu echt gespielt — auch Elsie ist es aufgefallen, und
Reinold war platt über deine Leistung. Du hast deinen Vater vor dir gesehen,
Jühl, den du umbringen wolltest. Das war es. Und als ich dich zum Schein
eingeweiht hatte, konnte ich dich genauer beobachten. In der Kneipe von Tante
Cläre bist du mit reingegangen, um zu sehen, was ich dort mache und ob sie was
wußte von Andrea Lacon. Ich habe dich gesehen, wie du die Wände nach einem Bild
abgesucht hast von deiner Mutter, und ich habe auch gesehen, wie du erschrocken
bist, wie ich es plötzlich rausholte. Es war dein Glück und mein Pech, daß die
alte Wirtin gerade das Zeitliche mit dem Ewigen vertauscht hatte. Dafür hast du
ungeheuer aufgepaßt, als Tante Cläre von dem Lobkowicz erzählte. Jetzt wurde
die Situation schon bedrohlicher, aber du hast dich noch schön mitbesoffen und
hast mich heimgeschleift, ohne mir den Hals zuzudrücken. Bei Stefans Beerdigung
habe ich dir gesagt, daß ich am nächsten Tag den Lobkowicz heimsuchen will. Ich
bin tückischerweise gleich hingegangen. Er war nicht im Büro, und es rief ein
Herr Vanderberg an, während ich mit der lieblichen Sekretärin flirtete, und
wollte die Privatadresse von Herrn Lobkowicz. Ich habe meine Ohren aufgerissen
wie jetzt meine Schnauze, und ich wette ein Drehbuchhonorar, daß du der Herr
Vanderberg gewesen bist. Denn du mußtest eher bei Herrn Lobkowicz sein als ich.
Am nächsten Tag haben wir ihn gefunden. Nach Andrea Lacon konnte ich ihn nicht
mehr fragen. Ich fand auch keine Karteikarte mit dem Namen Lacon in seinem
Schreibtisch. Aber jetzt war alles klar. Nur du und ich und die Cläre Genkin
haben gewußt, daß man von ihm vielleicht etwas von deiner Mutter erfahren
könnte.«
    Ich hielt inne und wischte mir die
Stirn. Ein bißchen Schweiß war doch darauf. Elsie legte das Bild auf den Tisch.
Sie wich vor dem Jühl zurück, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Sie kam zu
meinem Sessel und faßte mich an. Jetzt war sie bei mir.
    »Sieh an, Jühl«, sagte ich. »Vorhin
hielt sie mich für verrückt oder besoffen. Aber Frauen lieben mit dem Ohr. Man
muß nur die richtigen Märchen erzählen. Leider ist das keins, wenn es auch so
geklungen hat. Bis vor zwei Tagen war ich nicht sicher. Aber dann rächte sich
der größte Fehler, den du gemacht hast. Es war eine Dummheit, Lobkowicz zu
erschießen. Du bist ein bißchen nervös geworden. Vielleicht hätte er mir doch
nichts sagen können. Alles war klar, nur der richtige Name deiner Mutter fehlte
mir. Du hast mich selbst darauf gebracht, Herr Jüstel! Sie liegt auf dem Südfriedhof,
im hinteren Teil, nicht weit weg von deinem Vater. Du hast es gewußt, seitdem
sie dir von ihr erzählt haben, aber von uns wußte es niemand. Und dann hast du
dir die nette Bosheit ausgedacht, einen Blumenstrauß, den Reinold der Gaby
geschenkt hat, auf ihr Grab zu legen. Lupinen. Ich weiß noch genau, wie empört
Gaby
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