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Niemand lebt von seinen Träumen

Niemand lebt von seinen Träumen

Titel: Niemand lebt von seinen Träumen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht vergessen, ihr Blumen auf den Nachttisch zu stellen …«
    Dann legte er sich wieder hin und schlief weiter.
    Professor Krausz hatte an diesem Abend noch sehr viel zu tun. Er rastete und erholte sich nicht von der Überfahrt, sondern getreu seinem Versprechen, Susanne zu helfen, wo er nur helfen konnte, meldete er ein Ferngespräch nach Washington an.
    In Washington, in der 67. Street of Republique wohnte ein Mr. Fuller.
    Henry Fuller.
    Mr. Fuller war im State Department so etwas wie ein Staatssekretär. Er war vortragender Referent der Abteilung IIIb, der Abteilung für politische Europafragen, und galt als einer der besten Kenner der Washingtoner Regierungsverhältnisse. Sein Arm reichte weit. Er besaß Beziehungen zu allen führenden Persönlichkeiten, zählte viele Senatoren zu seinen persönlichen Freunden und kannte alle Minister. Seinen Einfluß verdankte er allerdings nicht seiner Stellung, sondern seinem Vater, der im Jahre 1910 auf die Idee gekommen war, aus Grapefruit Marmelade herzustellen und damit innerhalb eines Jahrzehntes den Sprung zum Marmeladenkönig der USA geschafft hatte. Mit ihrem heutigen Reichtum brauchte sich die Familie nicht hinter anderen Namen des amerikanischen Geldadels zu verstecken. Daß sein einziger Sohn Diplomat wurde, war dem alten Fuller eine bittere Pille gewesen, denn er hielt zuerst nicht viel von Politik. Aber als später, während des Zweiten Weltkrieges, weite Teile der US-Armee mit Fuller-Marmelade versorgt wurden, ein großes Werk des diplomatischen Sohnes, sah er endlich ein, daß Henry Fuller auch für die Company der richtige Mann am richtigen Platze war, und unterstützte plötzlich in jeder Weise seinen Ältesten, dessen Karriere natürlich dadurch zusätzliche entscheidende Impulse erhielt.
    Professor Krausz wiederum war ein Freund des alten Fuller. Sohn Henry nannte ihn ›Onkel‹, und der Kunsthändler griff als guter Geschäftsmann gern auf diesen ›Onkel‹ zurück, wenn er Devisenpapiere für den Ankauf wertvoller Gegenstände in Europa benötigte.
    Henry Fuller besorgte alles – nur als vortragender Referent der Europaabteilung war er eine Niete. Das aber nahm ihm keiner übel, denn die Geschäfte, die er nebenbei machte, waren wichtiger als alle Probleme, die in seinem Referat zu lösen oder zu bearbeiten gewesen wären.
    Eben jener einflußreiche Henry Fuller wurde in dieser Nacht unsanft geweckt. Als das direkt auf der Höhe seines rechten Ohrs auf dem Nachttisch stehende Telefon läutete, zuckte der Diplomat aus einem guten Traum empor, griff schlaftrunken um sich, faßte den Hörer und schrie: »Hello?«
    »Hier Onkel Krausz«, sagte der Kunsthändler. »Good morning, my boy!«
    Henry Fuller fuhr empor, sah auf das Leuchtzifferblatt seiner Armbanduhr und ließ sich dann verärgert wieder auf das Bett zurückfallen.
    Es gibt auch in dem englischen Sprachraum einen Ausdruck, der ebensowenig hoffähig ist wie eine vergleichbare Aufforderung in deutscher Sprache. Diese Einladung brüllte Henry Fuller in diesem Moment, gar nicht mehr Gentleman und Mitglied des Außenministeriums, durch das Telefon, als er sich davon überzeugt hatte, daß es keineswegs morgens, sondern spät in der Nacht war. Am anderen Ende – in New York – lachte Krausz sehr vergnügt und weit davon entfernt, sich beleidigt zu fühlen.
    »Es ist dringend, Henry«, entschuldigte er sich. »Sonst würde ich deinen Schlaf bestimmt nicht unterbrechen. Kannst du folgen, oder bist du wieder betrunken?«
    »Ich bin müde!« schrie Henry Fuller, aber er setzte sich im Bett auf und knipste das Licht an. Gähnend rieb er sich die Augen.
    »Was ist denn nur los?«
    »Ich habe aus Europa – aus Deutschland – ein Mädchen mitgebracht, ein gescheites Ding.«
    »Und schön!«
    »Auch schön!«
    »Etwa jung?«
    »Sehr jung.«
    Krausz wußte, was nun kam.
    Henry Fuller schüttelte den Kopf. »In deinem Alter, Onkel! Na, na! Ich hätte dir Klügeres zugetraut …«
    »Dummheit, Henry!« lachte Krausz. »Es handelt sich um meine neue Assistentin.«
    »So kann man es auch nennen, bestimmt.«
    »Sie ist verlobt mit einem Ingenieur der Ohio Steel.«
    »Ach!« Henry Fuller wurde vor Ärger vollends wach. »Und um mir von dem jungen Glück Mitteilung zu machen, klingelst du mich mitten in der Nacht aus dem Schlaf?«
    »Aber Henry – ich brauche deine Beziehungen. Ich möchte den beiden helfen.«
    »Soll ich ihnen etwa eine Hochzeitsprämie besorgen. Verdient der Herr Ingenieur wohl nicht so viel,
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