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Niemand hört dich schreien (German Edition)

Niemand hört dich schreien (German Edition)

Titel: Niemand hört dich schreien (German Edition)
Autoren: Mary Burton
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schluckte den Kloß in seiner Kehle hinunter.
    Bald würde die Einsamkeit ein Ende haben.

3
    Dienstag, 8. Januar, 12:10 Uhr
    Der wolkenverhangene Himmel ließ Jacob in dem eisigen Wind, der durch seine Lederjacke blies, noch mehr frösteln. Er stampfte mit den Füßen, um seinen Kreislauf anzuregen und wieder Gefühl in den Zehen zu bekommen.
    Der Vermessungstrupp schien die Kälte ganz selbstverständlich hinzunehmen. Die Männer hatten während des gesamten Vormittags nicht gearbeitet und völlig unbeteiligt die Polizeiarbeit beobachtet, als würde es sich um Dreharbeiten für einen Fernsehkrimi handeln. Vor einer Viertelstunde hatten sie dann ihre Verpflegung ausgepackt. Die Gruppe war durch nichts aus der Ruhe zu bringen.
    So gern Jacob gegangen wäre, kam dies weder für ihn noch für Zack infrage. Sie wollten abwarten, bis Tess mit ihren Fotos und Tatortskizzen fertig war und den Leichnam für die Pathologie freigab.
    Tess hatte die Taschen der Toten durchsucht und zerknüllte Papiertaschentücher sowie den Kassenzettel eines Supermarkts gefunden, jedoch nichts, wodurch man sie hätte identifizieren können. Außerdem hatte sie den Boden rund um die Leiche auf Spuren hin untersucht, war aber bisher auf nichts Ungewöhnliches gestoßen. Der Wind machte diese Aufgabe auch nicht gerade leichter; es war gut möglich, dass er Beweisstücke fortgeweht hatte. Jacob hatte den Suchradius ausgeweitet und die Polizeibeamten angewiesen, das Gebiet großflächig abzusuchen.
    Tess wollte möglichst viele Spuren retten, die sich möglicherweise an der Leiche befanden. Auf ihre Anordnung hin war die Tote in einiger Entfernung vom Wasser abgelegt und in ein sauberes weißes Tuch gehüllt worden. Sobald man sie in die Pathologie gebracht hatte, würde Tess sich die Tote noch einmal vornehmen und auf Haar- und Gewebespuren untersuchen.
    Mit grimmigem Gesichtsausdruck stapfte sie den Hang hinauf, die Wangen gerötet, die Lippen aufgesprungen. Unter ihrer Mütze lugten dunkle Strähnen hervor.
    Jacob hob das gelbe Absperrband für sie an.
    Tess tauchte darunter hindurch und streckte dann den Rücken, um die Verspannungen zu lösen, die durch das stundenlange Verharren in gebückter Haltung entstanden waren. »Danke.«
    »Gern geschehen.«
    Zack hatte bei den uniformierten Polizisten gestanden, kam aber nun zu ihr herüber. »Du brauchst einen starken Kaffee.«
    »Ich werde mir einen holen, sobald ich in der Pathologie bin. Wenn mir wieder warm ist, schaue ich mir die Leiche noch mal an.«
    Zack sah aus, als hätte er seiner jüngeren Schwester gern widersprochen, doch er wusste, dass sie es nicht mochte, wenn er sie wie ein kleines Kind behandelte. »Okay.«
    »Ich habe den Leichentransport angerufen«, fügte sie hinzu. »Sie werden in ein paar Minuten hier sein.«
    »Hast du was gefunden?«, fragte Jacob.
    Tess schüttelte den Kopf. »Bisher nicht. Und es ist so schweinekalt, dass unser Mörder wahrscheinlich auch nicht ins Schwitzen geraten ist, als er sein Opfer abgeladen hat.«
    Schweiß ergab zusammen mit Hautfett eine Mischung, die Fingerabdrücke hinterließ. Ohne Schweiß entstanden seltener Fingerabdrücke. »Tu, was du kannst.«
    »Mache ich.«
    Zack stemmte sich gegen den Wind. »Kannst du uns schon irgendwas sagen, Tess?«
    Sie atmete hörbar aus. »Der Pathologe wird es noch bestätigen müssen, aber ich glaube, dass derjenige, der sie gefangen gehalten hat, ihr auch etwas injiziert hat.«
    »Wieso denkst du, dass es der Mörder war?«, fragte Jacob. »Verkappte Süchtige gibt es in allen Gesellschaftsschichten.«
    Tess rümpfte die Nase. »Die Einstiche an ihren Armen sind frisch. Und es gibt keinerlei Anzeichen für frühere Einstiche, aus denen man schließen könnte, dass sie sonst auch gespritzt hätte.«
    »Sie könnten in ihren Kniekehlen sein«, bemerkte Jacob. Das war bei seiner Mutter die bevorzugte Stelle gewesen.
    Tess zuckte die Achseln. »Wir werden es schon erfahren. Aber ich glaube nicht, dass sie ein Junkie ist. Sie sieht nicht danach aus.«
    Viele Süchtige sahen nicht danach aus, wenn die Sucht noch nicht lange bestand. »Warum glaubst du, dass der Mörder ihr etwas gespritzt hat? Vielleicht hat sie es doch selbst getan. Hat sich vollgepumpt.«
    Tess wirkte genervt. »Wie gesagt, ich glaube es nicht. Sie hat gesunde Zähne, ihre Fingernägel sind nicht eingerissen – was beides Anzeichen für fortgesetzten Drogenmissbrauch wären. Ich glaube, jemand hat sie gekidnappt, gefesselt, und zwar
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