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Niemand hört dich schreien (German Edition)

Niemand hört dich schreien (German Edition)

Titel: Niemand hört dich schreien (German Edition)
Autoren: Mary Burton
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für eine Ausstellung?«
    »Nein, das ist nur zum Geldverdienen. Ich habe so viele bezahlte Aufträge, dass ich die Kunst vorerst auf Eis legen musste.«
    »Ist das gut?«
    Nicole zuckte die Achseln. »Ja und nein.«
    »Und was sind deine nächsten Aufträge?«
    Nicole wirkte sehr zufrieden mit sich. »Ein Porträt für einen Empfangsbereich und Werbeaufnahmen für Dana Miller, nächsten Donnerstag. Sie hat den Zuschlag für den Verkauf von Adam Aldersons Immobilien in River Bend bekommen.«
    Kendall hatte schon von der Frau gehört. »Berechne ihr den Höchstsatz. Sie ist prominent und hat eine Menge Geld.«
    »Es ist gut bezahlt.« Nicole presste eine Hand auf ihren Bauch.
    Kendall runzelte die Stirn. »Alles in Ordnung?«
    »Ja. In letzter Zeit bewegt sie sich nur ziemlich viel. Kommt wohl von dem mexikanischen Essen vor ein paar Tagen.«
    Kendall spürte leichte Panik in sich aufsteigen. »Du sagst mir aber auf jeden Fall, wenn die Wehen einsetzen? Ich will nämlich nicht, dass du dein Kind auf meinem Küchenboden bekommst.«
    »Das wäre blöd, besonders, wenn der italienische Marmor dann schon verlegt ist.«
    Wieder runzelte Kendall die Stirn. »Ich meine es ernst. Ich möchte, dass das Kind in einem Krankenhaus zur Welt kommt, wo man sich anständig um dich kümmern kann.«
    Das Signal der Mikrowelle ertönte, und Nicole nahm den heißen Tee heraus. »Keine Sorge, ich bin noch nicht so nah am Termin. Es dauert noch mindestens drei Wochen bis zu ihrem Auftritt, hat der Arzt gesagt.«
    Kendall hatte sich geschworen, Nicole nicht in eine bestimmte Richtung zu drängen, was die Adoption betraf. Doch sosehr sie sich auch bemühte, es gelang ihr nicht mehr, das Thema zu meiden. »Hast du dich denn mal wieder bei der Adoptionsagentur gemeldet?«
    Nicole nippte an ihrem Tee. »Nein.«
    Kendall war beunruhigt. »Nicole, du darfst das nicht vor dir herschieben. Das Baby kommt auf jeden Fall. Drei Wochen, das ist nicht mehr so lange.«
    »Ich weiß.«
    Kendalls Stimme wurde sanfter. »Du schuldest es dir und dem Kind, dass du dir darüber klar wirst, was du willst.«
    Nicole errötete und schaute zu Boden. »Ich weiß.«
    Kendall seufzte. »Hey, mir ist schon klar, dass ich manchmal zu direkt bin. Und dass ich eine Nervensäge sein kann. Aber ich mag dich, und ich möchte nicht zusehen, wie du leidest. Und ich glaube, je mehr du vorausplanst, desto leichter wird es für dich sein.«
    Nicole hob den Blick, in ihren Augen glänzten Tränen. »Gott, ich wünschte, ich hätte eindeutige Antworten. Ich möchte das Beste für das Kind. Ich weiß bloß nicht, ob ich der Mensch bin, der ihm das geben kann. Trotzdem schaffe ich es nicht, mich mit einem Adoptionsverfahren auseinanderzusetzen.«
    Kendall dachte an das komplizierte Verhältnis zu ihrer eigenen Mutter, die sie im Alter von drei Jahren adoptiert hatte. Ihr Zuhause war sehr liebevoll gewesen, doch Kendall hatte schon früh gemerkt, dass ihre Mutter nicht gern über die Adoption sprach. Selbst heute noch bewahrte Kendall Stillschweigen über die Tatsache, dass sie adoptiert war – teils aus Loyalität gegenüber ihrer Mutter, teils aus Furcht vor dem Unbekannten. »Es gibt kaum jemals Garantien. Wir alle können nicht mehr tun, als unser Bestes zu geben.«
    Nicole legte den Kopf in den Nacken, um die Tränen zurückzuhalten. »Ich weiß. Du hast recht.«
    »Also redest du zumindest mit der Agentur, damit du auf jeden Fall alle Möglichkeiten kennst?«
    »Ja, das mache ich.« Jetzt rannen ihr die Tränen doch über das Gesicht. »Ganz bestimmt.«
    Kendall legte Nicole eine manikürte Hand auf die Schulter. »Nicht weinen, Nicole. Ich möchte meinen Tag nicht mit dem Bewusstsein beginnen, dass ich eine Schwangere zum Weinen gebracht habe. Das ist ganz schlechtes Karma.«
    Nicole lachte etwas zittrig und wischte sich die Tränen von den Wangen. »Keine Tränen mehr.«
    »Gut. Mach dir keine Sorgen, wir schaffen das, Schritt für Schritt.«
    »Danke.« Nicole schluckte und zog die Nase hoch. »Und wieso warst du gestern Nacht so spät noch auf?«
    Kendall verkrampfte sich. Sie hatte mit niemandem über die Träume gesprochen und wollte das auch jetzt nicht tun. Die Bilder in Worte zu fassen, würde ihnen gewissermaßen größere Bedeutung verleihen. »Du hast mich gehört?«
    »Ich muss jede Stunde pinkeln, schon vergessen?«
    »Ach ja.« Kendall fuhr sich mit den Fingern durch das dichte braune Haar. »Es war nichts weiter, ich konnte nur nicht schlafen.«
    Nicole nahm
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