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Niemand hört dich schreien (German Edition)

Niemand hört dich schreien (German Edition)

Titel: Niemand hört dich schreien (German Edition)
Autoren: Mary Burton
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Baustelle eine tote Frau gefunden. Alles, was ich jetzt will, ist, in einer Bar im Warmen sitzen und ein kühles Bier trinken.«
    »Warwick«, rief Zack vom Fluss herauf. »Tess hat was gefunden.«
    Jacob drehte sich zu ihm um. »Komme gleich.«
    Burrows wirkte nervös. »Kann ich meine Leute gehen lassen? Sie haben nichts gesehen, und wir haben noch einen Vermessungsauftrag, mit dem wir weitermachen könnten. Dann war der Tag nicht ganz umsonst.«
    Jacob schüttelte den Kopf. »Bleiben Sie noch ein bisschen hier.«
    Der Truppleiter fluchte. »Wenn ich gewusst hätte, dass uns das so lange aufhält, hätte ich die Cops erst nach Arbeitsschluss gerufen. Ein paar Stunden mehr hätten ihr auch nichts mehr ausgemacht.«
    Jacob starrte den Mann an, bis der klug genug war, den Blick abzuwenden. Gereizt machte Jacob sich auf den Weg zurück zum Flussufer. Tess hatte das Opfer inzwischen auf den Rücken gedreht.
    Der Kopf der Frau war zur Seite gedreht, Jacob konnte jedoch erkennen, dass sie ein flächiges Gesicht hatte, mit hohen Wangenknochen und heller Haut. Ihre Augen waren geschlossen. Die Male am Hals der Unbekannten waren jetzt deutlich zu sehen, genau wie die Wunden an ihren Handgelenken. Im grauen Licht des Morgens glich sie mit ihren erstarrten Gesichtszügen eher einer Schaufensterpuppe als einem Menschen. Dennoch, irgendwie kam sie ihm bekannt vor.
    Jacob schluckte. Die Leiche als Person zu sehen, würde ihm seine Objektivität nehmen. Letzten Endes konnte er seine Arbeit besser machen, wenn er den Leichnam einfach als Beweismittel betrachtete.
    »Sieh dir mal ihren Schmuck an«, sagte Tess.
    Jacob beugte sich vor. An einer Kette um ihren Hals hing ein goldenes Amulett. Der eingravierte Name lautete Ruth . »Sie heißt Ruth?«
    Zack kritzelte etwas auf seinen Spiralblock. »Die Kette ist hübsch.«
    Tess nickte, schoss Fotos und machte Nahaufnahmen von Hals und Amulett. »Sehr hübsch. Ich würde sagen, sie hat eine Stange Geld gekostet.«
    »Die Frau sieht nicht aus wie jemand, der teuren Schmuck trägt«, bemerkte Jacob. »Sie wirkt durch und durch praktisch.«
    »Vielleicht war es ein Geschenk?«, schlug Tess vor.
    »Vielleicht.« Manchmal konnte ein einzelnes Detail in einer Ermittlung Jacob wochenlang beschäftigen. Vergangenes Jahr hatte er es mit einem Selbstmord zu tun gehabt. Der Mann hatte sich allem Anschein nach erschossen. Das Haus war sauber, alles war an seinem Platz. Nur der Schlips und die Anzugjacke des Mannes lagen als unordentlicher Haufen auf dem Boden. An sich nichts Besonderes, doch diese Einzelheit hatte nicht ins Bild gepasst. Jacob hatte lange an dem Tatort gesessen, bis er zu dem Schluss kam, dass der Mann die Sachen in einem letzten Akt der Rebellion aufgetürmt hatte.
    Und nun war da ein teurer Anhänger am Hals einer Frau, die aussah, als würde sie ihre Kleidung in Discountläden kaufen. Vielleicht bedeutete es nichts weiter, genau wie die weggeworfenen Kleidungsstücke. Dennoch störte es Jacob.
    »Ich überprüfe die Halskette«, sagte Zack.
    Jacob nickte und betrachtete die Unbekannte. Trotz der Spuren, die der Tod und die Elemente an ihr hinterlassen hatten, hatte er das Gefühl, sie schon einmal gesehen zu haben. »Sie kommt mir bekannt vor.«
    Tess nickte. »Ich hatte den gleichen Gedanken. Ich versuche schon die ganze Zeit, sie einzuordnen.«
    Woher kannte er sie?
    Sanft legte Tess die Fingerspitzen unter das Kinn der Frau und drehte ihr Gesicht in seine Richtung. Als er sie von vorne sah, erschrak er, und langsam dämmerte es ihm.
    Die Unbekannte. Ruth.
    Sie sah genauso aus wie die Nachrichtenmoderatorin von Channel 10. Kendall Shaw.

2
    Dienstag, 8. Januar, 10:10 Uhr
    Die Schreie einer Frau hallten in den Ohren des kleinen Mädchens wider, als es sich in eine Ecke des Schrankes drückte. Die Beine hatte sie unter dem Rock so dicht an den Körper gezogen, dass ihre Muskeln sich verkrampften. Keuchend hielt sie sich die Ohren zu, Schweiß klebte auf ihrer Haut.
    »Mach, dass das Schreien aufhört«, flüsterte sie vor sich hin. »Mach, dass es aufhört.«
    Und dann hörten die verängstigten Schreie mit einem Mal tatsächlich auf. Unheimliche Stille breitete sich aus. Das Mädchen hob den Kopf. Unter der Tür drang Licht zu ihr herein, und in der Stille hörte sie das gleichmäßige Geräusch sich nähernder Schritte. Der Türgriff drehte sich.
    »Komm raus. Komm raus, wo immer du bist.« Die Stimme klang beruhigend, sanft, dennoch furchterregend.
    Der Traum hatte Kendall
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