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Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Titel: Niederschlag - ein Wyatt-Roman
Autoren: PULP MASTER Frank Nowatzki Verlag GbR
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Tisch.
    Â»Das war ein gewagtes Spiel«, meinte Allie, als sie um den Tisch herumkam, ihre schmale Hand unter Raymonds Arm schob und sich bei ihm einhakte.
    Er mochte ihre etwas ungestüme Art, Zuneigung zu zeigen, ihre Offenherzigkeit. Niemand störte sich daran, am allerwenigsten Vallance. Vallance war weder besitzergreifend noch eifersüchtig. Raymond konnte allerdings nicht verstehen, was sie in ihm sah. Da waren zum einen die Frage des Alters, leichte Anflüge von Schwäche, andererseits ihre Energie und ihr Überschwang. Sie hatte Besseres verdient.
    Â»Man gewinnt und man verliert«, sagte Raymond.
    Â»Sie gewinnen öfter, als Sie verlieren, Ray«, bemerkte Vallance, der auf dem Weg zu einem abseits gelegenen Tisch in der Lounge Raymonds andere Seite in Beschlag genommen hatte. »Ich habe Sie beobachtet. Das war wie eine Lektion. Sie sind sehr umsichtig, sind kein Mann, der sein Geld wegwirft.«
    Raymond gab sich gelassen. Er hatte nicht vor, Vallance zu eröffnen, dass er sich zehn Riesen von seinem Hehler, dem Anwalt Chaffey, geliehen hatte und dass die fünf, die ihm soeben zugeflossen waren, somit jemand anderem zustanden. Mit etwas Glück würde Chaffey ihm weitere fünf für die Travellerschecks zahlen und die Schulden wären komplett getilgt.
    Sie setzten sich und bestellten Champagner zur Feier des Tages. Ihre Unterhaltung drehte sich um Geld und wie man Glücksspiel betreiben konnte, mit Sachverstand oder stümperhaft. Es stellte sich heraus, dass Raymond reich war, unabhängig, aus gutem Hause stammte und spielte, weil es ihm gefiel. »Ich kann es tun, ich kann’s aber auch lassen«, sagte er. Er war kein Trottel. Es war nichts Verzweifeltes oder Mitleiderregendes an Raymond Wyatt.
    Man unterhielt sich, orderte für die nächste Runde gleich eine ganze Flasche Dom Perignon, und Raymond beteiligte sich nolens volens mehrheitlich an den zweihundert Dollar, die sie kostete. Unmissverständlich fuhr Allies nackter Fuß über seinen Knöchel und Ray spürte den elektrisierenden Druck ihres Schenkels, als sie sich vorbeugte und nach der Flasche langte. Zum ersten Mal kam Raymond der Gedanke, dass er Vallance mit ein paar geschickten Schachzügen das Mädchen abspenstig machen könnte.
    Sie entspannten sich, und im warmen Schein der schier endlosen Nacht — nach Raymonds Dafürhalten musste draußen längst ein strahlender Tag angebrochen sein — schob Vallance eine Schuhcremedose über den Tisch. »Werfen Sie doch mal einen Blick hinein, junger Freund.«
    Die Dose lag ziemlich schwer in Raymonds Hand — sollte es sich um Schuhcreme handeln, dann um eine sehr feste. Er schüttelte die Dose und etwas darin bewegte sich hin und her, seine Finger erspürten etwas von Gewicht, etwas Kompaktes.
    Â»Machen Sie schon, es wird nicht gleich explodieren.«
    Raymond drückte, wo Drücken stand, und der Deckel hob sich. Er nahm den Deckel ab, starrte hinein und sah, was das Gefühl in den Fingern erzeugt hatte.
    Â»Eine Guinee aus dem Jahre 1799«, sagte Vallance, »und ein Florin, allerdings durch Salzwasser so sehr korrodiert, dass das Prägedatum nicht zu erkennen ist, grob geschätzt müsste es aber dasselbe Jahr sein. Dann ein Spanischer Silberdollar von 1810, und der mit dem Loch ist der Holey Dollar, etwa so selten wie ein Huhn auf drei Beinen.«
    Er hielt kurz inne und fuhr dann fort. »Zu Hause habe ich eine Reisetasche, voll mit solchem Zeug. Und ich bin darüber hinaus der Einzige, der weiß, wo der Rest vergraben ist.«
    Raymond beschlich etwas, eine Art starker Sehnsucht, eine vage Vorstellung von Abenteuern auf hoher See, Steinschlosspistolen und Schatztruhen. Er blickte Vallance verständnislos an.
    Â»Warum zeigen Sie mir das?«
    Â»Sie scheinen mir ein Mann zu sein, der weiß, wann man den Mund halten sollte.«
    Â»Könnte sein.«
    Â»Ich will nicht lange darum herumreden — Sie wären in der Lage, Allie und mir zu helfen.«
    Â»Dann sollten Sie mir die ganze Geschichte erzählen«, erwiderte Raymond geduldig.
    Er spürte wieder Allies Fuß. Gleichzeitig beugte sie sich vor und legte einen Arm um Vallance. Raymond sah, wie der Mann förmlich dahinschmolz und sein Kinn sanft an ihrem Kopf rieb. Sie sagte: »Es war Brians Job, Wracks ausfindig zu machen.«
    Fast schon trotzig begann Vallance zu erzählen: »Bis vor einem Jahr habe
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