Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Titel: Niederschlag - ein Wyatt-Roman
Autoren: PULP MASTER Frank Nowatzki Verlag GbR
Vom Netzwerk:
abbiegen, um sich anschließend in Richtung Ausstellungsgelände neben dem Elders-GM-Viehhof zu schlängeln. Es war der erste Jahrestag des Feuers, das am Australia Day in einem Gebiet von der Größe Luxemburgs gewütet und beinahe die Stadt zerstört hatte. Tatsächlich hatte sich die Feuerfront bis an den Rand der High School vorgearbeitet und ein mobiles Gebäude in Asche gelegt. Später hatte der Wind gedreht und — für die Jahreszeit unüblich — von Westen her Regen gebracht, doch da hatten die Hilfsdienste bereits eine gesamte Einheit und zwei Männer der freiwilligen Feuerwehr verloren. Der Vorsitzende der Kreisverwaltung hatte die Parade am Samstag abhalten wollen, aber die Wunden waren noch nicht verheilt, also hatten die Mitglieder der Kreisverwaltung für den Australia Day gestimmt, der dieses Jahr auf einen Freitag fiel.
    In dem Manne, der als ›Buschbandit‹ populär wurde, hatten sich nie Empfindungen oder gar Stolz auf was auch immer geregt, doch er verstand es, Gefühle einzuordnen. Er ging die Hauptstraße entlang, machte Halt, um eine Zeitung, einen halben Liter Milch und ein Päckchen Zigaretten zu kaufen, das er nie rauchen würde. Ein beschriftetes Banner bewegte sich sacht im Wind, ein Dank an die freiwillige Feuerwehr. Zuschauer, ihre Kameras schussbereit, säumten die Straße, plauderten miteinander, scherzten. Die Hälfte von ihnen waren Farmer mit ihren Familien und der Buschbandit war heute einer von ihnen, ein freundlich lächelnder Farmer in Gummistiefeln, frisch gebügeltem Arbeitshemd und ebensolchen Hosen. Den speckigen Filzhut trug er in den Nacken geschoben. Der Mann sah abgearbeitet aus, müde. Und er war nicht der Einzige, der eine Sonnenbrille trug. Nur schien seine deplatziert: ein schmaler Streifen verspiegelten Glases über den Augen. Sie passte eher zu einem jugendlichen Rollerblader aus St Kilda oder Bondi oder Glenelg. Sollte jemand einen Gedanken daran verschwenden, käme er zu dem Schluss, dass der Mann einen exzentrischen Geschmack habe. Ganz gewiss jedoch war die Brille das Einzige, was sich von diesem Gesicht einprägte.
    Er beobachtete, wie die Parade vorbeizog: Musiktruppe, Polizei, Feuerwehrleute, Rettungsdienste, die beiden Witwen auf der Rückbank eines schwarzen Mercedes. Zehn Minuten später war alles vorbei. Weitere zehn Minuten später lag die Hauptstraße wieder verlassen da, die letzten Zuschauer verschwanden um die Ecke und ließen das Stadtzentrum hinter sich. Es gab nur eine Bank, und der Bandit betrat sie um 12 Uhr 25, zog die abgesägte Schrotflinte aus seiner Einkaufstasche und verkündete, dass dies ein Banküberfall sei.
    Es waren keine Kunden anwesend, nur zwei Kassiererinnen. Die eine sagte: »Oh nein.« Die andere erstarrte. Der Buschbandit richtete den Doppellauf der Flinte auf die, die gesprochen hatte. Sie könnte am ehesten Ärger machen, deshalb war seine Wahl auf sie gefallen. »Gesicht nach unten. Keinen Mucks«, sagte er.
    Er sah zu, wie sie auf den Boden sank, sich ungelenk hinlegte und dabei mit einer Hand ihren Rock festhielt, um zu verhindern, dass er nach oben rutschte.
    Die andere Kassiererin fixierte die Flinte, die sich jetzt in ihre Richtung bewegte, bis sie auf ihren Magen zielte. Der Bandit stellte seine Strohtasche auf den Tresen. »Voll machen.«
    Freitag. Das bedeutete mehr Bargeld als sonst in der Kasse, jedoch nicht hinreichend genug, dass er damit ausgesorgt hätte. Aber das war nur so ein Gedanke am Rande, ein Warum-mach-ich-diese-Scheißjobs-Gedanke für düstere Stunden.
    Er behielt die Kassiererin im Auge, die Flinte jetzt wieder auf die Frau am Boden gerichtet. Die Bedeutung war klar: Sie kriegt es ab, wenn Sie mich verladen.
    Für einen Moment zögerte die Kassiererin.
    Â»Na, wird’s bald?«, sagte der Bandit.
    Â»Travellerschecks«, platzte sie heraus. »Wollen Sie die?«
    Hunderte von Schecks, neu, unsigniert. Der Buschbandit konnte förmlich den Geruch nach neuem Papier und frischer Druckerschwärze wahrnehmen. Er würde sie Chaffey bringen. Im vorderen Teil seines Büros kümmerte sich Chaffey um Testamente, Eigentumsübertragungen und Revisionsverfahren, im hinteren zahlte er zwanzig Cent pro Dollar für alles, was der Buschbandit ihm brachte, ausgenommen Geld oder leicht absetzbare Beute.
    Â»Ja«, sagte der Bandit zu der Kassiererin.
    Als alles erledigt war und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher