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Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Titel: Niederschlag - ein Wyatt-Roman
Autoren: PULP MASTER Frank Nowatzki Verlag GbR
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PROLOG

    Nach dem fünften Banküberfall ist er für die Zeitungen »der Buschbandit«. Ein Inspector der Polizei — nüchtern und unbeeindruckt vom Sog der Kameras — drückt es prosaischer aus: »Wir suchen nach einer männlichen Person, die bewaffnet und als gefährlich einzustufen ist. Die Vorgehensweise des Täters ist in allen Fällen die gleiche. Er sucht sich eine Kleinstadt-Bank in einem Gebiet, das den Westen und Südwesten Victorias und den Osten und Südosten South Australias umfasst. Er wählt einen Zeitpunkt, wo nur wenige Kunden da sind, wenn überhaupt, bedroht die Angestellten mit einer abgesägten Schrotflinte und fordert den Bargeldbestand aus den Kassen. Wir haben bisher keinerlei Hinweise auf einen Komplizen. Ich wiederhole: Diese Person ist bewaffnet. Auf keinen Fall sollte man sich ihr nähern.«

    ***

    Es gibt Dinge, die der Inspector nicht erwähnt. Er sagt nicht, dass die Polizei außer Stande ist, eine Art Operationsbasis des Mannes zu lokalisieren. In Anbetracht des Gebietes, in dem er aktiv ist, könnte sich der Buschbandit in Mount Gambier, Bordertown, Horsham oder irgendwo am Murray River versteckt halten. Oder er operiert möglicherweise von Adelaide, wenn nicht sogar von Melbourne aus.
    Der Inspector sagt nicht, wie effizient der Buschbandit ist. Als Erstes wäre da seine Flinte, ihr stumpfer Lauf, die schwarze, starrende Doppelmündung. Schrotflinten sagen jedem etwas, jeder kennt den verheerenden Schaden, den sie auf kurze Distanz anrichten können, die Streuung der Schrotgarbe, Kugeln, die ausschwärmen und verletzen wie Hornissen. Den matten Glanz des Metalls, den abgenutzten Kolben, den Geruch nach Waffenöl. Eine Flinte heißt dem Tod ins Auge sehen, also verhält man sich ruhig. Man legt sich flach auf den Boden, man leert die Kasse, man verzichtet auf Heldentum.
    Dann wäre da der Bandit selbst. Die Aussagen von Zeugen aller fünf Überfälle stimmen überein. Der Mann sei groß und schlank, bewege sich geschmeidig. »Athletisch«, sagte ein Kassierer. »Machte keine Bewegung zu viel«, sagte ein anderer. Darüber hinaus gibt es keine genauere Beschreibung des Buschbanditen. Jedes Mal trug er etwas anderes — Anzug, Jeans und kariertes Hemd, Windjacke mit Reißverschluss und Hosen, Overall, Trainingsanzug. Und immer auch etwas, was die Aufmerksamkeit von seinem Gesicht ablenkte — Brille, Sonnenbrille, Baseballkappe, einen Akubra mit breiter Krempe, ein Heftpflaster.
    Dann seine Wortkargheit, die es den Bankangestellten unmöglich machte, eine klare Vorstellung von seiner Stimme zu gewinnen. »Gesicht nach unten ... Tasche füllen, bitte kein Kleingeld ... Fuß weg vom Alarm ... nicht bewegen ... keiner folgt mir.« Es ist eine ruhige Stimme, mehr wissen Zeugen nicht zu sagen. Ruhig, gelassen, voller Verständnis — so lauten einige Begriffe, die sie benutzen. Und jung. Alle sind sich einig, dass er nicht älter als fünfundzwanzig sein kann.
    Obwohl sie es nicht sagt — die Polizei glaubt, dass er kein Junkie ist. Anfänger und Junkies, unter Geschrei stürmen sie herein, halten Angestellte und Kunden pistolenschwingend in Schach, erzeugen so im Allgemeinen eine Atmosphäre der Panik und Unwägbarkeit, die zu Geiselnahme und Blutvergießen führen kann.
    Es gilt als ausgemacht, dass der Mann eine große Ducati fährt. Nein, eine Kawasaki. Vielleicht eine Honda. Auf jeden Fall eine schwere Maschine. Mit viel Power und sehr schnell. Schwer zu verfolgen. Auf so einem Bock kann er bereits meilenweit weg sein, bevor der Alarm ausgelöst wird. Ob man einen Hubschrauber losschickt oder die Verfolgung per Auto aufnimmt, der Buschbandit braucht nur von der Straße zu rollen, hinter einen Eukalyptus oder ein Windrad, er braucht nur zu warten, bis die Gefahr vorüber ist.
    Wo stellt er die Maschine unter? Die Polizei weiß keine Antwort darauf. Es kann überall sein. Vielleicht hat ihr Mann quer durchs ganze Land ein Dutzend Motorräder versteckt.
    Â»Eins wissen wir mit Bestimmtheit«, sagt der Inspector, »irgendwann wird ihm ein Fehler unterlaufen. Und wir werden da sein, wenn es passiert.«

    ***

    Es war eine dieser Weizen- und Wollestädte in einer staubigen Gegend. Dem Lokalblatt zufolge sollte sich die Parade zwischen zwölf und halb eins am Mittag die Hauptstraße hinunterbewegen, beim Traktorhändler links
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