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Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Titel: Niederschlag - ein Wyatt-Roman
Autoren: PULP MASTER Frank Nowatzki Verlag GbR
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Shell-Tankstelle an der Frankston Road. Der Fischer hatte sich eine Entschädigung verdient: Wyatt tankte und goss einen Liter Öl in den Rachen des Motors.
    Schließlich stellte er den Kombi in einer Seitenstraße nahe des Bahnübergangs in Springvale ab, nahm ein Taxi zum Westfield-Shopping-Center, ein zweites zum Taxistand vor Myer in Chadstone und ein drittes nach Nordlands in Doncaster. Mit jeder Fahrt fühlte er sich sicherer, als würde er die Spürhunde und Verfolger der Vergangenheit abhängen. In der Straßenbahn von Doncaster in die Innenstadt saßen jede Menge Arbeiter; es war warm und ruhig, und wenn ihn überhaupt jemand ansah, dann ohne jede Neugierde.
    Er war todmüde und hatte Hunger. Am Swanston Walk gab es ein Café, das durchgehend geöffnet hatte. Hier konnte man Kaffee trinken bis zum Abwinken. Wyatt genehmigte sich drei Tassen und verspürte das Bedürfnis nach etwas Handfestem, also bestellte er sich ein Müsli, Rühreier und Vollkorntoast. Er sah auf seine Armbanduhr. Liz Redding lag in ihrer Koje mit Sicherheit noch im Tiefschlaf.
    Gestärkt und mit federndem Gang ging er die Little Lonsdale Street entlang. Um 8.30 Uhr betrat er eine Telefonzelle an der Ecke Elizabeth Street und rief Heneker in der Pacific Mutual Insurance an.
    Wie alle Telefonistinnen, mit denen Wyatt zu tun gehabt hatte, sprach auch diese mit einer besonderen Betonung, als wäre jegliche Feststellung eine Frage. »Tut mir leid? Mr. Heneker ist erst um neun da?«
    Er hängte auf. Er spürte Verspannungen im Oberkörper, Nachwirkungen der nahezu klaustrophobischen Situation auf See. Dreißig Minuten totschlagen — er beschloss spazieren zu gehen. Während er durch die Straßen streifte, ohne Sinn für die Geschäfte, Autos oder Mitmenschen, ließ er die Reise mit Liz Redding Revue passieren. Alles lief auf eines hinaus: Er hatte ihren Kaffee mit Schlafmittel versetzt und sich aus dem Staub gemacht. Er hatte Vertrauen und Verlangen missbraucht. Die Konsequenz aus dergleichen liegt oftmals auf der Hand: Rien ne va plus.
    Um 9.05 stand er wieder in der Telefonzelle und rief die Versicherung ein zweites Mal an. Heneker war von dem überbordenden Enthusiasmus seiner Branche. »Heneker hier, Mr. — «
    Er wartete auf einen Namen. Wyatt nannte keinen. Stattdessen sagte er: »Ich habe die Asahi-Juwelen.«
    Er sah den Mann vor sich, weißes Hemd, dunkler Anzug, pfeilschnelle Gedanken. Heneker hatte sich rasch gefasst. »Wollen wir das Wo, Wann und Wie erörtern?«
    Â»Und das Wieviel«, ergänzte Wyatt.
    Â»Wie konnte ich das vergessen«, sagte Heneker.

    ZWEI

    Es entsprach nicht ganz den Tatsachen, dass Wyatt die Asahi-Juwelen hatte. Er hatte ein Stück dabei, ein Collier aus Weißgold und einem Dutzend schwerer Smaragde, die restlichen Stücke — Ringe, Halsbänder, Broschen, Anhänger und Diademe — lagen noch immer im Safe der Yacht. Die Sammlung war zu umfangreich, um durch die Gegend getragen und zu wertvoll, um irgendwo zurückgelassen zu werden, sollten unerwartete Probleme das erfordern. Zudem hatte er nicht die Absicht, die Juwelen stückweise zu verhökern oder die Steine herausbrechen und die Fassungen einschmelzen zu lassen. Eine derartige Aktion erforderte Zeit und zu viele Mittelsmänner. Wyatt wollte die Asahi-Sammlung zügig abstoßen, für eine Pauschale, für die Summe, die die Versicherung als Belohnung ausgelobt hatte. Das Smaragdcollier war nur sein Köder. Es war das auffälligste Stück, eine Art Versprechen, und man konnte sich seiner schnell entledigen, wenn der Deal platzen sollte.
    Wyatt ging die Elizabeth Street hinunter, in Gedanken beim Auf und Ab seines Lebens. Man hatte die Asahi-Sammlung im Rahmen einer Wanderausstellung aus einem japanischen Luxus-Kaufhaus in Melbourne gestohlen. Doch Wyatt war nicht der Täter — bei den wahren Tätern handelte es sich um Polizisten, die von Springett gelieferte Sicherheitsinformationen genutzt hatten. Liz Redding aber hatte Wyatt verdächtigt. Beide hatte es nach Port Vila verschlagen, wo Wyatt das Versteck der Sammlung entdeckt hatte. Er hatte Liz nie verraten, wo, nicht einmal auf der Rückreise, als aus ihnen beiden aus Räuber und Gendarm ein Liebespaar geworden war.
    Selbst ein gemeinsames Leben hatte für ihn im Bereich des Möglichen gelegen. Doch letzten Endes war sie ein Cop und Wyatt ein Krimineller
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