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Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Titel: Niederschlag - ein Wyatt-Roman
Autoren: PULP MASTER Frank Nowatzki Verlag GbR
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uns beide, ein Boot, das uns außer Landes bringt, und jemand, der mir hilft, Tony rauszuholen. Dafür zahlen wir Ihnen fünfzigtausend Dollar. Treiben Sie jemanden Gutes auf, jemand, der ein Auto fahren kann und die Nerven behält. Sie bezahlen ihn von Ihrem Anteil.« Sie stach mit dem Finger in Chaffeys imposante Taille. »Keine Verlade mit uns. Wenn doch, finden wir Sie.«
    Chaffey nickte. Als Tony Steers Anwalt verwaltete er dessen Geld. Und er war schlau genug, den Mann nicht zu hintergehen. Steer war ein übler Typ, knallhart, fit, intelligent und von unerschütterlichem Selbstvertrauen. Chaffey dachte an die Heerscharen von Frauen, die sich mit männlichen Häftlingen anfreundeten. Nicht selten einsame Frauen, beflügelt von dem Gedanken an Wohltätigkeit, von Gott oder vom Mitleid. Viele von ihnen heirateten Mörder, warteten auf deren Entlassung und wurden für ihre Entsagungen umgebracht. Vielleicht erwartete Denise Meickle ein ähnliches Schicksal.
    Er drängte sie zur Tür. »Ich werde mich sofort darum kümmern. Die Pässe, das Boot, alles kein Thema. Nur einen guten Mann zu finden erfordert einige Überlegungen.«
    Â»Keine Junkies. Keine Unterbelichteten. Niemand mit Vorstrafen.«
    Â»Wie ich bereits gesagt habe, ich werde mich sofort darum kümmern.«
    Â»In zwei Wochen ist der Prozess. Wir haben also nicht viel Zeit.«
    Als die Meickle endlich weg war, ging Chaffey in Gedanken eine Liste mit Namen durch: tot, im Knast, süchtig, zu spezialisiert. Also niemand, der infrage käme.
    Das Telefon klingelte.
    Â»Chafe? Hier ist Raymond. Wie sieht’s aus heute?«
    Hier war jemand, den er so gar nicht auf der Liste hatte. »Raymond, alter Junge.« Chaffey sah auf seine Armbanduhr. »In dreißig Minuten?«
    Â»Der übliche Treffpunkt. Ich hab einige Papiere für dich.«
    Das konnte alles heißen: Wertpapiere, registrierte Scheine, Schecks. »Bis gleich«, sagte Chaffey und legte kurzerhand auf, bevor Raymond sie beide am Telefon noch in die Bredouille brachte.
    Im Vorzimmer sagte er: »Bin in einer Stunde zurück.«
    Â»Aber Sie haben Termine.«
    Â»Bin in neunzig Minuten zurück«, sagte Chaffey.
    Er ging den Korridor hinunter, setzte dabei einen Fuß vor den anderen. Der Aufzug holperte und krachte, während er die sieben Stockwerke mit einem Chaffey hinunterfuhr, der in der Mitte breitbeinig nach Halt suchte, als wolle er den Fahrstuhl nach unten reiten. Der Fahrstuhl stieß unten an, kam zur Ruhe und Chaffey drängte sich durch das Foyer hinaus auf die Straße.
    Der ȟbliche Treffpunkt« war ein Stand in der Bourke-Street-Mall, der günstige Theater- und Konzertkarten vertrieb. Unter Fluchen, weil weit und breit kein Taxi zu sehen war, machte sich Chaffey mit rudernden Armbewegungen auf den Weg zur nächsten Straßenbahnhaltestelle.
    Fünf Minuten später hing er an den Halteschlaufen einer zugigen Rattenfalle, die die Swanston Street entlangfuhr. Angeblich fuhr sie zur Universität, aber das hieß nicht, dass sie in Kürze nicht die Richtung ändern oder in die Victoria Street einbiegen würde. Für Chaffeys Geschmack sahen die Sitze winzig und völlig indiskutabel aus. Er traute weder den Sitzen noch dem Fahrer oder den anderen Fahrgästen. Die Studenten unter ihnen ließen ihre weißen Zähne aufblitzen, schaufelten sich mit gespreizten Fingern dicke Strähnen glänzender Haare aus dem Gesicht, während sie sich laut und halbgebildet miteinander unterhielten. Oder es waren apathisch wirkende Rentner oder Frauen in Hosenanzügen mit ausladenden Schultern und Kaugummi zwischen den Zähnen.
    Chaffey stand breitbeinig da, bemüht, seine kräftigen Beine gegen den Rhythmus der Straßenbahn zu stemmen. Die Spiegelung auf der Fensterscheibe zeigte seine Massen, seine Stupsnase und roten Lippen, die langen, hellen Wimpern und schweißglänzende Partien rosiger Haut. Sie offenbarte jedoch nicht, wie er sich innerlich ins Fäustchen lachte, Raymond Wyatt vor Augen, der ihm sagte, dass er Denise Meickle helfen werde, Tony Steer aus der Untersuchungshaft zu befreien.
    Chaffey stieg an der Bourke Street aus, verließ vorsichtig die Straßenbahn, Stufe für Stufe, schwerfällig und so langsam als irgend möglich und trug so sein Scherflein zur Verspätung im Fahrplan bei. Die Autofahrer traten für ihn auf die Bremse, als er
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