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Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Titel: Niederschlag - ein Wyatt-Roman
Autoren: PULP MASTER Frank Nowatzki Verlag GbR
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ich für die Maritime Heritage Unit gearbeitet, Ray. Unsere Arbeit bestand darin, Wracks anhand alter Dokumente zu lokalisieren, bereits bekannte Wracks zu kartografieren und zu bergen oder andere vor Aasgeiern zu schützen. Man hatte sogar eine Polizistin für uns abgestellt. Es gehörte zu ihren Aufgaben, bei Sotheby’s und Christie’s nach gestohlenen Kunstgegenständen Ausschau zu halten.«
    Raymond wartete, dass Vallance fortfuhr.
    Wut trieb dem Mann die Röte ins Gesicht. »Ich wurde des Diebstahls von Artefakten beschuldigt, die noch nicht katalogisiert waren. Man beschuldigte mich, sie an einen privaten Interessenten verkauft zu haben. Alles Blödsinn. Sie konnten nichts beweisen. Aber ich hatte den Kanal voll und kündigte lieber, als noch länger für diese Mistkerle zu arbeiten.«
    Natürlich hast du das, dachte Raymond. Du hast Scheiße gebaut und bist fast erwischt worden. Es war seltsam, aber er genoss es, den Erzählungen dieses Desperados zuzuhören, als könne man Vallance einzig deshalb vertrauen, weil er kriminell war.
    Er sah, dass Allie Vallance’ Arm tätschelte. Das gedämpfte Licht zauberte einen fürsorglichen, weichen Ausdruck auf ihr Gesicht. Raymond fühlte, wie er Feuer fing. Geistesabwesend berührte er die Münze mit dem Loch in der Mitte.
    Â»Wissen Sie was, Ray«, sagte Vallance, »die da gehört Ihnen, ob Sie uns nun unterstützen oder nicht. Ihr Kurswert ist nicht schlecht, steht bei etwa einhundertundfünfundsiebzig Dollar. Hören Sie mir fürs Erste nur zu, mehr will ich gar nicht. Es besteht keine Verpflichtung zu investieren.«
    Â»Investieren?«
    Â»Fünfzig Riesen könnten Ihnen fünf Millionen einbringen«, sagte Vallance.

    VIER

    Chaffey, der Anwalt, mühte sich auf seinem Stuhl nach vorn, Anstrengung zeigte sich auf seinem feisten, ungesund rosigen Gesicht. Beide Hände auf der Schreibtischplatte, stemmte er sich hoch in den Stand. Leicht schwankend, versperrte er nahezu die Sicht auf das Fenster und während er sich sein XXL-Jackett zuknöpfte, um Denise Meickle nach allen Vorgaben der Etikette aus seinem Büro geleiten zu können, warf er noch rasch einen Blick hinunter auf die Platanen und Straßenbahnschienen der St Kilda Road, auf das blitzende Chrom, auf die wie geschrumpft wirkenden Fußgänger, die Parkbänke und die Jugendlichen auf ihren Rollerblades und versuchte Zuversicht in seine Stimme zu legen, die er nicht hatte.
    Â»Lassen Sie mich nur machen.«
    Die Meickle war eine traurige Erscheinung, klein, farblos, dafür aber angriffslustig. Sie war in einen von Chaffeys Mandanten verliebt, Tony Steer, Einbrecher und Mörder und derzeit im Melbourne City Watchhouse inhaftiert. In Kürze sollte er dauerhaft in ein anderes Gefängnis verbracht werden und Denise Meickle wollte Chaffeys Unterstützung für eine Flucht aus der Anstalt.
    Â»Zuerst«, sagte sie, wenig geneigt, jetzt zu gehen, obwohl sie bereits eine Stunde hier zugebracht und alles ein Dutzend Mal durchgekaut hatte, »müssen Sie sicherstellen, dass er in das Untersuchungsgefängnis in Sunshine verlegt wird. Manchmal werden sie zur Untersuchungshaft nach Pentridge gebracht, aber dort kriegen wir ihn nie und nimmer raus.«
    Chaffey hatte Zweifel, dass man Steer aus dem Untersuchungsgefängnis würde herausholen können, ganz zu schweigen von Pentridge. »Lassen Sie mich nur machen«, sagte er wieder.
    Meickle war im Gefängnis von Ararat als Gefängnispsychologin tätig gewesen, als die Sache mit Steer begonnen hatte. Vor dem Hintergrund komplexer Gefängnisstrukturen, die Bediensteten gleichermaßen Fürsorge- und Aufseherfunktionen diktierten, lief jemand wie Meickle schnell Gefahr, beide Rollen nicht mehr trennen zu können, sie miteinander zu verquicken. Besonders prekär war es für das Personal, einem Gefängnisinsassen einerseits seelischen Beistand zu leisten und ihn in der nächsten Minute einer Leibesvisitation unterziehen zu müssen. Als Psychologin war ihre Beziehung zu Steer selbstverständlich anderer Natur gewesen, die mangelnde Abgrenzung und Rollenverwechslung dennoch nicht weniger zwingend. »Wir werden Ihren Freund rausholen«, sagte Chaffey.
    Sie wollte nicht gehen. Sie nahm ihre Finger zu Hilfe, damit Chaffey es auch wirklich verstand. »Also ... es läuft folgendermaßen: neuseeländische Pässe, für
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