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Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Titel: Niederschlag - ein Wyatt-Roman
Autoren: PULP MASTER Frank Nowatzki Verlag GbR
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sich zum Bürgersteig hinüberschleppte.
    Dort sah er sich den drei Bronzestatuen gegenüber, die im Fußweg verankert waren, drei große, etwas wacklig aussehende Zerrbilder von Geschäftsleuten, die fast verzweifelt in die abgasvergiftete Luft starrten. Noch dazu waren sie mitleiderregend dünn, und als Chaffey einige Bodybuilder entdeckte, die sich vor einem Fitness-Studio in Positur warfen, legte er seinen dicken Arm um eine der Statuen und grinste hinüber. Die Bodybuilder, alle in violetten Trainingsanzügen und mit Betonfrisuren, stellten angesichts dieser Beleidigung das Kaugummikauen ein und auch ihr Gehabe und starrten zurück.
    Chaffey ging schnurstracks durch das Einkaufszentrum. Auf seinem Weg musste er niemandem ausweichen, musste sich nirgendwo durchschlängeln oder Halt machen. Sein Blick schoss nach rechts, schoss nach links — Chaffey hoffte, dass Raymond für die Polizei noch ein unbeschriebenes Blatt sei.
    Trotz allem musste er einräumen, dass das Einkaufszentrum ein guter Treffpunkt war. Für jemanden, der hier etwas absperren wollte, war die zentrale Einkaufsmeile der Innenstadt so nützlich wie ein Sieb. Hier vereinten sich kleine Straßen, Gassen, Seitenstraßen und alles führte hinaus aus dem Zentrum. Hier konnte Raymond irgendwo durchschlüpfen oder sich im Innern des Gewirrs verstecken; in einer Männertoilette, gelegen an einem schlecht beleuchteten Flur im zweiten oder dritten Stock eines heruntergekommenen Gebäudes in einer Seitenstraße zum Beispiel, dessen Mieter Gesangsunterricht gaben, Anzüge änderten oder Zahnprothesen anfertigten.
    Chaffey hatte den Kartenverkaufsstand erreicht. Die ersten Minuten vertrieb er sich, indem er einmal um den Stand herumging und die Plakate betrachtete, dann, die nach Halt suchenden Hände in die weichen Hüften gestemmt, stellte er sich so hin, dass er das Einkaufszentrum in Richtung Parlamentsgebäude im Blick hatte.
    Groß und lässig, im Smoking, ruhig, abgeklärt und dennoch auf der Hut, um sich im Notfall schnell unter die kauflustige Meute mischen zu können, machte sich Raymond hinter Chaffeys Schulter bemerkbar. »Chafe, alter Junge.«
    Chaffey strahlte ihn an, doch in seinem Kopf arbeitete es. Wenn man Raymond näher betrachtete, entdeckte man eine gehörige Portion Bedrohliches an ihm, einen Mann mit Scharfsinn, mit Umsicht. Die meisten Diebe, mit denen Chaffey es zu tun hatte, waren tückisch, voller Zweifel und Widersprüche, ihr Verstand schlug ihnen zu jeder Minute des Tages ein Schnippchen. Dieser Mann hier behielt alles im Blick, analysierte und schlug zu, alles Ausdruck seiner Geistesgegenwart.
    Andererseits hatte er einen Hang zum Glücksspiel. »Was soll der Smoking?«
    Raymond grinste.
    Â»Komme gerade von einer Nachtschicht.«
    Â»Gewonnen?«
    Â»Hab deine fünf Riesen dabei und die Papiere, die ich erwähnt habe.«
    Â»Nicht hier. Lass uns gehen.«
    Sie gingen die Bourke Street hoch, zu Chaffeys Club Bourke Ecke King Street. Es war ein geheimnisvolles, für die Öffentlichkeit nicht zugängliches düsteres Labyrinth aus Räumen und Nischen, wo Anwälte Klienten und andere Anwälte trafen. Es war ein Ort, wo Unterredungen wie die zwischen Chaffey und Raymond nie stattgefunden hatten, selbst wenn sie zufällig von jemandem mitgehört wurden.
    Raymond streckte die langen Beine von sich. »Im Aktenkoffer.«
    Chaffey machte ihn auf: druckfrische Travellerschecks neben einem Bündel 100-Dollar-Scheine. »Zwanzig Cent den Dollar«, sagte er.
    Raymond änderte seine Sitzposition. Das alte, spröde gewordene Leder des Sessel knarzte unter ihm. »Ich habe gehofft, dass die fünftausend und die Schecks die zehn Riesen aufwiegen, die ich dir schulde.«
    Chaffey schloss den Aktenkoffer. Er stieß ein kurzes Lachen hervor. »Na schön, aber ich denke, du bist mir noch einen Gefallen schuldig. Ich kann zwei Jobs für dich klarmachen, der eine bringt fünfzehn Riesen, der andere hundert.«
    Raymond sah ihn prüfend an. »Hundert Riesen? Was muss ich dafür tun?«
    Â»Es gibt da einen Klienten, der bereit wäre, hunderttausend Dollar für eine Gemäldesammlung zu berappen.«
    Â»Wo befinden sich die Gemälde?«
    Â»Im Moment hängen sie noch in der Technischen Universität in West Heidelberg«, sagte Chaffey.
    Die folgenden zehn Minuten dozierte er über den Job
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