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Nie wieder Ferienhaus

Titel: Nie wieder Ferienhaus
Autoren: Bernd Stelter
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Schritte weiter an den Strand.
    Ich drehte mich um, und ich sah diesen prächtigen weißen Bau vor mir. Heute könnte man hier Psycho IV drehen. Aber vor meinem geistigen Auge hatte ich Anne im Arm, wir standen im Ballsaal des Hotels auf der Tanzfläche, das Streichorchester spielte Tulpen aus Amsterdam , sie trug ein viktorianisches Ballkleid, oder hieß das hier julianisch?
    Ich trug einen Frack, und wir schwebten im Walzertakt über die Tanzfläche.
    Tristan wollte ein Eis. Traum vorbei! Ballnacht mit zwei Kindern, die gerne Eis aßen, war eh nicht so traumhaft.
    Was musste dieses Haus für Tage erlebt haben, und warum fand sich niemand, der hier mal ein paar Millionen reinsteckte und den ganzen Zauber wieder zum Leben erweckte? Es würde Domburg gut tun.
    Wir kamen wieder an dem alten Mann mit seinen Parktickets vorbei. »Warum wird das Hotel nicht renoviert? Es gibt doch kein schöneres Haus weit und breit!« – »Schwamm! Es ist der Schwamm in allen Balken! Man kann es nicht mehr renovieren. Nur noch abreißen! Aber irgendwie traut sich das keiner. Vielleicht lassen sie es stehen, bis es zusammenfällt! Da vorne bauen sie jetzt ein neues Badhotel mit allem Luxus!«
    Die Kinder wollten jetzt endlich ein Eis. Wir sind in den Ijsvogel gegangen. Noch so ein Punkt, warum man gerne in Domburg ist. Und noch so ein Punkt, warum man gerne in Domburg isst!
    Beim Espresso sagte Walter: »Und das neue Hotel wird auch bald vermodern, wenn Leute wie ihr lieber campen fahren!«
    Ich kannte ihn jetzt seit zwölf Jahren, und ich wusste immer noch nicht, wo bei ihm die Frotzelei aufhörte und die Kritik anfing. Er grinste sein typisches Walter-Grinsen. Es war doch nur Frotzelei.
    Aber dann verließ ihn sein Grinsen: »Domburg ist nicht mehr das, was es mal war! Was hat der Alte gesagt: Sie bauen ein neues Hotel mit allem Luxus!«
    Ja, das hatte er gesagt! Aber er hatte auch gesagt: »Man kann es nur noch abreißen, aber irgendwie traut sich das keiner! Vielleicht lassen sie es stehen, bis es zusammenfällt!«
    »Matjes?« Seine Züge hellten sich wieder auf.
    »Und einen Genever !«

Die unausgesprochene Frage
    Ich weiß nicht mehr so genau, welcher Tag in diesem Urlaub jetzt besonders schön war. Aber ich weiß: Der Tag in Domburg gehörte dazu! Anne und Annemie stand der Sinn nicht unbedingt nach Matjes und schon gar nicht nach Genever , aber es war Sommerschlussverkauf.
    Und wenn die tollen Klamotten schon mal fünfzig Prozent reduziert waren, dann konnte man ja auch mal ein paar Sachen kaufen, die man überall gebrauchen konnte, aber sicher nicht auf einem Campingplatz.
    Anne hatte ein schwarzes Schlauchkleid gekauft und, weil die falsche Unterwäsche sich unter diesem Kleid bestimmt abmalen würde, noch ein Nichts von einem BH und einen String, der im Fernsehen unter die freiwillige Selbstkontrolle gefallen wäre.
    Walter und ich hatten mit den Kindern die Trampoline aufgesucht. Zehn Minuten, ein Euro. Das war zwar noch teurer als der Parkplatz, aber es machte den beiden auch ungeheuren Spaß – Parken nicht unbedingt.
    Abends saßen wir draußen neben dem blaugelben Windschutz, der Sonnenschirm verhinderte, dass der Tisch vom Tau feucht wurde, und die Kinder waren im Bett.
    »Man kann das mal machen, aber für mich wäre das kein Urlaub!« Annemie war eine großartige Schwiegermutter, und was ich am meisten an ihr mochte, war ihre gottverdammte Ehrlichkeit!
    »Das Frühstück machst du selber! Die Betten machst du selber! Wenn du ehrlich bist: Erholung ist was anderes!«
    Wir tranken einen Rotwein aus einer komischen krummen Flasche, der im Meermarkt zwei Euro siebzig kostete, der mir wirklich gut schmeckte und den ich zu Hause wohl sofort in den Gully gegossen hätte.
    Anne sagte: »Ja, aber Urlaub haben Eltern doch nur, wenn auch die Kinder Urlaub haben. Wir haben ja auch schon tolle Ferienhäuser gemietet. Und die beiden haben sich gelangweilt. Es gibt nichts Schlimmeres im Urlaub als gelangweilte Kinder!«
    Verdammt, das war mein Argument! Ich hätte es gerade jetzt vorgebracht, wenn ich nicht genau in dem Moment zwei Chips mit dem Zwei-Euro-siebzig-Wein hätte runterspülen müssen.
    Es machte mich misstrauisch, dass der Satz von Anne kam. Sollte ich gerade irgendetwas merken? Sollte ich merken, dass ich das ungeheure Glück hatte, mit einer Frau verheiratet zu sein, die fantastisch aussah in einem schwarzen Kleid, das sie niemals auf einem Campingplatz würde gebrauchen können?
    War das jetzt nicht der pure
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