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Nie wieder Ferienhaus

Titel: Nie wieder Ferienhaus
Autoren: Bernd Stelter
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Prinzessin lagen in ihren Kissen und schliefen.
    Anne hatte die Füße hochgelegt, sie hatte sich ein Buch geholt. Ich musste nicht nachschauen, was für ein Buch. Sie entspannt mit psychopathischen Serienkillern am besten. Das Buch war noch geschlossen, aber die Tafel Schokolade war schon aufgerissen. Ich soll sie immer daran erinnern, dass sie keine Schokolade essen will. Sie möchte nämlich immer noch das kleine Bäuchlein loswerden, das als Erinnerung an zwei Schwangerschaften übrig geblieben ist.
    Doch sollte ich so diesen Tag beschließen? Mit dem Satz: »Liebling, du wolltest doch keine Schokolade essen!«? Sie hätte wahrscheinlich gesagt: »Ja, danke, du hast Recht!« Dann hätte sie ihr Buch genommen, und sie wäre ins Bett gegangen. Genau das wollte ich nicht. Ich wollte ihr zusehen, wie sie den Kopf auf die Sofalehne legt, als betrachtete sie den Himmel über Dänemark.
    Das konnte sie natürlich nicht. Sie hätte vielleicht die weiß gestrichene Decke unseres Traumhauses betrachten können, aber auch das nur mit geöffneten Augen. So träumte sie sehr wach, kaute an einem Stück Kaffee-Sahne-Schokolade und lächelte dabei, als hätte sie gerade das Glöckchen gehört, weil das Christkind vor der Tür steht.
    Ich mag es, wenn sich der Haaransatz an den Schläfenbeim Kauen bewegt. Ich mag auch das Bäuchlein. Ich werde sie niemals an ihre diversen Diäten erinnern! Ich glaube, wenn sie Schokolade isst, dann liebe ich sie am meisten!
    Sie öffnete die Augen und nahm das Buch zur Hand, schlug es aber nicht auf. »Woran liegt das eigentlich, dass wir hier die einzigen Leute in der ganzen Siedlung sind?«
    Ha, da war er, der Haken, aber immerhin hatte es vier Tage gedauert, ihn zu finden. Warum sind wir hier die einzigen Leute in der Siedlung? Wir konnten diese Frage nicht beantworten, aber es war auch erst Donnerstagabend. Und diese Frage lässt sich in Holl mit einem Strich durch das o nun mal an Donnerstagen nicht beantworten.
    Am Freitagnachmittag, da erfährt man das dann. Denn am Freitagnachmittag kommen die Besitzer der umliegenden Traumhäuser, um ihr Wochenende darin zu verbringen.
    Diese Besitzer haben übrigens keine Kinder. Wahrscheinlich ist das in Dänemark wie in anderen Ländern auch. Kinder sind teuer, und wenn die Kinder aus dem Haus sind, dann kann man sich das Haus leisten. Das ist wie mit dem Porsche, auch der Porsche ist teuer, und wenn man ihn gebrauchen kann, weil man ein flotter, potenter Feger ist und mit dem notwendigen Coolnessgrad ausgerüstet, um in einem Porsche so richtig klasse auszusehen, dann kann man ihn sich nicht leisten.
    Aber wenn man die sechzig überschritten hat, wenn kein oberes Haupthaar bei Cabriofahrten dem Windtrotzt, wenn der Ischias eigentlich nach einem Auto verlangt, in das sich leichter einsteigen lässt, dann kann man sich vielleicht so ein Auto leisten. Man sieht dann in dem Wagen nicht mehr so klasse aus, aber wenigstens fühlt man sich dann so!
    Holl mit dem Strich im o war nur am Wochenende bevölkert – von älteren dänischen Ehepaaren. Von kleinen Spielkameraden war weit und breit nichts zu sehen. Unserem Drei-Wochen-Arbeitsvertrag als Vierundzwanzig-Stunden-Animateure der eigenen Kinder stand nichts mehr im Weg. (Das ist auch gut so, denn irgendwann haben die das Abitur, sind aus dem Haus und dann ist man selber der Dumme.)
    So ein Schwimmbad lässt als Anziehungspunkt für kleine blonde Kinder ziemlich schnell nach, wenn man es jeden Tag haben kann. Der Whirlpool war für Tristan schon mal überhaupt nichts. Das Gerät war wirklich groß genug für die ganze Familie, wie sich das so gehört für ein Traumhaus. Aber als wir dann drinsaßen und fröhlich vor uns hinblubberten, weigerte er sich beharrlich, mit reinzukommen.
    Wir konnten uns seiner Argumentation allerdings nicht entziehen. Sein »Ich will nicht kochen!« war einfach so überzeugend, dass wir uns zur Freizeitgestaltung schon noch ein paar Alternativen überlegen mussten.
    Genau das dürften die Dänen geahnt haben. Ich glaube, nirgendwo sonst auf der Welt gibt es eine solche Dichte an Zoos, Aqua-Zoos, Tierparks und Vergnügungszentren, die nur darauf warten, dem Familienoberhaupt sechs Euro für ein Bier abzuknöpfen!
    In einer einzigen Woche waren wir im Kategatt-Center zum Haiegucken, im Zoo von Odense mit den Elefanten und den lustigen Äffchen und im Legoland in Billund.
    Die entsprechenden Autofahrten brachten immerhin den nicht zu unterschätzenden Vorteil mit sich, dass unsere
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