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Nie wieder Ferienhaus

Titel: Nie wieder Ferienhaus
Autoren: Bernd Stelter
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brauchte, nein! Vor seinem Vorzelt stand in frischem Glanz eine Gazelle Impala in zartem Lila, alle Chromteile blank poliert; der Gepäckträger, den er doch ziemlich ramponiert bei einem seiner Streifzüge zum Metallmüll erobert hatte, sah nun, schwarz lackiert, fast wie neu aus. Die Gummihaltebänder über dem Gepäckträger waren entweder neu oder so gut eingefettet, dass sie neu aussahen.
    Ich konnte nur ganz ehrlich gratulieren. Es war ein Meisterwerk. »Im nächsten Urlaub werde ich für Josie ein Damenfahrrad finden!«
    Das war Norbert, er würde das Damenrad nicht suchen, er würde es finden!
    Über solchen Großereignissen konnte man schon mal vergessen, das Handy auszuschalten. »Walter konnte früher weg, wir sind in einer Stunde bei euch auf dem Campingplatz!«
    Tristan und Edda warteten an der Schranke auf Oma und Opa. Johnny wollte gerade den Supermarkt auf dem Campingplatz schließen, aber man ließ mich noch eben rein, um ein mittelschweres Festmahl einzukaufen.
    Wir saßen draußen, es war ein schöner, lauer Abend. Später sind wir noch einmal um den Platz gestiefelt. Annemie erzählte mir, dass es früher nebenan in Domburg ein Fischgeschäft gab, wo man wunderbaren frischen Matjes kriegen konnte. Und oben am Strand in Westkapelle, da gab es so einen Mini-Autoscooter, die Kinder mussten sich nur in die kleinen Autos setzen und aufs Gaspedal treten, und dann ging es immer im Kreis herum. Alle Kinder waren begeistert, nur Anne hatte immer gebrüllt wie am Spieß, weil sie nicht an das Gaspedal kam.
    Mitten in diesem Smalltalk sah ich plötzlich meine Chance am Abendhimmel heraufdräuen: Ich bot den beiden an, im Wohnwagen zu schlafen! »Das ist ein schönes breites französisches Bett, das ist lang und breit und bequem, und Anne und ich schlafen dann so lange im Zelt!«
    Annemie sagte nur: »Wir sind dreißig Jahre verheiratet! Da schleift sich so manches ein. Weißt du, wir haben mal, sogar noch vor unserer Hochzeit, Urlaub in Südfrankreich gemacht. Das war so ein ähnliches Zelt. Behaltet ihr ruhig euer französisches Bett. Ich glaube, wir werden uns auf der Luftmatratze so richtig wohl fühlen. Aber … vielen Dank für das Angebot!«
    Na ja, war auch egal. Die Kinder waren völlig groggy, Tristan hatte noch mit Walter aus Weidenästen Flitzebögen gebaut, Edda hatte Annemie die Melissa vorgestellt: »Das ist meine neue Freundin, die kommt aus Iserlohn!« Sie haben Oma und Opa noch schnell den kompletten Campingplatz erklärt und sind danach schon fast beim Waschen eingeschlafen. Walter und Annemie verschwendeten in unserem neuen Gästezimmer bestimmt keinen Gedanken mehr an uns, und wir lagen in unserem französischen Wohnwagenbett, endlich allein, endlich nüchtern, endlich diese knisternde Atmosphäre.
    Ich nahm sie in den Arm, ich küsste sie, ich streichelte ihre seidige Haut, ich schmiegte mich an sie, und sie sagte: »Nicht! Nicht, wenn meine Mama drei Meter neben uns liegt!«
    Wie war das mit dem Fluch, der auf unserer Tandem-Achse lag? O.K., also lesen. Ich kramte wieder einmal die Venezianische Scharade aus dem Regal, drehte die Lampe so, dass Anne nicht beim Einschlafen gestört wurde, ich schlug die Seite auf, die durch mein Lesezeichen – die sinnlose Stempelkarte vom Pannekoekenbakker – markiert war, und ich vertiefte mich in die Zeilen.
    »Brunetti schlüpfte neben sie unter die Decke, er spürte Paolas leichten Biss in seinem Hals … «
    Ich musste ja nicht lesen, aber einschlafen konnte ich auch nicht! Ich lauschte in die Nacht. Natürlich haben Wohnwagen dünne Wände, aber eines wurde mir beim In-die-Nacht-Lauschen klar: Ben und Ritje kannten unsere Probleme nicht!

Das schöne Hotel und der Zahn der Zeit
    Wenn das Wetter an diesem Morgen mitgespielt hätte, dann wäre unser Frühstück bestimmt ein bisschen lustiger ausgefallen. Der Platz neben dem traurig durchhängenden, nassen Windschutz, der unsere Frühstücksrunde beherbergen sollte, wurde gerade wieder besprüht und beregnet. Die Gummistiefel unterschiedlichster Größen standen fein säuberlich aufgereiht im Vorzelt.
    Wir waren bekanntlich stolze Inhaber französischer Ultraleicht-Campingstühle, und zwar von genau vier Stück. Wohlweislich hatten wir damals in Overath noch zwei Klapphocker mitgenommen, durchaus auch reißfest, aber doch eher so dimensioniert, dass von einem Mann meiner Ausmaße nur anderthalb Pobacken auf die Sitzfläche passten.
    Ich hatte das nicht für ein Problem gehalten, die Kinderpopos
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