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Nicht tot genug 14

Titel: Nicht tot genug 14
Autoren: Peter James
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Legte sich hin, umgeben von den Geräuschen des Tages, den Rhythmen, dem Puls und den Stimmen seiner Stadt. Der Stadt, in der er geboren war und in der er zweifellos auch sterben würde.
    Einer Stadt, die ihn nicht brauchte. Einer Stadt voller Geschäfte, deren Waren er sich nicht leisten konnte, voller Kunst und Kultur, die er nicht kapierte, voller Boote, Golfplätze, Immobilienmakler, Rechtsanwälte, Reisebüros, Touristen, Konferenzbesucher und Polizisten. Sie alle betrachtete er als Quelle fürs Überleben. Wer sie waren, interessierte ihn nicht. Es gab nur ihn und die anderen.
    Die anderen besaßen etwas. Besitz bedeutete Bargeld.
    Und Bargeld sicherte ihm das Überleben für die nächsten vierundzwanzig Stunden.
    Von den zwanzig Mäusen, die er für das Handy bekam, würde er ein Tütchen Brown Sugar oder Schnee kaufen – je nachdem, was gerade verfügbar war. Sprang noch ein Fünfer mehr dabei heraus, würde er ihn für Essen, Trinken und Kippen ausgeben. Und dann weiter stehlen.
    7
     
    DER TAG VERSPRACH einer jener seltenen, wahrhaft herrlichen englischen Sommertage zu werden. Selbst hier oben auf den Downs ging kein Lüftchen. Es war erst Viertel vor elf, doch die Sonne hatte bereits den Tau von den gepflegten Rasenflächen und Fairways des North Brighton Golf Club getrocknet. Es roch nach Geld und frisch gemähtem Gras.
    Auf dem Parkplatz schimmerte teures Metall in der Sonne, und außer dem gelegentlichen Piepsen einer wild gewordenen Alarmanlage hörte man nur das Summen der Insekten, das Klicken von Titan gegen Kunststoff, das Surren elektrischer Golfwagen, das Klingeln von Handys, die schnell zum Verstummen gebracht wurden, und den gelegentlichen Fluch eines Golfspielers, der einen miesen Schlag gelandet hatte.
    Hier oben kam man sich vor, als stünde man auf dem Gipfel der Welt. Nach Süden erstreckte sich die Stadt Brighton and Hove mit der Gruppe von Hochhäusern, dem einsamen Schornstein des Kraftwerks von Shoreham und dem meist grauen Wasser des Ärmelkanals, das heute jedoch blau wie das Mittelmeer glänzte.
    Im Südwesten erkannte man die Umrisse des hübschen Badeortes Worthing, während sich nach Norden hin weite Wiesen und Weizenfelder erstreckten. Mähdrescher, die wie Spielzeuge aussahen, malten Streifenmuster auf die Felder; andere waren schon abgeerntet und sahen mit den zylindrischen Strohballen wie riesige Schachbretter aus.
    Doch die Mitglieder des Golfclubs kannten die Aussicht so gut, dass sie ihr kaum noch Beachtung schenkten. Hier traf sich die gesellschaftliche Elite von Brighton und Hove – und jene, die sich dafür hielten –, aber auch viele Rentner, von denen etliche mehr oder weniger auf dem Golfplatz wohnten.
    Bishop, der am neunten Loch stand, schwitzte wie alle anderen, konzentrierte sich aber nur auf den glänzend weißen Golfball, den er soeben auf dem Tee positioniert hatte. Er beugte die Knie, schwang die Hüften, griff den Schläger fester und bereitete sich auf den Übungsschlag vor. Aus Prinzip erlaubte er sich immer nur einen Übungsschlag; er hielt viel von Prinzipien. Dann entdeckte er einen Marienkäfer, der plötzlich zu seinen Füßen gelandet war und keine Anstalten machte, wieder zu verschwinden.
    Seine Mutter hatte ihm etwas über Marienkäfer erzählt, dass sie angeblich Glück oder Geld brachten, obwohl er natürlich nicht abergläubisch war, jedenfalls nicht mehr als andere Leute auch. Er merkte, dass seine drei Partner ungeduldig wurden und die nachfolgenden Spieler das Green bereits betreten hatten. Er hob das rotschwarze Tierchen behutsam auf und brachte es in Sicherheit. Dann nahm er seine Stellung wieder ein und machte seinen Übungsschlag. Getroffen.
    Obwohl er an diesem Morgen hundemüde ins Clubhaus gekommen war, hatte er bislang ein Superspiel hingelegt. Drei unter Par bei den ersten acht Löchern. Seine Partner und die beiden Gegner trauten ihren Augen nicht. Sicher, er war kein schlechter Spieler und hielt seit Jahren sein Handikap von achtzehn, doch an diesem Morgen schien er eine Glückspille geschluckt zu haben, die seine sonst so ernste Stimmung wie auch sein Golfspiel völlig verwandelt hatte. Statt schweigsam und in sich versunken mit ihnen über den Platz zu traben, hatte er ein paar Witze gerissen und den anderen Spielern sogar auf den Rücken geklopft. Es schien, als wäre ein Dämon, der gewöhnlich in seiner Seele nistete, gebannt worden.
    Wenn er dieses Loch problemlos schaffte, hätte er an den ersten neun eine tolle Leistung
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