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Nicht tot genug 14

Titel: Nicht tot genug 14
Autoren: Peter James
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Brustkorb in den Bauch eingedrungen und hatte Wirbelsäule, Bauchschlagader und Harnleiter knapp verfehlt. Es wurden nur Fettgewebe und Muskeln verletzt, was operativ behoben werden könnte. Glenn blieb zehn Tage im Krankenhaus und erhielt danach Genesungsurlaub.
    In den vergangenen Monaten hatte Grace den Einsatz, der trotz aller Planungen und Vorsichtsmaßnahmen so schief gelaufen war, tagtäglich im Geiste durchgespielt. Zwar hatte ihn niemand deswegen kritisiert, doch er fühlte sich schuldig, weil einer seiner Leute angeschossen worden war. Und die Tatsache, dass Branson sein bester Freund war, machte es nicht besser.
    Am schlimmsten war jedoch, dass bei den Ermittlungen auch seine Mitarbeiterin Emma-Jane Boutwood, eine hochbegabte Polizistin, von einem Lieferwagen angefahren und schwer verletzt worden war und noch immer im Krankenhaus lag.
    Der Ausspruch des Philosophen Sören Kierkegaard, auf den er kürzlich gestoßen war, tröstete ihn ein wenig: »Verstehen kann man das Leben nur nach rückwärts, leben muss man es aber nach vorne.«
    »Ari«, sagte Glenn unvermittelt. »Mein Gott, ich kapiere das einfach nicht.«
    Grace wusste, dass sein Freund familiäre Probleme hatte. Das gehörte zum Beruf. Polizeibeamte hatten verrückte und unregelmäßige Arbeitszeiten. War man nicht gerade mit einem Kollegen verheiratet, schienen Probleme unvermeidlich. Sandy hatte nie etwas erwähnt, was natürlich nicht hieß, dass es ihr egal war. Wer weiß, vielleicht war sie sogar deswegen verschwunden. Hatte einfach genug gehabt.
    Branson trank noch etwas Brandy und hustete heftig. Dann sah er Grace aus großen, traurigen Augen an. »Was soll ich jetzt machen?«
    »Erzähl erst mal, was passiert ist.«
    »Ari hat genug, das ist passiert.«
    »Genug von was?«
    »Von mir. Von unserem Leben. Ach, ich weiß auch nicht.« Er starrte vor sich hin. »Sie hat alle möglichen Kurse belegt. Selbstverwirklichung und so weiter. Und sie kauft mir dauernd irgendwelche Bücher. Männer sind anders. Frauen auch und Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken, so was eben. Sie wurde immer wütender, weil ich so spät nach Hause komme und sie nicht zu ihren Kursen kann. Hockt immer mit den Kindern da. Klar?«
    Grace stand auf und schüttete sich noch einen Whiskey ein. Plötzlich sehnte er sich nach einer Zigarette. »Aber ich dachte, sie wollte, dass du zur Polizei gehst. Es war doch ihre Idee.«
    »Sicher. Und jetzt ist sie sauer wegen der Arbeitszeiten. Verstehe einer die Frauen.« »Du bist klug, ehrgeizig und machst Karriere. Begreift sie das nicht? Weiß sie denn nicht, wie viel deine Vorgesetzten von dir halten?«
    »Ich glaube, das ist ihr scheißegal.«
    »Das kann doch nicht sein, Mann! Glenn, du hast tagsüber als Wachmann gearbeitet und drei Nächte die Woche als Rausschmeißer. Wo zum Teufel sollte das enden? Du hast erzählt, dass du eine Art Erleuchtung hattest, als dein Sohn geboren wurde. Du wolltest nicht, dass er seinen Freunden in der Schule erzählt, dass sein Vater als Rausschmeißer im Nachtclub arbeitet. Du wolltest einen Beruf haben, auf den er stolz sein kann. Stimmt doch, oder?«
    Branson schaute in sein leeres Glas. »Klar.«
    »Dann verstehe ich nicht –«
    »Willkommen im Club.«
    Da Grace merkte, dass der Alkohol beruhigend auf Branson wirkte, goss er ihm noch einen Drink ein. Er erinnerte sich an seine Zeit als Streifenpolizist, in der er viele Familienstreitigkeiten erlebt hatte. Polizisten hassten es, wenn sie zu solchen Einsätzen gerufen wurden. Meist landeten sie in einem Haus, wo ein Paar aufeinander eindrosch, oftmals beide betrunken, und ehe man sich’s versah, bekam man einen Schlag ins Gesicht oder eins mit einem Stuhl übergezogen. Allerdings hatte Grace dabei auch etwas über Familienrecht gelernt.
    »Hast du Ari gegenüber jemals Gewalt angewendet?«
    »Du machst wohl Witze. Nie. Nie in meinem ganzen Leben«, entgegnete Glenn mit Nachdruck.
    Grace glaubte ihm. Branson würde keinem Menschen, den er liebte, Gewalt antun. In seinem mächtigen Körper steckte ein liebevolles, sanftes Gemüt. »Hast du eine Hypothek?«
    »Ja, ich und Ari haben zusammen eine aufgenommen.«
    Branson stellte sein Glas ab und begann wieder zu weinen. Nach einigen Minuten sagte er: »Mein Gott, ich wünschte, die Kugel hätte besser getroffen. Am besten mitten ins Herz.«
    »Sag doch so was nicht.«
    »Stimmt aber. Ich habe einfach keine Chance. Sie war sauer, als ich rund um die Uhr gearbeitet habe, und
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