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Nicht die Bohne!

Nicht die Bohne!

Titel: Nicht die Bohne!
Autoren: Kristina Steffan
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los.«
    Als ich mich endlich langsam aus dem Bett hieve, ist er schon fast fertig angezogen. Meine Schlafhose lasse ich einfach an und streife mir nur schnell ein frisches Shirt über. Dann sinke ich wieder auf den Bettrand, weil der nächste verheerende Tsunami über mich hereinbricht. Es raubt mir kurzfristig den Atem, und Simon packt mich von hinten an den Schultern.
    »Atmen, Frau. Dahin atmen!«, erklärt er resolut und legt seine Hand auf meinen steinharten Bauch. Woher weiß er das? Dann sagt er: »Du kannst mir nicht erzählen, dass du nicht schon vorher was gemerkt hast? Das geht jetzt ein wenig schnell.«
    Stumm schüttle ich den Kopf, während der Schmerz langsam abebbt. »Ich hatte nur Rückenschmerzen gestern Abend. Aber doch keine Wehen«, stoße ich keuchend hervor. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass diese Rückenschmerzen eine Art Vorhut waren. Ich erinnere mich schwach, so etwas mal in einem der klugen Ratgeber gelesen zu haben. Aber eins steht fest: Wenn das hier Wehen sind, möchte ich bitte ganz schnell Drogen. Viele Drogen. Das ist nicht zum Aushalten.
    Simon telefoniert schon wieder. »Wir brauchen einen Rettungswagen, meine Freundin hat verdammt heftige Wehen in verdammt kurzen Abständen«, informiert er vermutlich den Menschen, den man unter der 112 so erreicht. Er gibt die Adresse durch und legt auf. »Wir zwei schaukeln jetzt nicht noch im Auto durch die Gegend.«
    Während er mir mit einer Hand sanft den Rücken streichelt, sucht er mit der anderen nach der Geburtsliste. Auf der stehen die Telefonnummern der Menschen, die im Fall der Geburt informiert werden müssen. Lange Liste, kann ich nur sagen. Als Erstes stehen dort natürlich Andrea und Jutta, weil die ja bestenfalls noch vor dem Erscheinen der Bohne auftauchen sollten. Ich muss kurzfristig mit dem Denken aufhören und mich auf das Atmen verlegen.
    Simon hält mich an den Schultern, und ich atme so viel und so tief, dass mir ganz schummrig vor Augen wird. Aber es scheint ein klein wenig zu helfen. Ich bin weit davon entfernt, irgendetwas unter Kontrolle zu haben, aber es zerreißt mich nicht mehr ganz so heftig.
    »Geht los«, sagt Simon in sein Handy. »Ruf Andrea an. Und Mädels, gebt Gas! Die Bohne hat es eilig.«
    Im nächsten Moment hören wir das Martinshorn, und grellblaue Helligkeit blitzt in der dunklen Nacht vor dem Fenster auf.
    »Die bekommen alle einen Herzinfarkt«, jammere ich leise. Die Öko-Gang muss ja Schlimmstes befürchten, wenn des Nächtens ein Rettungswagen auf den Hof prescht. Entfernt höre ich Typhus und Herpes ein hysterisches Gebell anstimmen. Simon stopft mir ein Kissen in den Rücken und flüstert: »Ich muss denen kurz zeigen, wo wir sind, und aufpassen, dass die Hunde sie nicht fressen. Bin gleich wieder da, okay?«
    Ich nicke und lehne mich zurück. Argwöhnisch betrachte ich meinen Bauch. Ruhe. Ist das hier wie beim Zahnarzt? Der Vorführeffekt, oder was?
    Noch bevor mich jemand orangerot Gekleidetes erreicht, schießt Harry durch die Tür.
    »Alles okay«, rufe ich ihm entgegen. Ich muss die Gunst der wehenfreien Minuten nutzen und mich mitteilen. Wenn die nächste Wehe kommt, ist es aus mit der Kommunikation und vermutlich auch mit Harry, der dann umgehend an einem Schock sterben wird. Wie man von den Kaninchen her weiß, ist er nämlich sehr zartbesaitet, und ich vor seinen Augen mich im Wehenkrampf windend … nicht auszudenken.
    »Oh, ja, oh!« Harry springt um mich herum und sieht dabei sehr lustig aus. Er trägt eine grüne Schlafanzughose und ein wild gepunktetes Oberteil. Seine Haare befinden sich im totalen Ausnahmezustand. Ich bin beinahe erstaunt, dass sich seine übliche Katastrophenfrisur noch steigern lässt.
    »Ganz ruhig!«, beschwört er mich hektisch, während er wild mit den Armen vor mir herumfuchtelt.
    »Ich bin ruhig. Das ist nichts anderes, als wenn deine Kühe kalben, okay?« Leider überrollt mich im nächsten Moment eine Wehe, und ich muss mir eingestehen, dass es schon ein klein wenig anders ist. Seine Kühe brüllen sich nämlich nicht die Seele aus dem Leib. Ich schon.
    Dass die freundlichen Rettungssanitäter mit mir reden, bekomme ich erst eine gefühlte Stunde später mit. Dann nämlich, als die Wehe abebbt. Beherzt werde ich auf eine Liege gelegt und festgeschnallt. Die Kerle haben ja mal echt was zu schleppen an mir, denke ich mitfühlend und versuche mich ganz leicht zu machen.
    Auf dem Weg zum Rettungswagen eilen Edgar und Elena neben mir her. Beide sehr
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