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Nicht die Bohne!

Nicht die Bohne!

Titel: Nicht die Bohne!
Autoren: Kristina Steffan
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Stift + Zettel = Ruhe.
    Da meine vollgeschriebenen Blätter aber jeden Tag von unterschiedlichen Menschen abgeholt werden, die sie dann kurze Zeit später mit Haken versehen zurückbringen, gehe ich davon aus, dass die Listen einen Sinn machen.
    Doch wie vermutlich jeder Chef vor mir muss auch ich feststellen: Delegieren hat seine Tücken. Die ausführenden Organe haben ein Eigenleben, und das fließt in das Ergebnis mit ein.
    Im Klartext bedeutet das: Meine gesamte Babyausstattung ist jetzt schockrosa, da die ausführenden Organe Andrea und meine Mutter waren. Sogar die Babyschale, die ich eigentlich in einem freundlichen Dunkelblau bestellt hatte, ist plötzlich rosa mit kleinen pinkfarbenen Teddybärchen darauf. Mir gefriert das Lächeln im Gesicht, als die beiden mit stolzgeschwellten Mutterbrüsten das Ding hereintragen.
    »Oh!«, japse ich entsetzt und klappe schnell den Mund wieder zu, bevor ihm etwas Böses entfleuchen kann.
    »Ist die nicht süß?«, quietscht meine Mutter und wedelt mit einer grellpinken Schnullerkette vor meiner Nase herum.
    »Ja«, hauche ich und werde auch noch mit einem T-Shirt beglückt, auf dem »Super-Mom« steht. Alles rosa, versteht sich. Zum Glück kommt Tom in diesem Moment um die Ecke. Er begreift den Ernst der Lage umgehend.
    »Ihr verrückten Weiber!«, knurrt er. »Das Kind ist ja schon gestört, sobald es zum ersten Mal in diesem …«, er deutet angewidert auf die Babyschale, »… diesem Ding liegen muss.«
    »Halt’s Maul, Bruder!«, flötet Andrea und bewirft ihn mit einem rosafarbenen Strampler, worauf Tom stöhnend gegen die Wand taumelt. Hektisch zerrt er etwas aus seiner Hosentasche und wirft es mir zu. »Das ist für echte Bohnen!«, ruft er und schlägt sich mit der Hand aufs Herz. Ich fange das Ding und muss grinsen. Ein Schnuller. Nicht pink, sondern tiefschwarz mit einem Totenkopf drauf. Ja, so habe ich mir das vorgestellt.
    »Danke«, hauche ich glücklich, während ich mir das einzige nicht mädchenfarbene Teil meiner gesamten Baby-Ausstattung fest gegen die Brust drücke.
    Alina und Elena haben die Liste der noch anstehenden Arbeiten in meiner neuen Wohnung an sich genommen. Sie putzen, räumen Dinge ein, die ich vermutlich hinterher nie mehr wiederfinden werde, und fechten Kämpfe mit den festgeklebten Türen des Kleiderschrankes aus. Ich vermute, dass sie bei dieser Gelegenheit auch gleich noch meinen gesamten Hausstand auf seine biologische Wertigkeit untersuchen und das eine oder andere Teil kurzerhand entsorgen. Aber auch das ist nicht zu ändern.
    Mara kümmert sich um meine intellektuelle Bespaßung und versorgt mich nahezu täglich mit sämtlichen marktgängigen Zeitschriften, und Harry hat beschlossen, dass es mir guttut, wenn er mir und der Bohne täglich ein Kapitel aus Harry Potter vorliest. Wobei er die spannenden Stellen leider immer auslässt, da sie mich und die Bohne zu sehr aufregen könnten.
    Und so hockt unser Wald- und Wiesenork vor dem Sofa in der Werkstatt und liest mit stockender Stimme von Zauberern und anderen magischen Dingen, während Mara in Kostüm und High Heels danebensitzt und versucht, mir die neueste Kollektion von Prada schmackhaft zu machen. (In die ich allerdings frühestens zur Einschulung der Bohne passen werde, fünfzehn Kilo mehr waren es zuletzt auf der Waage.) Alle sind aufs Innigste um mein Wohlergehen bemüht, und was bedeuten dagegen schon eine rosafarbene Babyschale und der Verlust meines gesamten Vorrats an Tütensuppen?
    Das Sofa in der Werkstatt ist übrigens vorübergehend zu meinem Lebensmittelpunkt geworden. Morgens lege ich mich drauf, und abends stehe ich wieder auf, um ins Bett zu gehen. Dummerweise tut mir bereits nach vier Tagen der Rücken weh, und an Tag sechs fühle ich mich wie Antje das Walross, weil die mangelnde Bewegung und das gute Essen bestimmt an fünf der fünfzehn Kilo schuld sind.
    Aber ansonsten geht es mir gut. Es gibt keine weiteren Wehen, und meine kleine Bohne und ich treten mehrmals täglich in einen Zustand inniger Zwiesprache. An Tag eins des Sofa-Projekts hatte Jutta mir nämlich verschwörerisch zugeraunt: »Und das genießt du jetzt! Nie wieder wirst du deinem Kind so nahe sein, und nie wieder wirst du so viel Ruhe haben! Also entspann dich!«
    Simon hat zum Glück zurzeit nicht so viel zu tun, und wenn er doch mal an eine der großen Maschinen muss, werde ich kurzfristig in den Garten ausquartiert, wo die Maisonne mir bereits angenehm warm auf den Bauch scheint.
    Ansonsten
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