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Nibelungen 02 - Das Drachenlied

Titel: Nibelungen 02 - Das Drachenlied
Autoren: Alexander (Kai Meyer) Nix
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soll in Blut baden? In Drachenblut ?«
    »Warum nicht?« fragte Löwenzahn.
    »Ja«, sagte auch Mütterchen, »warum eigentlich nicht?«
    Alberich verzog kleinlaut das Gesicht. »Es stinkt.«
    Mütterchen lächelte gutherzig. »Sicher bist du bei all den Blutbädern, die du unter deinen Feinden angerichtet hast, schon das ein oder andere Mal im Blut gewatet.«
    »Natürlich, natürlich«, ereiferte sich Alberich eilig.
    »Dann sehe ich keine Schwierigkeit.«
    Alberich, dem der Gedanke noch immer sichtliches Unbehagen bereitete, suchte nach einem anderen Ausweg. »Ich kann den Hohlen Berg nicht unbewacht lassen.«
    »Nur einige Tage«, widersprach Mütterchen. »Es kann nicht weit von hier sein. Und bis die ersten Räuber hier eintreffen, mag gut und gern noch eine Weile vergehen. Niemand wird den Hohlen Berg und den Nibelungenhort aufs Geratewohl angreifen. Das erfordert Vorbereitungen, Pläne und Ränke. Nein«, schloß sie, »ich glaube, in den nächsten Tagen ist der Hort noch sicher, auch ohne dich. Außerdem hast du selbst gesagt, daß jeder Räuber sich in den Hallen der Berges unweigerlich verirren muß.«
    »Aber es ist mein Auftrag, den Schatz zu bewachen«, knurrte der Zwerg.
    »Ein Auftrag, den dir zuletzt dein Feind Siegfried erteilte. Sollte es dir nicht Gefallen bereiten, dich ihm zu widersetzen?«
    »Ich war schon Horthüter, als dieses Schwein noch gar nicht lebte.«
    »Doch heute bist du es nach seinem Willen.«
    Alberich verschränkte mürrisch die Arme. Er zog den goldbehelmten Kopf zwischen die Schultern und grummelte leise vor sich hin. »Drachenblut… der Xantener… hasse Reisen… aber die Magie«, war alles, was Mütterchen und die anderen verstehen konnten.
    Löwenzahn ergriff das Wort. »Auch ich will im Blute des Untiers baden. Dann werde ich Siegfried zum Schwertkampf fordern. Wir werden sehen, wer von uns der Stärkere ist.«
    »Überschätze dich nicht«, warnte Mütterchen. »Außerdem sollte es das Ziel unserer Reise sein, den Blutsee zu finden, nicht den Xantener zu jagen.«
    Alle versanken in brütendem Schweigen, unterbrochen nur von Alberichs brummelndem Selbstgespräch. Dabei starrte er verkniffen auf die leere Stelle auf dem Tisch, wo eben noch sein Krug gestanden hatte.
    Obbo erhob sich. »Noch ein Bier?« fragte er, denn er besann sich auf seine Pflichten als Wirt. Mütterchens Geschichte und der wagemutige Plan hatten ihn gründlich verwirrt.
    »Eines für mich«, sagte Löwenzahn, und auch Mütterchen bat um einen zweiten Krug.
    Alberich hielt sich zurück. Er schien das Für und Wider abzuwägen, denn sein Mienenspiel wirkte noch abweisender als sonst. Schließlich aber, als Obbo die verlangten Krüge brachte, sagte der Zwerg: »Nein!«
    » Nein !« fragten Mütterchen und Löwenzahn wie aus einem Mund.
    »Es geht nicht«, entgegnete Alberich. »Was, wenn all das nur Geschwätz ist? Wer weiß, ob der Xantener den Drachen wirklich besiegt hat? Mir bleibt keine Zeit, einem Hirngespinst nachzujagen.«
    Mütterchen seufzte. »Es ist kein Hirngespinst, und das weißt du. Uralt sind die Geschichten vom Drachen am Rhein und älter noch die Legenden vom Bad in seinem Blut. Außerdem hast du selbst erfahren, was für ein Gegner der Xantener ist. Nur ihm allein konnte es gelingen, das Untier zu schlagen.«
    »Es gibt viele Geschichten über Siegfried«, setzte er dagegen, »und nicht alle sind wahr.«
    »Die meisten sind es«, erwiderte Mütterchen. »Mag er dich und die Nibelungen geschlagen haben, durch Tücke oder Kraft, so ist er doch nicht weniger Held.«
    »Ein Held, pah!« spie Alberich aus. Und dann verfiel er wieder in leises Grummeln, was bedeuten mochte, daß er abermals grübelte.
    Im selben Moment schrie Löwenzahn: »Dort, am Fenster!«
    Er sprang auf und stürzte zur Waffenkiste. Die drei anderen blickten alarmiert nach draußen. Einen Moment lang war ein Schemen zu sehen, ein Gesicht vielleicht. Dann huschte es davon und war verschwunden.
    Löwenzahn hatte derweil seinen Bihänder aus der Truhe gerissen und stürmte damit zur Tür. Fluchend bückte er sich unter dem niedrigen Rahmen hindurch und rannte ins Freie.
    Die drei anderen blickten sich ratlos an.
    »Aber das war nur der Geist«, meinte Obbo gelassen.
    »Vielleicht hätten wir Löwenzahn davon erzählen sollen«, sagte Mütterchen.
    »Er hat nicht mehr Hirn in seinem Hunnenschädel als der niederste Erdwurm«, schimpfte Alberich.
    Dann saßen sie wortlos da und warteten auf Löwenzahns Rückkehr.
    Der Riese
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