Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nibelungen 02 - Das Drachenlied

Titel: Nibelungen 02 - Das Drachenlied
Autoren: Alexander (Kai Meyer) Nix
Vom Netzwerk:
Nibelungenschlächter«, flüsterte Alberich tonlos.
    Mütterchen nickte. »Siegfried mußte nicht lange warten. Bald schon kroch der stinkende Wurm nach dem Wasser, und ein furchtbares Erdbeben hob an, so daß Siegfried fürchtete, die Grube würde zusammenstürzen und ihn lebendig begraben. Das Untier spie Feuer und Gift vor sich her, ohne den Feind zu bemerken. Schon wälzte sich sein Schuppenleib über das Loch hinweg, da rammte der Recke die Klinge nach oben und grub sie tief in die Eingeweide der Bestie. Der Drache wälzte sich im Todeskampf, und immer mehr Blut pumpte aus seinem Körper in das Versteck seines Gegners. Es gelang Siegfried gerade noch, das Loch zu verlassen, ehe das Untier sich abermals darüber wälzen und ihn zermalmen konnte. Schwanz und Schädel schlugen wild in alle Richtungen, die riesigen Kiefer schnappten ins Leere.
    Endlich aber lag der Drache still. Doch immer noch war ein Hauch von Leben in ihm. Mit tiefer Stimme fragte er: ›Wer bist du, und welches ist dein Geschlecht, daß du es wagst, mir mit solcher Kühnheit entgegenzutreten?‹ Und Siegfried sprach: ›Man nennt mich Siegfried, und ich wurde den Herrschern von Xanten als einziger Sohn geboren, den Fürsten Siegmund und Sieglinde.‹ Der Drache gab sich damit nicht zufrieden: ›Was trieb dich zu diesem Kampf? Weißt du nicht, daß alles Volk mich fürchtet?‹ ›Mein Mut, meine Kraft und meine starke Rechte verlangten, sich mit dir zu messen‹, erwiderte Siegfried stolz. ›Mein Schwert Balmung tat das seine, dir all deinen Schrecken zu nehmen.‹«
    Alberich zog eine Grimasse. »Solch ein Großmaul! Nur das Schwert war es, nur Balmung, das ihn den Drachen bezwingen ließ. Das Schwert, das er aus meinem Hort gestohlen hat!«
    »Balmung gehörte den Nibelungen?« fragte Löwenzahn überrascht, bekam aber keine Antwort.
    Mütterchen holte Luft. »Endlich war der Drache tot. Das Feuer in seinen Augen verging, und kein Gift und keine Glut schossen mehr aus seinem Maul. Allein sein Blut, viele, viele Fässer voll, ergoß sich hinab in die Grube des Recken, und Siegfried selbst war über und über davon besudelt. Er erinnerte sich an die alte Mär vom Drachenblut, und daß es dem, der darin badet, die Unverwundbarkeit schenkt. Flugs entstieg er seiner Kleidung und sank in die rote warme Flut, benetzte sich von oben bis unten. Und bald schon spürte er, wie sich ein unsichtbarer Hornpanzer über seine Haut legte, und keine Klinge, nicht einmal Balmungs scharfe Spitze, vermochte sie zu ritzen. So zog der Xantener glücklich von dannen, in der Gewißheit, daß keiner es je mit ihm aufnehmen könnte.«
    Alberich schlug vor Zorn mit der Faust gegen seinen Krug. Das Gefäß flog in weitem Bogen vom Tisch und zerbrach am Boden. »Das darf nicht wahr sein! Unverwundbar soll er sein, der Hund? Einst wird er lernen, wie unverwundbar er ist, wenn erst Alberichs Klinge ihn spaltet.«
    Obbo sah finster auf die Splitter des Tonkrugs, blieb aber auf seinem Platz. Wer mochte wissen, wie viele Krüge noch zerbrechen würden, ehe der Zwerg zur Ruhe kam?
    Löwenzahn runzelte unter seiner schwarzen Mähne die Stirn. »Wie aber soll diese Geschichte unserem Horthüter zugute kommen?«
    »Das würde ich auch gern wissen!« keifte der Zwerg.
    Mütterchen lächelte geheimnisvoll. »Fällt es euch wirklich so schwer zu begreifen?«
    Erstaunlicherweise war es Obbo, der sagte: »Das Blut! Du meinst das Blut, nicht wahr?«
    »Aber ja doch!« rief sogar Löwenzahn.
    Nur Alberich schaute verständnislos von einem zum anderen. »Blut?« fragte er verdutzt.
    »Es ist doch ganz einfach«, erklärte Mütterchen geduldig und machte dabei ihrem Namen alle Ehre. »Der Schutz der Tarnkappe ist dir verlorengegangen. Um den Hohlen Berg aber gegen die wilden Horden verteidigen zu können, die bald schon hier auftauchen werden, bedarf es einer neuen Magie.« Sie grinste. »Du, Alberich, mußt unverwundbar werden – genau wie dein Erzfeind Siegfried!«
    »Unverwundbar…?« Der Zwerg schnappte nach Luft. Er sah aus, als würde er gleich ein zweites Mal zusammenbrechen.
    »Natürlich!« meinte auch Löwenzahn. »Ich werde dich auf der Reise begleiten.«
    »Begleiten…?« stammelte der Horthüter fassungslos. »Reise?«
    »Zur Drachenheide«, sagte Mütterchen erregt. »Und auch ich will mit euch kommen. Es heißt, das Blut eines Lindwurms habe heilende Kräfte. Meine Gicht macht mir neuerdings zu schaffen.«
    »Ihr meint…«, keuchte Alberich, »ihr meint wirklich… ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher