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Neville, Katherine - Der magische Zirkel

Titel: Neville, Katherine - Der magische Zirkel
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daß ich jemand vergeben würde, der Leute wie mich mit Vergnügen ausgerottet hätte?» fragte Sam. Er saß an einen Sattel gelehnt und blickte ins Feuer. Dann stand er auf und zog auch mich auf die Beine.
    «Ich habe es gewußt», sagte er lächelnd.
    «Daß Wolfgang versucht hat, dich umzubringen?» entgegnete ich verblüfft.
    «Jetzt hältst du mich sicher für furchtbar edel, nicht wahr?» sagte Sam. «Aber das bin ich nicht. Leute wie er sollten nicht mit einem gebrochenen Bein und einem schnellen und schmerzlosen Tod durch Ertrinken davonkommen. Ich finde, sein hübscher arischer Name sollte richtig schmutzig werden, und er selbst sollte für den Rest eines langen Lebens ins Gefängnis wandern.»
    Wenn man Sams Verbitterung anzapfte, konnte man ganz schön fündig werden. Seine Hände lagen noch immer auf meinen Schultern. Er sah mich mit einem merkwürdigen Ausdruck an, als wir uns dort in der Mitte des Tipis neben dem Feuer gegenüberstanden.
    Ich schloß die Augen und dachte an ein anderes Feuer im Haus eines anderen Mannes und an das unlöschbare Feuer, das in mir angefacht worden war durch die Berührung und den Geruch jenes Mannes, über den wir eben gesprochen hatten und der für uns unwiderruflich erledigt war – eines Mannes, der so voller Haß war, daß er seinen eigenen Bruder in die Luft jagen wollte, denselben Bruder, der ihm später das Leben rettete, obwohl er von all dem gewußt hatte. Trotz Wolfgangs Beteuerungen seiner Liebe zu mir fragte ich mich heute, ob er mich jemals wirklich geliebt hatte. Ich fragte mich auch, ob ich ihn geliebt hatte.
    Als ich die Augen wieder öffnete, sah mich Sam so an, als suche er nach einer verborgenen Antwort auf eine unausgesprochene Frage. Ich erinnerte mich an seine Worte an jenem Morgen auf dem Berg: «Ariel, weißt du, wie gefährlich deine neue Freundschaft für uns werden könnte?» Hatte er es damals schon gewußt? Nun, ich hatte es inzwischen selbst herausgefunden.
    «Ich habe dich wirklich warnen wollen», sagte Sam. «Ich hatte keinen konkreten Verdacht, bevor ich in Salt Lake City war. Aber als ich dort anfing, zwei und zwei zusammenzuzählen anhand der Familienurkunden, und die Situation begriff – als mir klar wurde, daß der Mann, mit dem du zu tun hattest, dieser Wolfgang Hauser, möglicherweise derselbe war, der Theron Vane ermordet hatte –, wußte ich wirklich nicht, was ich tun sollte. Ich wußte, wie gefährlich es für mich werden konnte. Ich wußte, daß er hinter mir her war. Aber ich konnte nicht glauben, daß er dir etwas antun würde. Ich habe dir dann die Nachricht geschickt, mit ihm vorsichtig zu sein. Und gleichzeitig habe ich mir gedacht, du bist kein kleines Mädchen mehr, Sweetheart. Ich wollte wirklich, daß du tust, was für dich das Beste ist.»
    «Das war verdammt großzügig von dir», entgegnete ich mehr als nur ein bißchen wütend und enttäuscht. «Du hast wohl gedacht, es sei das Beste für mich, mich mit einem Mann schlafen zu lassen, mich gar in ihn zu verlieben, obwohl dieser Mann imstande war, uns beide umzubringen.»
    Sam zuckte wie unter einem Schlag zusammen, und ich erkannte, wie fest er die Augen vor der Tatsache verschlossen hatte, daß Wolfgang und ich ein Verhältnis gehabt hatten. Schließlich atmete er tief ein und sagte sehr ruhig:
    «Wenn du dich mit Alkohol oder Drogen vollgepumpt hättest, hätte ich dich auch das tun lassen, Ariel. Für deine Entscheidungen bist du selbst verantwortlich. Aber das hat nichts mit Liebe zu tun, und das weißt du. Liebe ist nicht etwas, das man mit jemand tun will.»
    «Ich bin mir gar nicht sicher, ob ich weiß, was Liebe ist», sagte ich, und ich meinte es ehrlich. Mir fiel Dark Bears Bemerkung ein, daß Sams Vater Earnest glaubte, er sei unfähig zu lieben. Vielleicht war ich für die Nez Percé auch schon eine Tote.
    «Ich glaube, ich weiß, was Liebe ist. Soll ich es dir sagen?» Sam sah mich immer noch forschend an.
    Ich fühlte mich so leer – aber ich nickte.
    «Ich glaube, Liebe ist das, wenn du weißt, daß ein Teil von dir der Mensch ist, den du liebst, und daß ein Teil von ihm in dir ist», sagte Sam. «Jemand, den du wirklich liebst, kannst du nicht benutzen oder manipulieren oder anlügen, weil du das alles auch dir selbst antun würdest. Klingt das vernünftig?»
    Ich war sprachlos. Aber ich wußte, daß er recht hatte. Ich hatte die intimste Beziehung, die man haben kann, mit einem Mann gehabt, dem ich nie getraut, dem ich nie freiwillig über irgend
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