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Never Knowing - Endlose Angst

Never Knowing - Endlose Angst

Titel: Never Knowing - Endlose Angst
Autoren: Chevy Stevens
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und Elch nach Hause kommen konnten. Am Abend rief Evan wieder an.
    »Geht’s dir besser, Schatz?«
    »Die Migräne ist weg – selber schuld, wenn ich so blöd bin, schon wieder meine Tabletten zu vergessen. Jetzt bin ich mit diesem Tisch im Verzug, und außerdem wollte ich diese Woche doch ein paar Fotografen anrufen und …«
    »Sara, du musst nicht alles sofort erledigen. Spar dir das mit den Fotografen auf, bis ich wieder da bin.«
    »Ist schon okay, ich kümmere mich darum.«
    In vielerlei Hinsicht bewunderte ich Evan, weil er immer so locker war, aber in den zwei Jahren, die wir jetzt zusammen waren, hatte ich gelernt, dass »das erledigen wir später« in der Regel bedeutete, dass ich mich irgendwann wie eine Irre abhetzte, um mal wieder etwas auf den letzten Drücker zu organisieren.
    Ich sagte: »Ich habe über die Sache mit meiner leiblichen Mutter nachgedacht.«
    »Und?«
    »Ich überlege, ihr einen Brief zu schreiben. Ihre Adresse ist nirgendwo aufgeführt, aber ich könnte ihn an die Universität schicken.«
    Evan schwieg einen Augenblick. »Sara … ich bin nicht sicher, ob das eine gute Idee ist.«
    »Sie will mich nicht kennenlernen, auch gut, aber sie könnte mir zumindest Infos zur medizinischen Familiengeschichte geben. Was ist mit Ally? Hat sie kein Recht, es zu wissen? Es könnte gesundheitliche Probleme geben, wie … wie eine Neigung zu Bluthochdruck oder Diabetes oder
Krebs
 …«
    »Schatz.« Evans Stimme klang sanft, aber fest. »Immer mit der Ruhe. Warum lässt du dich davon so fertigmachen?«
    »Ich bin nicht so wie du. Ich kann solche Dinge nicht so einfach wegstecken.«
    »Hör zu, du verrücktes Huhn, ich bin in dieser Sache auf deiner Seite.«
    Ich schwieg, schloss die Augen und versuchte zu atmen. Ich rief mir in Erinnerung, dass Evan die falsche Zielscheibe für meinen Zorn war.
    »Sara, tu, was du tun musst. Du weißt, dass ich dich unterstütze, egal, was passiert. Aber ich denke, du solltest die Finger davon lassen.«
     
    Auf der anderthalbstündigen Fahrt die Insel hinunter am nächsten Tag fühlte ich mich die ganze Zeit ruhig und zentriert und war zuversichtlich, das Richtige zu tun. Der Island Highway hatte für mich schon immer etwas Tröstliches: die anheimelnden Städtchen und Täler, das Ackerland, die flüchtigen Blicke auf den Ozean und die Bergketten an der Küste. Als ich mich Victoria näherte und durch den uralten Wald im Goldstream Park fuhr, dachte ich daran, wie Dad mit uns hierhergefahren war, damit wir die Lachse beim Laichen im Fluss sehen konnten. Lauren war entsetzt über die ganzen Möwen, die sich über die toten Lachse hermachten. Ich hasste den Geruch des Todes in der Luft, wie er sich in den Kleidern und der Nase festsetzte. Ich hasste es, wie Dad meinen Schwestern alles erklärte, meine Fragen jedoch ignorierte –
mich
ignorierte.
    Evan und ich haben überlegt, eines Tages in Victoria eine zweite Whale-Watching-Station zu eröffnen. Ally liebt das Museum und die Straßenkünstler am Inneren Hafen, und ich liebe all die alten Gebäude. Aber im Moment ist uns Nanaimo ganz recht. Obwohl es die zweitgrößte Stadt auf der Insel ist, hat man das Gefühl, in einer Kleinstadt zu leben. Man kann an der Strandpromenade am Hafen spazieren gehen, in der Altstadt shoppen und oben in den Bergen wandern, mit einem überwältigenden Blick über die Golfinseln – und das alles an einem Tag. Wenn wir mal wegwollen, nehmen wir einfach die Fähre zum Festland oder fahren zum Einkaufen nach Victoria.
    Wenn dieser Trip nach Victoria allerdings nicht gut ausging, würde es eine lange Heimfahrt werden.
     
    Mein Plan war es, den Brief mit der Bitte um Informationen in Julias Büro abzugeben. Doch als die Frau am Empfangstresen mir sagte, dass Professor Laroche gerade im Nachbargebäude eine Vorlesung hielt, war ich neugierig, wie sie wohl aussah. Sie würde nicht einmal wissen, dass ich da war. Anschließend könnte ich den Brief für sie am Empfang abgeben.
    Langsam öffnete ich die Tür zum Hörsaal und schlich hinein, das Gesicht vom Podium abgewandt. Ich fand einen Platz ganz hinten, kauerte mich hin und warf einen Blick auf meine Mutter. Ich kam mir vor wie ein Stalker.
    »Wie Sie sehen, variiert die Architektur der Islamischen Welt …«
    In meinen Tagträumen war sie stets eine ältere Version meiner selbst gewesen, doch während mir mein kastanienbraunes Haar in unbändigen Locken über den Rücken fiel, hatte sie ihre schwarzen Haare zu einem glatten Bob
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