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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie
Autoren: W Gibson
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»Wer ist’n das?« Sie zuckte mit den Achseln.
     
    »Willst du das Hovercraft haben?«, fragte sie. Sie waren jetzt vielleicht zehn Kilometer von Factory entfernt, und er hatte sich nicht umgesehen.
    »Ist das Ding geklaut?«
    »Klar.«
    »Verzichte.«
    »So?«
    »Hab gesessen. Autodiebstahl.«
    »Und wie geht’s deiner Freundin?«

    »Schläft. Sie ist nicht meine Freundin.«
    »Nein?«
    »Darf ich fragen, wer du bist?«
    »’ne Geschäftsfrau.«
    »Welche Branche?«
    »Schwer zu sagen.«
    Der Himmel über Solitude war hell und weiß.
    »Bist du deshalb gekommen?« Er tippte aufs Aleph.
    »Sozusagen.«
    »Und jetzt?«
    »Hab’nen Deal gemacht. Hab Mitchell mit dem Kasten zusammengebracht.«
    »Das war die, die umgekippt ist?«
    »Ja, das war sie.«
    »Aber sie ist gestorben …«
    »Es gibt sterben und sterben.«
    »Wie bei 3Jane?«
    Ihr Kopf bewegte sich, als hätte sie ihm einen kurzen Blick zugeworfen. »Was weißt du davon?«
    »Ich hab sie mal gesehen. Da drin.«
    »Tja, sie ist immer noch drin, aber Angie auch.«
    »Und Bobby?«
    »Newmark? Ja.«
    »Und was willst du nun damit machen?«
    »Du hast diese Dinger gebaut, stimmt’s? Den da hinten und die andern?«
    Slick schaute sich zu dem Richter um, der zusammengefaltet im Laderaum des Hovercraft lag, wie eine große, rostige, kopflose Puppe. »Ja.«
    »Dann kannst du also mit Werkzeug umgehen?«
    »Glaub schon.«
    »Okay. Ich hab’nen Job für dich.« Sie bremste neben einem zerklüfteten, schneebedeckten Schrotthaufen und brachte das
Hovercraft zum Stehen. »Irgendwo hier drin muss ein Bordwerkzeugkasten sein. Steig damit aufs Dach, hol die Solarzellen runter und bring Leitungsdraht mit. Montier die Zellen so an das Ding dran, dass sie die Batterie aufladen. Kriegst du das hin?«
    »Wahrscheinlich. Warum?«
    Sie ließ sich in den Sitz zurücksinken, und Slick sah, dass sie älter war, als er gedacht hatte. Und müde. »Mitchell ist jetzt da drin. Sie wollen, dass sie’n bisschen Zeit hat, das ist alles.«
    »›Sie‹?«
    »Was weiß ich? Irgendwer, irgendwas. Meine Geschäftspartner eben. Was meinst du, wie lange die Batterie hält, wenn die Zellen funktionieren?«
    »Paar Monate. Ein Jahr vielleicht.«
    »Okay. Ich versteck’s irgendwo, wo die Zellen Sonne kriegen.«
    »Was passiert, wenn du einfach den Saft abdrehst?«
    Sie langte hinunter und fuhr mit der Zeigefingerspitze an dem dünnen Kabel zwischen Aleph und Batterie entlang. Slick sah ihre Fingernägel im Morgenlicht; sie wirkten künstlich. »He, 3Jane«, sagte sie, während der Finger über dem Kabel schwebte. »Jetzt hab ich dich.« Sie ballte die Hand zur Faust und öffnete dann die Finger, als ließe sie etwas los.
     
    Cherry hätte Slick so gern erzählt, was sie alles zusammen tun würden, wenn sie nach Cleveland kamen. Er befestigte gerade zwei der flachen Solarzellen mit silbernem Klebeband an der breiten Brust des Richters. Das graue Aleph hatte er bereits mit einem Geflecht aus Klebeband am Rücken der Maschine angebracht. Cherry sagte, sie kenne eine Spielhalle, in der sie ihm einen Job als Techniker besorgen könne. Er hörte gar nicht richtig zu.
    Als er alles fertig hatte, drückte er der Frau die Fernsteuerung in die Hand.

    »Dann sollen wir jetzt wohl auf dich warten.«
    »Nein«, sagte sie. »Fahrt ihr mal nach Cleveland, wie Cherry gerade gesagt hat.«
    »Und du?«
    »Ich mach’nen Spaziergang.«
    »Willst du erfrieren? Oder vielleicht verhungern?«
    »Will endlich mal wieder allein sein, verdammt.« Sie probierte die Schalter aus, und der Richter bebte, tat einen Schritt nach vorn, dann noch einen. »Viel Glück in Cleveland.« Sie sahen ihr nach, als sie über Solitude davonging. Der Richter stapfte hinter ihr drein. Dann drehte sie sich um und rief zurück: »He, Cherry! Steck den Kerl bloß in die Badewanne!«
    Cherry winkte, dass die Reißverschlüsse ihrer Lederjacken klimperten.

44
    Rotes Leder
    Petal sagte, ihr Gepäck sei schon im Jaguar. »Nach Notting Hill wirst du nicht mehr zurückwollen«, meinte er, »also haben wir dir was anderes besorgt, in Camden Town.«
    »Petal«, sagte sie, »ich muss wissen, was mit Sally passiert ist.« Er ließ den Motor an.
    »Swain hat sie erpresst. Er hat sie gezwungen, jemanden zu kidnappen, und zwar …«
    »Aha. Nun ja«, unterbrach er sie, »ich verstehe. Ich würde mir an deiner Stelle keine Sorgen machen.«
    »Aber ich mache mir Sorgen.«
    »Sally hat es geschafft, sich elegant aus dieser kleinen Affäre zu ziehen,
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