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Neumond: Kriminalroman (German Edition)

Neumond: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Neumond: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Daniela Larcher
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Körpers abzeichnete.
    »Mal sehen«, gab Kern zur Antwort, nahm sich die Akte des Toten und überflog sie. »Wow«, sagte er dann, hob das Tuch an der Kopfseite hoch und ließ noch einmal ein »Wow« hören.
    »Wow«, sagte auch Nina, als sie sich ihren Assistenten genauer anschaute. »Was ist denn mit dir passiert?« Sie zeigte auf sein krebsrotes Gesicht.
    »Bitte keinen Vortrag«, bat er. »Ich war im Schafbergbad und hab vergessen, mich einzucremen.«
    »Ich hoffe, du hast After-Sun draufgetan. Wenn das anfängt sich zu schälen, siehst du aus wie ein Aussätziger.«
    »Ha ha«, raunzte Kern. »Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.« Er reichte ihr das Klemmbrett. »Immerhin sieht mein Gesicht besser aus als seins.« Er deutete auf den Leichnam.
    Nina warf einen Blick auf die Akte und schaute dann Kern mit einer hochgezogenen Augenbraue an. »Die Tatwaffe war ein Morgenstern? Im Ernst? Also so was ist mir bisher auch noch nicht untergekommen.« Sie schlug das Tuch zur Seite und begutachtete interessiert den Kopf des Toten, beziehungsweise das, was davon noch übrig war. »Tja«, murmelte sie, »immer wenn man glaubt, man habe schon alles gesehen, erlebt man eine Überraschung.«
    Kern hatte in der Zwischenzeit einen Fotoapparat geholt. Er machte ein paar Aufnahmen von der Leiche und fing dann vorsichtig an, die Kleidung des Toten zu entfernen. »Was haben Sie am Wochenende gemacht?«, fragte er seine Chefin, deren Teint so blass wie eh und je war. »Waren Sie gar nicht draußen?«
    »Bei der Hitze? Nicht ums Verrecken würde ich da freiwillig rausgehen.« Sie umrundete den Leichnam und begutachtete alle Extremitäten. »Ich war das ganze Wochenende hier und habe die klimatisierten Räume genossen. Klingt vielleicht langweilig, aber wenigstens ist mein Gesicht noch intakt. Was man von euch beiden nicht behaupten kann.«
    Kern, der mit seinen 26  Jahren um gut ein Jahrzehnt jünger als Nina war, feierte oft und gerne und ließ hie und da mal durchblicken, dass er ihren ruhigen Lebenswandel recht langweilig fand. »Schon gut. Sie haben ausnahmsweise gewonnen.«
    Nina schenkte ihm ein Lächeln. »An die Arbeit.« Sie zog ein kleines Diktiergerät aus der Tasche ihres Kittels, drückte auf ›record‹ und fing an hineinzusprechen: »Männlicher Leichnam. Zwischen 50 und 60  Jahre alt. Abwehrverletzungen an Händen und Unterarmen. Massives Schädeltrauma. Verursacht durch einen Morgenstern.« Sie sah Kern fragend an.
    Dieser hob eine Schachtel vom Boden auf und stellte sie vor Nina auf den Tisch. »Den hat die Polizei mitgeliefert. Damit wir einen Abgleich machen können, ob es sich wirklich um die Tatwaffe handelt.« Er öffnete die Schachtel, legte den Deckel zur Seite und betrachtete die mittelalterliche Waffe voller Faszination. Sie bestand aus einem Metallstab, an dessen Ende eine massive Kette angebracht war, an der ein dornenbesetzter Eisenball hing. Kern hielt ihn in die Höhe und ließ ihn vorsichtig hin und her schwingen.
    »Vorsicht, du siehst schon lädiert genug aus.« Nina nahm ihm die Waffe aus der Hand und verglich die Eisendornen mit den Spuren an der Leiche. »Ich glaube, wir haben unsere Tatwaffe. Wissen wir schon, wer das Opfer ist, und warum er ausgerechnet mit einem Morgenstern erschlagen wurde?«
    Kern blätterte im Polizeibericht. »Es wird angenommen, dass es sich um einen gewissen Balthasar Szepan handelt. 56  Jahre alt. Antiquitätenhändler. Da von seinem Gesicht nicht mehr viel übrig ist, müssen wir nach alten Narben, Tattoos oder anderen Identifikationsmerkmalen suchen.«
    Nina nickte und begutachtete den Mund des Toten. »Wenn wir nichts finden, können wir sicher eine Identifikation über die Zähne machen. Die sind noch ziemlich intakt.« Sie ließ sich von Kern ein Skalpell reichen. »Mein lieber Herr Szepan«, sagte sie, als sie zum Y-Schnitt ansetzte. »Dann wollen wir doch mal hoffen, dass wir dazu beitragen können, Ihren Mörder zu finden.«
     
     
     
     
     
    Leseprobe aus:
     
    Daniela Larcher
    Der Teppich
     
    Erscheinungstermin: Januar 2015

Impressum
    Covergestaltung: bürosüd°, München
    Coverabbildung: Plainpicture / Glasshouse
    Erschienen bei FISCHER E-Books
     
    © S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2014
     
    Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
    Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
    ISBN 978-3-10-401590-3



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