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Neumond: Kriminalroman (German Edition)

Neumond: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Neumond: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Daniela Larcher
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den Bruchteil eines Augenblicks, ließ sie ihre Maske fallen. Für die Dauer eines Wimpernschlags kam etwas Hässliches zum Vorschein, etwas Dunkles, Grausames, das unter ihrem adretten, korrekten Äußeren lauerte.
    Morell, der ein Auge für so etwas hatte, erschauderte, und plötzlich traf ihn die Erkenntnis wie ein Schlag. »Sie waren es, vor der Frau Hölzel sich gefürchtet hat – nicht vor Frau Gruber. Und Bertoni hat von Ihnen geredet, als er mir zurief, dass
sie
an allem schuld sei. Damit hat er gar nicht Schwester Sabine gemeint, sondern
Sie
. Aber warum?«
    Frau Hanauer antwortete nicht, doch er hatte sich bereits selbst auf die richtige Spur gebracht. »Die Gravur auf dem Ring. Für immer M. … Ihr verstorbener Mann, der einige Zeit hier verbracht hat … Manfred …« Langsam fügten sich die Puzzlesteine zusammen. »Jutta Zöbich hatte ein Verhältnis mit Ihrem Mann. Er wollte sie heiraten und Sie dafür verlassen. Darum musste sie sterben.«
    Frau Hanauer hörte sich alles seelenruhig an und verzog dabei keine Miene.
    »Und Sabine Weigl musste sterben, weil sie Ihnen ein Dorn im Auge war. Sie sah ähnlich aus wie Zöbich, hat sich sogar ähnlich gekleidet. Jeden Tag aufs Neue hat sie Sie an die Untreue Ihres Mannes erinnert«, sinnierte Morell laut weiter. »Das haben Sie irgendwann einfach nicht mehr ausgehalten.« Er schaute sie an, doch ihr Gesicht war noch immer so regungslos wie das einer Wachsfigur. »Dieses Mal waren Sie körperlich nicht mehr in der Lage, den Mord auszuführen, also haben Sie Dr. Bertoni manipuliert.« Er sah ihr jetzt direkt in die Augen. »Er war so oder so schon schrecklich zornig auf Schwester Sabine. Da war es sicher nicht schwer für Sie, noch ein paar Schippen draufzulegen und das Fass endgültig zum Überlaufen zu bringen.«
    Als sie immer noch nichts sagte, stand er auf, um Oliver anzurufen, doch plötzlich spürte er einen brennenden Schmerz in seinem Oberschenkel. Er schaute nach unten und sah, dass Hanauer ihm eine Spritze ins Fleisch gerammt hatte. »Aber …« Ihm wurde ganz übel und schwindelig, wobei er nicht sicher war, ob das vom Schreck oder von der Spritze herrührte. »Was haben Sie …?« Bevor er den Satz zu Ende sprechen konnte, hatte sie eine zweite Spritze unter ihrer Decke hervorgezaubert und stach ihm diese in den anderen Schenkel.
    Morell wollte weglaufen und um Hilfe rufen, doch die Übelkeit und der Schwindel wurden stärker, und er musste sich an der Bettkante festhalten, um nicht umzukippen. »Was haben Sie mir gespritzt? Was passiert mit mir?« Sein Herz begann zu rasen, und er griff sich mit der freien Hand an die Brust.
    »Insulin«, sagte Hanauer trocken. »Ihr Blutzucker sinkt gerade, Ihre Organe kriegen darum nicht mehr genügend Glucose und werden, eines nach dem anderen, eingehen. Und das Beste an der Sache – das Insulin wird in Ihrem Körper nicht nachgewiesen werden. Sie Ärmster. Alle werden einfach nur denken, dass Ihnen der Stress zu viel geworden ist. Kein Wunder. Schauen Sie nur, wie Sie aussehen. Völlig fertig. Völlig am Ende.«
    Morell konzentrierte sich, versuchte das Zittern, das Herzrasen und den kalten Schweiß zu ignorieren und bis zur Türe zu kommen. Nur durch die Tür. Nur bis auf den Flur. Dort würde ihn jemand finden und retten. Er war immerhin in einem Krankenhaus. Er holte tief Luft, nahm seine Kräfte zusammen und ließ die Bettkante los.
    Hanauer hatte anscheinend seine Gedanken erraten, denn gerade in dem Moment, als er losließ, rollte sie ihm von hinten in die Beine, so dass er längs auf den Boden knallte.
    Ein lautes Knacken signalisierte ihm, dass seine Nase den Sturz nicht heil überstanden hatte. Doch seine Nase war jetzt gerade sein kleinstes Problem.
    »Dreckige Flittchen waren das. Unmoralisch und krank. Alle beide. Röcke so kurz wie Stirnbänder, und allen Männern den Kopf verdrehen. Keine Rücksicht auf Ehefrauen und Familien.« Sie stellte ihren Rollstuhl so hin, dass er auf keinen Fall an ihr vorbei kriechen konnte. »Diese Sache mit der Zöbich, die war eigentlich gar nicht so geplant gewesen. Ich wollte einfach nur mit ihr reden. Von Frau zu Frau. Ihr klarmachen, dass sie Manfred nicht haben konnte – immerhin war er verheiratet und Vater eines Kindes. Darum habe ich mich mit ihr zu einem Waldspaziergang getroffen. Dieses selbstsüchtige kleine Miststück hat aber einfach nicht hören wollen.«
    »Also haben Sie sie erschlagen und in dem Bunker entsorgt.« Morell fiel das
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