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Grenzgaenger

Grenzgaenger

Titel: Grenzgaenger
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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    Eins
    Gabi entschuldigte sich jetzt schon zum vierten Mal dafür, dass die Gartenmöbel nicht zueinanderpassten. Toppe schwitzte. Er hatte sein Jackett schon gegen halb zehn abgelegt, als die letzten Gäste gekommen waren, trotzdem klebte ihm das Hemd am Rücken. Es war wirklich ungewöhnlich warm für Anfang Mai, und die Terrasse war einfach zu klein für die rund dreißig Leute, die sie eingeladen hatten. Man hatte kaum Platz, sich zu drehen, ohne jemanden zu berühren.
    Noch bis gestern hatte Gabi ihn damit verrückt gemacht, dass das Wetter umschlagen könnte und sie die Einzugsfete nach drinnen verlegen müssten – der neue schöne Cottoboden! Zehn Minuten, bevor die ersten Gäste kamen, hatte sie noch ein letztes Mal aufgewischt, denn Toppe hatte beim Bierfassschleppen vergessen, sich die Schuhe an der Haustür auszuziehen, und überall Lehmabdrücke hinterlassen. Nun ja, das würde sich auch noch ändern, wenn der Eingang erst mal gepflastert war, demnächst.
    «Soll ich Ihnen ein Bier mitbringen, Herr Toppe?» Astrid Steendijk, die im letzten Jahr als Praktikantin bei ihnen gearbeitet hatte, griff nach seinem leeren Glas. Ihr machte die Wärme ganz offensichtlich nichts aus.
    «Nein, lassen Sie nur, Astrid, ich komme mit.»
    Gemeinsam zwängten sie sich zum Fass durch.
    «Ab Montag bin ich wieder bei Ihnen im KI. Ich freu mich schon drauf.»
    Toppe füllte zwei frische Gläser und reichte ihr eins.
    «Ja, ich freue mich auch.»
    «Schön ist Ihr Haus geworden, gefällt mir. Wer war denn der Architekt? Van Wickeren?»
    Er nickte.
    «Das sieht man immer irgendwie, finde ich. Und was haben Sie mit dem Garten vor?» Sie deutete auf die beiden frisch angeschütteten Berge Muttererde.
    «Na ja, viel Wiese und Obstbäume, ein paar Sträucher und Beete vielleicht. So genau haben wir uns das noch nicht überlegt.»
    «So einen Naturgarten? Das find ich gut. Ist ja auch schön groß, das Grundstück. So würde ich auch gern mal wohnen.»
    Jemand legte Toppe von hinten die Hand auf die Schulter. «Helmut.»
    «Ja? Ach, du, Norbert.»
    «Ich fürchte, da kommt was auf dich zu.» Van Appeldorn grinste und wies mit dem Kinn auf Ackermann, den Kollegen vom Einbruchsdezernat, der am anderen Ende der Terrasse an einem Tisch saß und just in diesem Moment mit seinem Ehering gegen sein Altglas klopfte. Das Gemurmel der anderen Gäste verstummte so plötzlich, als hätte jeder nur darauf gewartet. Ackermann sprang auf und krähte: «Tätää, tätää, tätää … wir wollten et uns nich’ nehmen lassen, Herr Toppe, die Kollegen un’ ich, und deshalb ham wer alle zusammengeschmissen, auch für Ihre Gattin, weil wer dachten, so wat haben Sie bestimmt noch nich’ in Ihre Sammlung, wie man so schön sagt, und deshalb – Franz!»
    Aufs Stichwort kamen in diesem Augenblick zwei Kollegen aus dem Wohnzimmer und trugen einen seltsamen schwarzen Gegenstand zu Toppe hinüber.
    Toppe schluckte.
    «Wunderschön», hörte er seine Schwiegermutter hauchen.
    Es war ein schmiedeeiserner Fußabtreter: ein magerer Dackel mit einem Schild in der Schnauze, auf dem in verschlungenen goldenen Buchstaben ‹Herzlich willkommen› glänzte. Toppe schaffte es irgendwie, ein Lächeln hervorzuzaubern, und versuchte, sich mit ausgestreckter Hand zu Ackermann durchzudrängeln. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Gabi das Geschenk überschwänglich bewunderte.
    «Nee, nee, Momentchen noch», winkte Ackermann ab. «Wir haben nämlich noch wat … Alles klar, Jungs? ’n kleines Ständchen, sozusagen … un’ eins … un’ zwei:
    Toppe ist unser bester Freund.
    Lustig wird’s immer, wenn er erscheint.
    Schön kann er bauen, wunderbar Haus,
    Wir wünschen Glück ihm zuhauf.»
    Toppe beneidete Gabi, die prustend in der Küche verschwinden konnte. Er musste hier stehen bleiben und durchhalten.
    Sein Freund Arend Bonhoeffer, der Pathologe aus Emmerich, grinste ihm von der Tür her frech ins Gesicht.
    «Bist du etwa auch daran beteiligt, Norbert?», presste Toppe zwischen den Zähnen hervor.
    «Sehe ich etwa so aus?»
    Als der Gesang verstummt war, herrschte sekundenlang Stille.
    «Wunderbar, Ackermann!» Van Appeldorn applaudierte. «Ganz wunderbar! Und jetzt setz dich, Ackermann, und trink dir noch einen.»
    Und Ackermann setzte sich.
    Toppe trat van Appeldorn auf den Fuß.
    «Muss natürlich anständig einbetoniert werden, das Ding», hörte er seinen Schwiegervater dozieren. «Na ja, wenn man bloß noch so könnt, wie man will.
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