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Neukölln ist überall (German Edition)

Neukölln ist überall (German Edition)

Titel: Neukölln ist überall (German Edition)
Autoren: Heinz Buschkowsky
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sind Reinigungsgewerbe, Bauhilfsarbeiten, Transporte oder promotion assistent (Zettelverteiler). Die angebliche Gewerbetätigkeit öffnet ihnen den Zugang zum Sozialsystem, und so kommen sie meist als vielköpfige Familie gut zurecht. Einige erliegen auch den Verlockungen der Kriminalität. Wie das immer so ist.
    Die Menschen leben in überbelegten Wohnungen, werden je nach Verweildauer mit Kopfmieten von 100 bis 300 Euro im Monat abgezockt, campieren im Freien und arbeiten für zwei bis drei Euro die Stunde, um die sie am Ende des Tages auch noch betrogen werden. Rechnen Sie mit mir mit: 20 Köpfe mal 100 Euro in einer Wohnung ergibt 2000 Euro pro Monat. In einem Jahr sind das 24   000 Euro Einnahmen aus einer einzigen Wohnung. Wenn das Haus mit Seitenflügel über 20 Wohnungen verfügt, ergibt das 480   000 Euro Mieteinnahmen für Substandard, den sonst keiner akzeptieren würde. Ich habe Ihnen nur die Minimalvariante vorgerechnet. Für ein Haus mit »Dauergästen« kommen schon mal 1   440   000 Euro im Jahr zusammen. Man kann also mit den Roma »prima« Geschäfte machen. Das passiert auch reichlich. Für das Ausfüllen eines Kindergeld- oder Hartz- IV -Antrages werden bis zu 2000 Euro aufgerufen. Die Begleitung zum Amt kann schon einmal 500 Euro Freundschaftssalär auslösen. Es gibt in jeder Ethnie Typen, die sich noch an den Ärmsten gesund stoßen.
    Ich spreche das Thema an dieser Stelle bewusst an, obwohl es mit der originären Integrationspolitik eigentlich nichts zu tun hat. Wir dürfen nicht die gleichen Fehler ein weiteres Mal machen. Die Roma werden nicht wieder zurückgehen. Sie werden bleiben und sagen das auch ganz offen. Eine sehr große Mehrheit dieser EU -Einwanderer spricht kein Deutsch. Wenn wir nicht das Entstehen einer weiteren Parallelgesellschaft stillschweigend fördern wollen, muss der Fokus auf der Vermittlung der deutschen Sprache liegen. Das heißt: Sprach- und Integrationskurse für Bulgaren und Rumänen. Es bedeutet Beschulung der Kinder, und zwar vom Zeitpunkt ihres Eintreffens an. Die Kinder und Jugendlichen haben zum Teil noch nie eine Schule besucht und sprechen kein Wort Deutsch. In Neuköllner Schulen unterrichten wir inzwischen rund 700 eingewanderte Roma-Kinder. Jeden Monat kommt eine neue Klasse hinzu.
    Anderthalb Jahre haben wir gekämpft, damit unsere oberste Schulbehörde die sich erneut verändernde Schülerschaft überhaupt zur Kenntnis nimmt. Man hat uns sogar Lug und Trug vorgeworfen. Da müsse der Bezirk mit seinen vorhandenen Ressourcen eben flexibel umgehen. Wir sollten doch die Kinder ins »Sprachbad« der Regelklasse tun, lautete der kluge Ratschlag, als wir Sprachmittler für Rumänisch und Bulgarisch anforderten. Uns fehlt es heute massiv an Aushilfslehrern, die wenigen, die wir haben, sind meist nicht ausreichend qualifiziert. Und an Sprachmittlern, die sich um die Kinder in der Schule kümmern, um sie möglichst schnell schulfähig zu machen. Ich weiß nicht, wie viele Roma inzwischen in Neukölln leben. Gehe ich von unseren 700 Schülern aus und multipliziere diese Zahl mit drei Geschwistern und Papa und Mama, dann sind das gut 4000 Personen. Zuzüglich der Illegalen ist wohl von einer Größenordnung um 7000 bis 9000 Menschen auszugehen. Nehme ich allerdings die Zahl der »Gewerbebetriebe« und multipliziere sie mit fünf Personen, ergibt das schon 12   500. Nichts Genaues weiß man nicht.
    Im Land Berlin hat man nach zwei Jahren nun als Ad-hoc-Maßnahme Arbeitsgruppen eingerichtet, und vor Ort steppt inzwischen der Bär. Es gibt Probleme, insbesondere mit der türkischen und arabischen Nachbarschaft. Man mag sich nicht. Ich erspare Ihnen die kaum zu glaubenden Details. Nur eine kleine Geschichte, sie ist harmlos, aber symptomatisch. Mich fragte ein türkischstämmiger Imbissbetreiber, wie lange die in seiner Nachbarschaft zugezogenen Roma noch bleiben. Ich antwortete ihm: »Vermutlich sehr lange, denn sie sind eingewandert und bleiben hier. Als EU -Bürger haben sie das gleiche Recht hier zu leben wie Sie.« Ich dachte, der Imbissbetreiber lyncht mich. Er schrie mich an, dass er sich jede Gleichsetzung mit den »Zigan« verbitte. Er lebe seit 40 Jahren in Deutschland, arbeite hier und zahle Steuern. Dass ich ihn auf eine Stufe mit den Roma stelle, disqualifiziere mich als seinen Bürgermeister.
    Wenn ich öffentlich mehr Lehrer und mehr Geld fordere, erhalte ich E-Mails der deutschen Bevölkerung, warum ich das tue und ob ich nicht wisse, dass auch
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