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Neukölln ist überall (German Edition)

Neukölln ist überall (German Edition)

Titel: Neukölln ist überall (German Edition)
Autoren: Heinz Buschkowsky
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ein Riegel vorgeschoben werden mit allen Gesetzen und Maßnahmen, die heute vorhanden sind. Das Instrumentarium steht zur Verfügung. Es ist ausreichend und muss bei Bedarf konsequent angewandt werden. (…)
Klare Kante gilt es auch beim Thema Jugendgewalt zu zeigen oder bei Tendenzen, die Religion über das Recht zu stellen. Ja, es gibt Clans, die Deutschlands freiheitliche Gesellschaft für kriminelle Machenschaften ausnutzen. Ja, es gibt Milieus, die sich abkapseln. Ja, es gibt archaisch organisierte Familien, Gewalt und Unterdrückung. Gegen diese Strukturen gehen wir vor. (…) Nicht jede Kritik ist gleich rassistisch zu verstehen, nicht jeder Einwanderer ist heilig und will den ganzen Tag in seiner Nationaltracht Folklore aufführen. (…) Jede und Jeder ist an das Grundgesetz gebunden. Hier wird geregelt, was geht und was nicht geht. Ebenso klar ist, dass wir von Jeder und Jedem einfordern, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden und ihren Beitrag zu leisten. (…) Dort, wo das nicht geschieht, muss der Staat eingreifen. (…) Aus diesem Grund darf sich ein Staat nicht damit zufrieden geben, durch sozialstaatliche Maßnahmen Menschen zu alimentieren, oder sagen wir es etwas forscher: ruhig zu stellen.«
    Das sind starke Worte. Genauso wie sein Ansatz, die Integrationswilligkeit einzufordern und Mehrfachtäter abzuschieben.
    Der frühere Fraktionsvorsitzende der Berliner SPD und heutige Senator Michael Müller machte vor Jahren den Vorschlag, die Sozialleistungen zu kürzen, wenn Eltern ihren Pflichten nicht nachkommen. Der damalige GRÜNEN-Fraktionschef nannte das »populistischen Unsinn«. Die SPD -Abgeordnete und heutige Integrationssenatorin fand, dass Sanktionen nur die Atmosphäre vergiften. Inzwischen will sie aber Eltern in die Pflicht nehmen: Die Schulen sollen Zielvereinbarungen mit ihnen schließen, was ihre Pflichten sind. Und was machen wir mit den Eltern, die sich weigern, eine Vereinbarung zu schließen? Oder mit denen, die sie nicht einhalten? Ich vermute einmal, natürlich nichts.
    In Hannover will man seit 2011 andere Wege gehen. Dort fallen monatlich 200 Bußgeldverfahren wegen Schulschwänzens an. »Es geht darum, den Kindern mit 13, 14, wenn die Pubertät zuschlägt, nicht jegliche Bildungschancen fürs Leben zu nehmen«, sagt ein dortiger Jugendrichter. Deshalb will man, wenn Kinder mehr als 20 unentschuldigte Fehltage haben und massive Probleme in der Familie vorliegen, den Eltern das Sorgerecht in schulischen Angelegenheiten entziehen. Ich finde, mit meiner Drohung, das Kindergeld zu kürzen, bin ich dagegen noch recht human. Wer sagt aber eigentlich, dass es nicht auch Eltern gibt, die es schick finden werden, wenn sie das Sorgerecht für die Schule los sind? Prima, könnten sie denken, kümmert sich jetzt ein anderer darum.
    Bei dieser Gelegenheit sei erwähnt, dass den rund 2500 Bußgeldbescheiden in Hannover bei gut 500   000 Einwohnern rund 900 bis 1000 Bußgeldbescheide in Berlin bei 3,4 Millionen Einwohnern gegenüberstehen. Allerdings scheint Berlin aufzuwachen. Bereits 2011 teilte der Regierende Bürgermeister mit, dass die Eltern vom ersten Tag, an dem ihr Kind die Schule schwänzt, per Telefon, SMS und E-Mail informiert werden. Zum Schuljahr 2012/13 soll jetzt ein Testbetrieb dafür gestartet werden. Mit einer endgültigen Einführung ist frühestens 2013/2014 zu rechnen. Aber selbst diese Terminangaben sind noch mit einem dicken Fragezeichen versehen. Seien wir nicht zu streng und ungeduldig. Wenn es 2015 wird, ist doch auch gut. Für manche ist Schulschwänzen eben nur ein nachrangiges Problem, eine Art Kavaliersdelikt. Viel bemerkenswerter als die Zeitfrage finde ich etwas anderes. Wie man hört, will man die Eltern vorher darum bitten zuzustimmen, dass mit ihnen auf diese Art Kontakt aufgenommen werden darf.
    Also, wir fragen Eltern, ob sie es uns erlauben, ihnen mitzuteilen, dass ihre Kinder die Schule schwänzen. Es könnte ja schließlich sein, dass sie das nicht interessiert und sie in Ruhe gelassen werden wollen. Ist doch echt rücksichtsvoll, oder? Solange wir uns wie Waschlappen zur Schau stellen, kann man nur sagen: Lieber Gott, lass Abend werden.
    Schneller sollte nach meinem Dafürhalten aber der Unfug beendet werden, dass Eltern für ihre Kinder, die im Knast sitzen, Kindergeld bekommen. »Wie verrückt muss eine Gesellschaft eigentlich sein, die noch Kindergeld für Kinder zahlt, die andere halb totgeschlagen haben und im Knast sitzen« – so nochmals das
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