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Neukölln ist überall (German Edition)

Neukölln ist überall (German Edition)

Titel: Neukölln ist überall (German Edition)
Autoren: Heinz Buschkowsky
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Safety House in Tilburg und im Transfer Informatie Punt in Rotterdam bestehen. Eines ist dafür aber zwingend notwendig. Der Datenschutz in seiner bisherigen Form müsste novelliert werden. Es müssten zumindest, wie in den Niederlanden, Möglichkeiten geschaffen werden, durch öffentliche Verträge einen Datenfluss zwischen den beteiligten Stellen zu gewährleisten.
    Unter dem Stichwort Ordnungsprinzipien will ich einige kurze Bemerkungen zum Thema Kopftuch- und Burkaverbot machen. Beide Bekleidungsstücke für Frauen halte ich für entbehrlich. Sie passen nicht nach Mitteleuropa und auch nicht in unsere Zeit. Sie sind Sendboten einer Geschlechterhierarchie und des Eigentumsrechts des Mannes über die Frau. Aus diesen Gründen lehne ich beides ab. Bei Schulkindern sagt mir mein Gefühl, dass man es zumindest in der Grundstufe verbieten sollte. Auch im hoheitlichen Bereich der Verwaltung haben derartige Bekennerutensilien einer anderen Gesellschaft als der unsrigen nichts zu suchen. Man kann sich nicht in Distanz zu einer Gesellschaftsform begeben und gleichzeitig ihr Vertreter sein.
    Aber wir sind ein liberales Land. Es kann sich jeder in Cowboy-Kleidung, Bhagwan-Kutte oder mit Kopf- und Körperverhüllung nach der Art der Muslime in der Öffentlichkeit zeigen. Das ist so, und das Toleranzgebot schützt die Individualität eines jeden Menschen. Ob sich das auch auf eine Bekleidungsform wie die Burka erstreckt? Da habe ich erhebliche Zweifel. In unseren Breiten schaut man sich an, wenn man miteinander redet, wir zeigen dem anderen offen unser Gesicht. Mit unserem Gesicht und unserer Mimik geben wir auch ein Stück unserer Persönlichkeit preis. Wer das nicht möchte, wer sich selbst oder einen anderen mit einem Textilgefängnis verschandeln will, hat aus meiner Sicht in Mitteleuropa nichts verloren. Ob man allerdings wie Belgien und Frankreich zu einem Verbot der Burka greifen sollte, halte ich für genauso fragwürdig. In Frankreich, sagte man, gibt es 2000 Burka-Trägerinnen. Für Deutschland kenne ich keine Zahl. Ich weiß nur, dass ich in Neukölln regelmäßig auf Burka-Trägerinnen stoße. Wie viele es sind, weiß ich nicht. Denn ich kann ja nicht erkennen, ob es immer dieselben sind. Eigentlich habe ich mich zum Ertragen in Gelassenheit entschieden. Interessant ist allerdings der Gedankenansatz des Rotterdamer Bürgermeisters Aboutaleb. Er meint, mit einer Burka führt ein Mensch seine Arbeitslosigkeit vorsätzlich selbst herbei. Er verliert damit den Anspruch auf Unterstützung durch die Gemeinschaft.
    Seit etwa zwei Jahren ist Neukölln ein beliebter Zuzugspunkt für Menschen aus Südosteuropa. Bis vor kurzem nannte man sie auch Wanderarbeiter oder Zigeuner. Die letztere Bezeichnung gilt inzwischen als diskriminierend und verletzend. Man spricht von den Volksgruppen der Sinti und Roma. Meist sind es Roma, die aus Bulgarien und Rumänien in die übrigen EU -Staaten einwandern. Sie machen sich auf die Suche nach mehr Wohlstand, als ihnen ihre Heimatländer zu bieten haben. Es geht ihnen dort nicht besonders, und behandelt werden sie auch nicht gut. Sie haben also nichts zu verlieren. Seit der Aufnahme von Bulgarien und Rumänien in die EU unterliegen die Bürger dieser beiden Staaten der gleichen Freizügigkeit innerhalb des Schengenraumes wie Sie und ich.
    Wenn die Lebensstandards verschiedener Länder extrem voneinander abweichen, dann ist bei herrschender Freizügigkeit eine Armutswanderung unausweichlich. Deutschland hat als einziges EU -Land die völlige Freizügigkeit für Rumänien und Bulgarien bis zum 1. Januar 2014 hinausgeschoben. Bis dahin gilt eine maximale Aufenthaltsdauer von 90 Tagen ab Grenzübertritt. Da der sich jedoch unkontrolliert und ohne Sichtvermerk im Pass vollzieht, kann niemand kontrollieren, ob die 90-Tage-Frist eingehalten wird. Verstöße gegen das Freizügigkeitsrecht der EU sind darüber hinaus folgenlos. Sie stellen noch nicht einmal eine Ordnungswidrigkeit dar. Das Überschreiten der Aufenthaltsdauer führt zwar zu einer gewissen Form der Illegalität, die aber niemand verfolgt. Mit der Perspektive 1. Januar 2014 schon gar nicht. Zumal es noch ein weiteres Schlupfloch gibt. Selbständig Gewerbetreibende sind von der Beschränkung des Aufenthalts ausgenommen. Und so haben wir in Neukölln in den letzten zwei Jahren einen ganz erstaunlichen Wirtschaftsboom durch die Gründung von 2500 Gewerbebetrieben durch rumänische oder bulgarische Staatsangehörige erlebt. Die Branchen
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